Verstohlene Kuesse
der Arroganz. Eine Möglichkeit, mir zu zeigen, dass er weder mich noch die Beziehungen der Familie braucht.«
»Unsinn.« Emma stellte entschieden ihre Tasse ab. »Aber ich nehme an, dass diese Feststellung einfach ein weiterer Beweis für die Ähnlichkeit zwischen Ihnen beiden ist. Sie sind beide ungeheuer starrsinnig.«
»Das ist jawohl der Gipfel der Unverfrorenheit. Hören Sie, Miss Greyson -«
Edison kam zu dem Schluss, er hätte nun genug gehört. Er richtet sich kerzengerade auf und trat entschieden in den Raum.
»Bitte verzeiht, wenn ich dieses nette Treffen unterbreche, aber ich fürchte, Emma und ich hatten für heute Nachmittag eine Verabredung.«
»Edison.« Emma drehte sich eilig um, und in ihren Augen leuchtete bei seinem Anblick warme Freude auf. »Ich habe gar nicht gehört, dass der Butler Sie gemeldet hat.«
»Das liegt daran, dass Jinkins niemanden gemeldet hat.« Victoria wandte sich stirnrunzelnd an ihren Enkelsohn. »Was hast du mit dem armen Mann gemacht?«
»Ich habe ihm lediglich gesagt, er soll mir aus dem Weg gehen.« Lächelnd trat Edison neben seine Braut. »Das ist ein Ratschlag, den ich jedem erteile, der sich mir in den Weg zu stellen versucht. Können wir gehen, Emma?«
»Ja.« Sie stand eilig auf, sah ihn verstohlen an und fragte sich, wie viel von dem Gespräch er wohl mit angehört hatte.
Darüber würde er sie eine Weile im Ungewissen lassen, dachte er. Das hatte sie verdient dafür, dass sie durch ihre leidenschaftliche Verteidigung seiner Ehre all diese seltsamen Gefühle in ihm geweckt hatte.
»Dann wollen wir mal.« Er bot ihr seinen Arm und führte sie aus dem kalten Haus seiner Großmutter.
21. Kapitel
»Werden Sie je wieder mit mir sprechen, Sir?« Emma löste die Bänder ihres Hütchens, als sie die Eingangshalle von Lettys Haus betrat. »Oder wollen Sie sich von nun an bis zum Ende unserer Beziehung in tiefes Schweigen hüllen?«
Wortlos stapfte Edison hinter ihr durch die Tür.
»Ich sage Ihnen, Sie erinnern mich an eine der Figuren in einer Horrorgeschichte«, stellte Emma fest.
Sie versuchte ihn zu reizen. Was zweifellos ein Fehler war, aber sie hatte von seiner grüblerischen, geradezu bedrohlichen Stille ein für alle Mal genug. Das Gespräch mit seiner Großmutter hatte ihre Stimmung bereits genug getrübt. Selten hatte sie etwas derart Trauriges gesehen wie die elegante, strenge Lady Exbridge, die wie eine vom Schicksal verdammte Königin in einem Schloss aus selbst auferlegter Einsamkeit zu herrschen schien.
Erschaudernd dachte sie an Daphne. Sie und ihre Schwester hatten wesentlich mehr Glück als Edison und seine Großmutter. Es stimmte, sie und Daphne lebten in ständigen Geldsorgen, aber zumindest waren sie einander in Liebe zugetan. Sie waren nicht vollkommen alleine auf der Welt. Zwischen ihnen gab es keine undurchdringliche Mauer wie zwischen Lady Exbridge und Edison.
Edison drückte seinen Hut Mrs. Wilton in die Hand. »Sie hätten heute nicht zu Lady Exbridge gehen dürfen, Emma.«
Dies waren die ersten Worte, die er seit Verlassen des Hauses seiner Großmutter äußerte. Sie wusste nicht, ob er sich auf der Rückfahrt zu Lettys Haus wegen der Anwesenheit seines Kutschers zurückgehalten hatte oder ob er ganz einfach sprachlos vor Zorn gewesen war.
»Erstaunlich.« Auch Emma reichte ihr Hütchen der Haushälterin. »Er spricht.«
»Verdammt«, entfuhr es Edison.
Sie sah ihn reglos an. »Und was, bitte, hätte ich tun sollen, als ich die Nachricht Ihrer Großmutter erhielt?«
»Sie hätten sie ganz einfach ignorieren sollen.«
»Das konnte ich ja wohl schwerlich tun, Sir. Schließlich ist sie Ihre Großmutter. Sie hatte alles Recht der Welt, mich kennen lernen zu wollen, und da Sie sich nicht die Mühe gemacht haben, uns einander ordnungsgemäß vorzustellen -«
»Dazu bestand keine Veranlassung.«
Emma spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. Natürlich gab es keine Veranlassung, sie einer nahen Verwandten vorzustellen. Schließlich waren sie nicht wirklich miteinander verlobt.
»Sie und ich mögen das verstehen, Sir, aber ich versichere Ihnen, dass die Leute solche Dinge anders sehen«, antwortete sie steif. Plötzlich war sie sich der Gegenwart der Haushälterin überdeutlich bewusst.
Edison sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Was die Leute denken, ist mir, verdammt noch mal, vollkommen egal.«
»Das haben Sie bereits mehr als deutlich gemacht.« Emma versuchte verzweifelt, ihm mit Gesten deutlich zu
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