Verstoßen: Thriller (German Edition)
sein, was ihm dazu einfällt, wenn er nicht ganz blöd ist.«
»Und wenn schon. Ich seh ihn doch nie wieder. Ich lass mir das Zeug geben, bezahle und bin wieder weg. Wenn ich nichts unternehme, habe ich morgen ein Pochen in dieser Wunde, als ob jemand mit dem Vorschlaghammer drauf herumhämmert. Und dann dauert es nicht mehr lange, und ich bin meinen Arm los.« Sven sah richtig unglücklich aus.
»Wo wohnt der Typ?«
»In Poitiers. Nicht weit von hier.«
»Kannst du Auto fahren?«
Sven sah ihn verständnislos an. »Du meinst … ich soll da alleine hinfahren?«
»Einer von uns muss hierbleiben.«
Das war tatsächlich so. Doch zugleich fand Maier die Aussicht auf ein bisschen Ruhe eine ausgesprochen reizvolle Perspektive. Über die nächsten Schritte nachdenken zu können, ohne Svens heißen Atem im Nacken. Ohne mit undurchdachten, ja gänzlich unvorhersehbaren Querschüssen von seiner Seite rechnen zu müssen.
»Wie lange fährt man bis dorthin?«
» Äh … nicht so lang, ’ne Dreiviertelstunde, schätze ich.«
»Und meinst du, du schaffst das?«
»Wenn’s sein muss.«
»Dann mal los. Nimm den Laguna. Aber, Sven, merk dir eins: Du kannst hier nicht einfach auf den Hof fahren, wenn du zurückkommst. «
»Nein, ist klar. Soll ich dich anrufen?«
»Ich hab das Handy auf stumm geschaltet. Schick mir eine SMS, wenn du bei dem Kreisel bist.«
»Bei dem Kreisel?«
»Der Kreisel bei diesem Restaurant, wo man nach St. Maure abfährt. In anderthalb Stunden fange ich an, alle Viertelstunde nachzuschauen, ob eine Nachricht von dir gekommen ist. Bleib auf jeden Fall dort, bis ich zurückgerufen habe.«
Sven nickte.
»Und halt die Augen offen. Vielleicht ist der andere, von dem dieser Thierry erzählt hat, schon auf dem Weg hierher. Der kann dir jederzeit über den Weg laufen, wenn du hier wegfährst, und wenn du wiederkommst, auch.«
Sven erhob sich. An der Tür drehte er sich noch einmal zu Maier um. »Ich habe heute einen Fehler gemacht. Und gestern auch. Und ich kann mir vorstellen, wie du jetzt über mich denkst. Aber glaub mir, ich lerne schnell. Das passiert mir nicht noch mal. Ich brauche bloß ein bisschen Morphium, Nähzeug, Antibiotikum und Verbandszeug. Mehr nicht. In etwa einer Stunde hab ich das geregelt. Und diesmal mache ich nichts falsch, wirklich nicht.«
Maier wollte gerade etwas entgegen, als ein eindringlicher Summton den Raum erfüllte. Sie sahen einander an.
»Ein Anrufer«, flüsterte Maier und griff nach dem schwarzen Handy, das dem Monoprix-Mann gehört hatte. APPEL stand auf dem Display.
»Appel?«, fragte Maier nachdenklich.
»Appel, Anruf«, erklärte Sven. »Anscheinend mit unterdrückter Rufnummer.«
Das Handy summte weiter vor sich an.
»Ich geh dran.« Sven streckte bereits den Arm aus.
Maier reagierte nicht. Das Telefon summte weiter.
»Gib schon«, sagte Sven, »keine Sorge.«
Zögerlich reichte Maier es ihm hinüber. Sven nahm das Gespräch an, hielt sich das Handy ans Ohr und wartete.
»D’accord«, sagte er kurz darauf, beendete die Verbindung und sah Maier nervös an. »Er ist unterwegs, sagt er.«
»Wer?«
»Keine Ahnung. Ein Typ.«
»Wo ist er jetzt?«
»Das hat er nicht gesagt.«
Rasend schnell traten sie in Aktion. Sven legte seine Beretta auf den Tisch. Einhändig versuchte er die Waffe zu laden, was ihm nicht gelang.
Maier übernahm, gab ihm die Pistole zurück und sagte: »Geh du nach oben. Von dem Fenster im Schlafzimmer aus, oben links, kann man die Zufahrt im Auge behalten. Du hältst für mich Ausschau, in Ordnung? Nur spähen, nicht schießen! Wenn du etwas siehst, gibst du es mir durch. Achte drauf, dass du selbst nicht zu sehen bist. Und sprich leise.«
Aufgeregt sah Sven ihn an. »Meinst du … glaubst du, dass …«
Maier zuckte mit den Schultern. »Kann sein.«
Sven wollte gerade loslaufen, als Maier ihn an der Schulter festhielt. »Verpatz es nicht.«
Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke, ein Augenblick des Einvernehmens. In Svens Augen las Maier ein Versprechen.
Während er ihn die Treppe hinaufstürmen hörte, griff er nach seinem Rucksack. Dass Sven mit dieser ganzen Aktion etwas zu tun hatte, konnte die Gegenseite sich leicht ausrechnen – wegen seiner Verbindung zu Thomas.
Sil Maier nicht. Sie wussten nicht mal, wer er war. Und das wollte er gern so belassen.
Er zog sich die Biwakmütze über den Kopf und bezog Stellung im Flur, neben der Eingangstür. Schraubte den Dämpfer
auf den Lauf der Glock und
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