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Verstohlene Kuesse

Titel: Verstohlene Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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den Schultern. »Nach allem, was ich gehört habe, hatte Ihr Sohn einen ähnlichen Ehrbegriff wie viele andere Gentlemen.«
    »Das will ich doch meinen.«
    »Mit anderen Worten, er ließ sich durch sein Ehrgefühl nicht von der Verfolgung seiner Vergnügungen abhalten«, beendete Emma ihre Ausführung.
    Victoria rang eindeutig nach Luft. »Wie bitte?«
    »Lady Mayfield hat mir erzählt, dass Wesley im Verlauf seines kurzen, aber höchst aktiven Lebens das gesamte Familienvermögen verloren, an mindestens zwei Duellen teilgenommen, mit den Ehefrauen zahlloser Freunde das Bett geteilt und regelmäßig jungen, schutzlosen Frauen aufgelauert hat.«
    »Sie wissen nichts von meinem Sohn!«
    »Oh doch, ich glaube schon. Rein zufällig erinnert sich Lady Mayfield sehr genau an ihn«
    »Und ich erinnere mich an sie«, schnauzte Victoria. »Vor dreißig Jahren war Letty nichts weiter als eine kleine Abenteurerin, die es geschafft hat, den senilen Tattergreis Mayfield zu umgarnen, bis er sie schließlich zur Frau genommen hat.«
    »Bitte verzeihen Sie, Madam, aber ich habe Lady Mayfield als sehr freundliche, großzügige Arbeitgeberin erlebt. Ich lasse nicht zu, dass jemand schlecht über sie spricht. Sie ist eine Dame, die sich für ihre Angestellten interessiert, und ich kann Ihnen versichern, dass sie allein aus diesem Grund in meinen Augen deshalb bereits der Inbegriff der Tugend ist.«
    »Was einzig beweist, wie beschränkt Ihre Vorstellung von Tugend ist.«
    »Ich gebe zu, dass meine Arbeit als bezahlte Gesellschafterin mir eine ungewöhnliche Sichtweise der Welt vermittelt hat«, antwortete Emma ungerührt. »Ich habe allzu schnell gelernt zu durchschauen, welches die wahre Natur der Menschen ist. Vor allem Schwerenöter und Schurken, Individuen mit einem Hang zur Grausamkeit oder zur Lasterhaftigkeit habe ich nach kurzer Zeit sofort erkannt.«
    »Ach, tatsächlich?«, fragte Victoria mit eisiger Stimme.
    »Oh ja.« Emma nickte mit dem Kopf. »Wissen Sie, meine Anstellung hing von derartigen Beobachtungen ab. Es sind immer die Angestellten, die, ungeachtet ihrer Unschuld, leiden, wenn es zu wie auch immer gearteten Zwischenfällen kommt. Aber sicher ist Ihnen das besonders nach dem, was Edisons Mutter widerfahren ist, ebenso bewusst wie mir.«
    Victoria wurde puterrot. »Ich erlaube nicht, dass in diesem Haus über dieses Thema gesprochen wird.«
    »Ich verstehe. Es muss Ihnen das Herz gebrochen haben zu erkennen, was für ein verantwortungsloser Schwerenöter Ihr Sohn gewesen ist.«
    »Verantwortungslos!«
    »Zweifellos haben Sie sich deshalb die schwersten Vorwürfe gemacht. Und dann noch zu wissen, dass Ihr einziges Enkelkind mit dem Makel der Unehelichkeit zu leben gezwungen war -«
    » Schweigen Sie! Ich verbiete Ihnen, auch nur ein weiteres Wort darüber zu verlieren.«
    »Es muss eine große Erleichterung für Sie gewesen sein«, fuhr Emma unbekümmert fort, »festzustellen, dass Edison nicht nach seinem Vater, sondern eher nach Ihnen schlägt.«
    Wie ein Fisch an Land schnappte Victoria nach Luft. Sie brauchte mehrere Sekunden, bis sie sich wieder halbwegs in der Gewalt hatte. »Edison? Schlägt nach mir ?«
    Emma setzte eine überraschte Miene auf. »Ich hätte gedacht, dass das jedem sofort ins Auge springt. Nur ein äußerst willensstarker und entschlossener Mensch konnte wie er allein in die Welt ziehen und aus dem Nichts ein Vermögen erwirtschaften. Und nur einem Mensch mit einem tief verwurzelten Ehrgefühl und Verantwortungsbewusstsein konnte es in den Sinn kommen, das Vermögen seiner Familie vor den Gläubigern zu retten, obgleich ihm diese Familie dafür sicher noch nicht einmal ihren Dank ausgesprochen hat.«
    »Jetzt hören Sie, Edison hat das Familienvermögen gerettet, weil er das als Möglichkeit der Rache sah. Das hatte nicht das Geringste mit Ehrgefühl zu tun.«
    »Wenn Sie das glauben, Madam, dann hat Ihre Trauer Sie offenbar für das wahre Wesen Ihres Enkels blind gemacht«, antwortete Emma sanft. »Falls Edison sich hätte rächen wollen, hätte er tatenlos mit angesehen, wie Sie die Peinlichkeit des Bankrotts ertragen müssen. Stattdessen sitzen Sie heute wie früher in Ihrem wunderschönen Haus, tragen wunderhübsche, teure Kleider und haben jede Menge Personal.«
    Victoria bedachte Emma mit einem Blick, als dächte sie, die junge Frau wäre vollkommen übergeschnappt. »Er will, dass ich mich ihm gegenüber verpflichtet fühle. Deshalb hat er mich vor dem Bankrott bewahrt. Es war ein Akt

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