Verstrickung des Herzens
endlich ihre Freiheit genießen? Wer will sie freiwillig aufgeben, nachdem er sie gewonnen hat?«
»Niemand. Das habe ich meinen Freunden in Politik und Militär bereits erklärt. Aber Jesup erzählte, die Order bezüglich der entlaufenen Sklaven sei direkt aus Washington gekommen.«
»Ach ja, Heeresminister Poinsett — in Präsident Martin Van Burens Kabinett, Protégé des früheren Ministers Andy Jackson ... Nun, er hat nie verhehlt, was er von den Rothäuten hält.«
»Infolge der derzeitigen Stimmung im Land hat Washington keine Wahl. Die Zahl der Abolitionisten, die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzen, wächst zusehends. Aber die werden uns hier im Süden nicht viel nützen. Außerdem ist das Thema im Capitol ziemlich umstritten.« Jarrett schwieg nachdenklich, dann fragte er: »Bleibst du noch eine Weile hier? Ich würde mich freuen.«
»Nicht mehr lange. Ich muß mich um die Seminolen kümmern, die ins Fort Brooke kommen wollen, und sichergehen, daß sie die Auswanderungsbestimmungen verstehen. Außerdem will ich mit Osceola reden ...«
»Der diesen Krieg bis in alle Ewigkeit weiterführen wird«, fiel Jarrett seinem Bruder ins Wort.
James starrte zögernd in sein Cognacglas. »Keine Ahnung ... Es geht ihm nicht gut.«
»Ist er krank?«
»Er hatte Fieber, und in letzter Zeit sah er schlecht aus. Nun frage ich mich, ob er seine Macht allmählich verliert.«
»Glaub mir, die weißen Soldaten erschauern immer noch, wenn sie seinen Namen hören.«
»Osceola ist ein seltsamer Mann. Faszinierend, charismatisch, von einigen Seminolenhäuptlingen ebenso gefürchtet wie von der Army. Manche Indianer respektieren ihn, andere wünschen sich einen traditionsbewußteren Anführer. Wie ich zugeben muß, bewundere ich ihn, aber ich weiß, daß er oft falsch gehandelt hat. Trotzdem muß ich zu ihm zurückkehren und an seiner Seite reiten. Wenn er verhandeln will, werde ich in seinem Namen sprechen. Täglich bete ich zu Marys Großem Geist und zum Gott unseres Vaters, das Grauen möge ein Ende finden. Doch es wird noch lange dauern. Dagegen kann ich nichts tun.«
»James, du hast schon mehr als genug getan. Du warst deinem und unserem gemeinsamen Erbe treu. Was immer auch geschehen mag, du wirst deine Seele retten.«
Lächelnd hob James sein Glas. »Du bist wirklich ein guter Bruder.« Nachdem sie miteinander angestoßen hatten, stand er auf und trat ans Fenster. »Wie ich das alles hasse! Aber ich bete unverdrossen für die Zukunft, für andere Zeiten, ein anderes Leben ... Ah, Tara reitet aus. Hoffentlich ist sie vorsichtig.« Er drehte sich zu seinem Bruder um. »Weiß sie, wie weit sie sich wagen darf?«
»Natürlich. Sie verläßt niemals unser Grundstück.«
»Warrens Tochter begleitet sie.«
»Hm ...« ärgerlich runzelte Jarrett die Stirn.
»Hör mal, ich habe mich schon bei dir entschuldigt, nachdem ich auf deiner Party so unhöflich zu ihr war.«
»Hast du dich auch bei ihr entschuldigt?«
»Nun, ich habe ihr einiges erklärt«, antwortete James mit gepreßter Stimme.
»Wenn du hierbleibst, sollten wir den Frauen nachreiten. Und du könntest Miss Warren höflich begegnen. Mir zuliebe.«
»Versprochen.«
Entzückt betrachtete Teela die Eichen, von deren Ästen das Moos zu den Bächen hinabhing, und den gepflegten Rasenhang am Fluß. Während sie über Weiden und Felder ritten, zeigte ihr Tara die vielen verschiedenen Pflanzen, die Ottern im Wasser, die zwitschernden bunten Vögel. Sie erklärte auch, wo Robert Trent wohnte, der nächste Nachbar, und welcher Weg zum Dorf ihres Schwagers führte. »Da gibt's jetzt nicht mehr viel zu sehen. Ein paar Hütten stehen noch. Aber James hat die Leute, die nicht im Kampf oder am Fieber gestorben sind, woandershin geführt.«
»Seine Frau wurde nicht von Soldaten getötet, nicht wahr?«
»Nein, vom Gelbfieber. Er hat schmerzlich um Naomi und seine kleine Tochter Sara getrauert. Hätte Jennifer nicht überlebt, würde ihm sein Leben sicher sinnlos erscheinen. Natürlich steht er auch seinem Bruder sehr nahe.«
Bedrückt starrte Teela auf den überwucherten Weg, dem sie folgten. James schien seine tote Frau immer noch zu lieben. Die Weißen hatten sie zwar nicht ermordet, aber sie war diesem schrecklichen Krieg zum Opfer gefallen. Kein Wunder, daß er die Tochter des Mannes haßte, der so viele Greueltaten verschuldete ... Trotzdem war James letzte Nacht zu ihr gekommen. Bei dieser Erinnerung brannten ihre Wangen, und sie wandte sich rasch
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