Verstrickung des Herzens
— völlig verändert. Und es lag nicht nur an ihrem Mitleid, an ihrer Scham.
In diesem Stadium noch so subtil ... Aber unverkennbar.
So viele Gefühle stürmten auf ihn ein — Verzweiflung, Zorn, Angst, Eifersucht ...
Warum stand sie so dicht neben Harrington? Verdammt, dachte James, habe ich ihr nicht immer wieder geraten, den Mann zu heiraten? Habe ich sie nicht von mir gestoßen?
Doch das spielte keine Rolle mehr. Er wollte zu ihr laufen, sie packen und schütteln — und allen Leuten zeigen, was für ein wilder Indianer er war.
Offensichtlich erwartete sie ein Kind — nicht erst vor wenigen Wochen empfangen. Sie mußte es gewußt haben, die ganze Zeit, im einsamen Paradies am Flußufer. Und sie hatte kein Wort gesagt.
Wenn es mein Kind ist — warum hat sie geschwiegen, fragte er sich. War alles, was wir teilten, Lüge — außer jener wilden Leidenschaft?
Hör auf, befahl er sich. Doch die Zweifel und der Zorn fraßen sich in ein Herz, das schon schmerzlich genug unter dem Verrat an Osceola, an seinem Volk litt.
Wessen Kind wuchs in ihrem schönen Körper heran?
Plötzlich tauchte der alte Riley an seiner Seite auf. »Ich habe Warrens Tochter in der Menschenmenge gesehen«, erklärte er leise in der Muskogee-Sprache. »Vielleicht wird sie versuchen, mit dir zu reden ...«
»Wenn sie klug ist, hält sie sich von mir fern!« stieß James wütend hervor und eilte weiter.
Jetzt war sein Stolz, der ihm eben noch geholfen hatte, die höhnischen Blicke und Worte zu ertragen, tief verletzt.
Ausgerechnet sie mußte zwischen den Zuschauern stehen, am Arm eines weißen Mannes, und James McKenzie beobachten — den hilflosen Gefangenen.
23
Teela stürmte in die Halle des alten spanischen Hauses und rief nach Jarrett. Aber er kam nicht.
»Um Himmels willen, was ist denn los?« Tara rannte die Stufen herab.
»Gerade wurden mehrere gefangene Indianer ins Fort gebracht ...« Mühsam rang Teela nach Atem, schwankte ein wenig, und John Harrington, der ihr gefolgt war, hielt sie fest. »James — war auch dabei ... Wo finde ich Jarrett?«
Leichenblaß umklammerte Tara das Treppengeländer. »Er ist heute morgen weggeritten und noch nicht zurückgekehrt.«
»Im Fort kann James nichts zustoßen, Teela«, versicherte John. »Beruhige dich.«
»Aber wenn mein Stiefvater in die Stadt kommt ...« In diesem Augenblick schwang die Haustür auf, und Teela drehte sich um. »O Jarrett, dein Bruder wurde festgenommen!«
»Ja, ich weiß.«
»Du weißt es?« schrie sie entsetzt. »Dann tu doch was!«
»Leider sind mir die Hände gebunden. James hätte vor der Gefangennahme Osceolas und der anderen Krieger fliehen können. Doch er wollte sie ins Fort begleiten. Und ich mußte ihm versprechen, mich nicht einzumischen.«
»O Gott ...«
»Er schwebt nicht in Gefahr«, erklärte Jarrett.
»Und wenn mein Stiefvater zurückkommt?«
»Noch ist es nicht soweit.«
Teela konnte nicht verstehen, warum er sich weigerte, die dicken Festungsmauern einfach niederzureißen. »Vielleicht wird James von einem Wärter bewacht, der alle Indianer haßt.«
»Dann würde sein Zorn wohl eher Osceola gelten, der
schon so viele weiße Menschen in den Tod geschickt hat.«
»Verdammt, Jarrett ...«
»Glaub mir, ich bin machtlos. Außerdem unterschätzt du meinen Bruder. Er ist klug und stark — und durchaus imstande, auf sich selber aufzupassen.«
»Jarrett ...«
»Ich habe ihm versprochen, nicht einzugreifen.«
»Aber ich nicht!« fauchte sie, lief aus dem Haus und stieg auf den Kutschbock ihres kleinen Einspänners, der immer noch am Straßenrand stand.
»Warte, Teela!« rief John Harrington.
»Das schaffe ich allein.«
»Ich helfe dir. Immerhin gehöre ich zum Militär.«
Als er neben ihr saß, küßte sie ihn dankbar auf die Wange. »O John, du bist der beste Freund der Welt.«
»Eher der größte Narr der Welt. Eigentlich müßte ich hoffen, du würdest mich erhören, wenn deinem grandiosen Krieger was passiert.«
»Meinst du das ernst?«
»Nein. Fahren wir los.«
Erleichtert ergriff sie die Zügel. Wenige Minuten später hielten sie vor dem Castillo, und John hob sie vom Kutschbock. Ringsum herrschte reges Leben und Treiben.
Zahllose Neugierige drängten sich an den Mauern und versuchten, einen Blick auf die gefangenen Indianer zu erhaschen. Mühsam bahnte sich John einen Weg durch die Menge und führte Teela in ein Büro, wo er einem Soldaten erklärte, sie seien gekommen, um James McKenzie zu sehen — einen
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