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Verstoßen: Thriller (German Edition)

Verstoßen: Thriller (German Edition)

Titel: Verstoßen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Miguel legte den Kopf in den Nacken. Das flache Dach des Bürogebäudes befand sich noch etwa vier Meter über ihm.
    Er ging in die Hocke und holte ein zehn Meter langes Kletterseil aus dem Rucksack, dann ein weiteres, etwas kürzeres, das er auf dem Koffer ablegte. Die längere Leine rollte er bis zur
Hälfte ab und befestigte einen schweren Ankerhaken daran. Er nahm sich Zeit, so was musste man gründlich machen. Ein unordentlich gelegter Knoten konnte den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.
    Er richtete sich auf. Jetzt kam der schwierigste Teil: dort oben einen Halt zu finden. Er schleuderte den Ankerhaken in hohem Bogen hinauf. Schlingernd folgte ihm das daran befestigte Seil. Zu tief. Mit einem lauten Dinnng! schlug das Metall gegen das Mauerwerk und fiel wieder herunter. Er holte noch einmal aus, nahm diesmal mehr Schwung. Mit Adleraugen verfolgte er die Flugbahn des Hakens, als wollte er ihn über den Dachrand hinüberdirigieren. Das dreizackige Ding verschwand hinter dem Dachrand. Vorsichtig zog er an dem Seil. Befestigte den Karabiner. Zog das Seil straff. Probierte es mit mehr Kraft. Der Haken gab nicht nach. Er umfasste das Seil mit beiden Händen und hängte sich probeweise mit seinem gesamten Körpergewicht daran. Es hielt.
    Aus dem Rucksack holte er einen Nylon-Brustgurt, den er über seine Jacke zog. Rollte das Kletterseil weiter ab und machte den Karabiner daran fest. Ein auch nur halbwegs beschlagener Bergsteiger hätte einen Koller bekommen, aber Miguel arbeitete mit seinen eigenen Methoden, und die hatten sich seit zwanzig Jahren wunderbar bewährt. An dem Kunststoffkoffer zu seinen Füßen waren zwei weitere Karabinerhaken befestigt. Er zog das kürzere Seil durch diese hindurch und befestigte es an seinem Handgelenk.
    Dann lehnte er sich schräg zurück und zog sich mit beiden Armen an dem Seil hoch, die Füße gegen das Mauerwerk gestemmt. Den immer stärkeren Wind ignorierend, arbeitete er sich in gekonnter Alpinisten-Manier an der Wand des Bürogebäudes hinauf, während seine behandschuhten Hände das Seil mit eisernem Griff umklammerten. Schritt für Schritt, Griff für Griff arbeitete er sich vor.
    Fast war er oben. Schon hörte er das Metall des Hakens unter seinem Gewicht am Mauerwerk scheuern. Mit zusammengebissenen Zähnen brachte er einen Ellbogen aufs Dach, schwang das rechte Bein über die Kante. Rollte über den breiten, hohen Dachrand, kauerte sich auf die Fersen und holte das Seil ein. Rollte es auf und verstaute es wieder im Rucksack. Dann löste er den Knoten vom Handgelenk und legte sich flach aufs Dach, sodass er hinunterspähen konnte. Was jetzt kam, war Präzisionsarbeit. Ganz langsam zog er den Koffer hoch, wobei er penibel darauf achtete, dass der ein Meter dreißig lange Gegenstand nicht gegen die Mauer stieß. Das wäre einem kleinen Desaster gleichgekommen. Nachdem er den Koffer sicher geborgen hatte, löste er das Seil und verstaute auch dieses im Rucksack.
    Jetzt hatte er alle Zeit der Welt.
    Solange er sich vom Dachrand fernhielt, konnte ihn hier oben niemand sehen. Mit vorgebeugtem Oberkörper ging er über den Belag aus Ziegelgrus zur Rückseite des Gebäudes. Lehnte den Rucksack an die Kante des Dachrands, die mit ihren etwa achtzig Zentimetern Höhe fast schon wie eine breite Betonreling aussah. Indem er sie als Rückenlehne benutzte, machte er es sich gemütlich. Nahm einen Frühstücksriegel aus dem vorderen Fach seines Rucksacks und aß ihn mit großem Appetit. Spülte den süßlichen Geschmack mit dem Inhalt einer Viertelliterflasche Perrier hinunter. Gelangweilt blickte er in den Himmel, wo die Wolken sich übereinanderstapelten und zusammenballten, unablässig in Bewegung.
    Es wirkte in dieser Höhe fast, als würde das Gebäude sich sanft im Wind hin- und herwiegen. Wahrscheinlich war das tatsächlich der Fall, auch wenn man drinnen nie etwas davon merkte. Das Zellophan und die leere Flasche verschwanden wieder in der vorderen Rucksacktasche.
    Konzentriert öffnete er nun den Koffer. Die tschechische CZ
700 Sniper Subsonic glänzte leicht. Die insgesamt einen Meter und zweiundfünfzig Zentimeter lange Waffe wog annähernd sieben Kilo und bot im Magazin zehn .308 Winchester-Subsonic-Patronen Platz. Vorsichtig nahm er das schwarz beschichtete Scharfschützengewehr aus dem Transportkoffer. Das Zielfernrohr, ein Schmidt & Bender PM II, war millimetergenau eingestellt. Man musste sich sehr vorsehen, die Justierung nicht zu beeinträchtigen. Auffällig

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