Verstrickung des Herzens
sich an seiner Seite nieder. »Soeben teilte mir der weiße Captain mit, daß wir zu einer Party in St. Augustine eingeladen wurden. Wir dürfen hingehen, mit unseren Bewachern. Wahrscheinlich möchten die vornehmen Stadtbewohner zwei berühmte Rothäute begaffen.«
»Amüsier dich ohne mich auf dieser Party, mein Freund. Ich habe keine Lust, Feste zu feiern.«
»O nein, Running Bear, du mußt mich begleiten. Wenn du nicht mitkommst, wird man mich wahrscheinlich wieder ausladen.«
»Diese Leute wollen uns doch nur anstarren.«
»Dann sollen sie's doch tun. Ich bin genauso neugierig auf diese Gesellschaft wie sie auf mich. Geh doch mit mir hin und erzähl mir, was die Leute über mich sagen.«
»Wildcat ...«
»Vielleicht ist deine Frau da.« James biß die Zähne zusammen. Wenn sie die Party besuchte, könnte er mit ihr reden und die Wahrheit herausfinden.
In so vielen endlosen Nächten hatte ihn der Gedanke an Teela und ihre Schwangerschaft verfolgt. Seit wann erwartete sie das Baby? Und vom wem stammte es? Diese Ungewißheiten zerrissen ihm das Herz. Immer wieder erinnerte er sich an seine Frage an jenem Tag, ob sie schon einmal einen Mann im Wasser geliebt habe. Und an ihre Antwort, das müsse er doch wissen ...
Aber davor waren sie wochenlang getrennt gewesen, und er hatte sie nur durch die Fenster des Forts Deliverance gesehen. Sie war offiziell mit Harrington verlobt. An seiner Seite hat sie die verhafteten Indianer beobachtet, dachte James verbittert, und in all den Tagen meiner Gefangenschaft kein einziges Mal versucht, mit mir zu sprechen ...
Hatte sie beschlossen, John zu heiraten? Aus einem ganz bestimmten Grund? Was verband die beiden? Mehr als die vorgetäuschte Verlobung? Oder gab es einen anderen Mann in Teelas Leben? Vielleicht Dr. Brandeis, den sie so bewunderte?
Jedenfalls hatte sie ihm, James McKenzie, den Rücken gekehrt, dem Seminolen, dem Häftling, dem Ausgestoßenen.
Zum Teufel mit ihr! Er mußte sie sehen und mit ihr reden, die gräßliche Qual beenden. Noch länger konnte er nicht in dieser Festung sitzen und die Wände anstarren. »Also gut, Wildcat, ich gehe mit dir auf diese Party.«
Sein Freund lächelte erleichtert. »Sicher gibt's was Gutes zu essen. Ich werde alles kosten und daran denken, wenn ich wieder kämpfe.«
Würde er jemals wieder die Gelegenheit erhalten, zu kämpfen? Diese Frage sprach James nicht aus, aber Wildcat merkte ihm an, was er dachte.
»Ich bin Philips Sohn, ein mico der Mikasukis. Meine Mutter ist die Schwester Micanopys, eines Alachua -mico. Aus diesen Gründen betrachte ich mich als geborenen Anführer. Manchmal hat Osceola mich verspottet. Er glaubt, er wäre der beste aller Häuptlinge, und er hat uns tatsächlich zu glorreichen Siegen geführt. Mir traut er nur zu, kleine Plündertruppen zu kommandieren, während er selbst gegen die berühmtesten Generäle kämpft. Nun, meine Zeit wird noch kommen, schon bald. Allzulange bleibe ich nicht mehr in diesen Mauern. Und du wirst mit mir fliehen.«
»Ich bin hierhergekommen, um Osceola beizustehen.«
»Schön und gut, aber man weiß nie, wann man flüchten muß.«
Ehe James antworten konnte, sprang Wildcat auf und eilte davon.
Später gesellte sich Dr. Wheedon zu James und lud ihn zu einem Spaziergang ein. Der Doktor, ein mittelgroßer, älterer Mann, war mit einer attraktiven Frau verheiratet und der Vater mehrerer kleinerer Kinder. Bevor die Masern ausgebrochen waren, hatte ihn seine Familie öfter im Fort besucht. »Osceola ist sehr krank, Mr. McKenzie.«
»Das weiß ich.«
»Es fällt mir schwer, ihn zu behandeln, weil er sich an die Regeln seiner Medizinmänner hält.«
»So ist er nun einmal.«
»Ein interessanter, faszinierender Mann, humorvoll und warmherzig — natürlich völlig unzivilisiert... Gewiß wäre es vergebliche Liebesmüh, ihm ein bißchen Bildung beizubringen. Aber ich finde ihn ungemein sympathisch.«
Abrupt blieb James stehen. »Wie seltsam, Sir! Ich habe eine umfassende Ausbildung genossen und nie den Eindruck gewonnen, das wäre eine Zeitverschwendung gewesen.«
»Weil Sie ein halber Weißer sind und unter zivilisierten Menschen gelebt haben. Also besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen Ihnen und Osceola.«
»Wirklich?« James hob die Brauen. »Auch in Osceolas Adern fließt das Blut eines weißen Mannes.«
»Trotzdem kann man ihn nicht mit Ihnen vergleichen«, erwiderte der Arzt entschieden. »Aber falls Sie irgendeinen Einfluß auf ihn ausüben, machen Sie
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