Versuchung Pur
verflüchtigte sich, noch während sie zu antworten versuchte. »Meinst du, ich spüre nicht, was mit dir passiert, wenn wir so zusammen sind?« Seine Stimme wurde rauer, je mehr seine Geduld schwand. »Himmel, Eden, ich brauche dich. Komm heute Abend zu mir. Bleib bei mir.«
Oh ja. Ja, ja, ja. Wie verlockend war es doch, nachzugeben und nicht an das Morgen zu denken. Für einen Augenblick schmiegte sie sich an ihn. Sie wollte so gern daran glauben, dass Träume wahr werden konnten. Er war so körperlich, so wirklich. Aber das war ihre Verantwortung auch.
»Chase, du weißt, dass ich das nicht tun kann.« Sie kämpfte mit sich, um vernünftig zu bleiben, und zog sich von ihm zurück. »Ich muss im Camp bleiben.«
Bevor sie ihm entwischen konnte, umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen. Seine Augen schienen dunkler geworden zu sein. Sie blitzten in einem stürmischen Grün, die Sonne zauberte goldene Punkte hinein. »Und wenn der Sommer vorbei ist, Eden? Was ist dann?«
Ja, was würde dann sein? Wie konnte sie antworten, wenn die Antwort so kalt, so endgültig war. Es war nicht so, dass sie nicht wollte, es lag daran, dass sie keine andere Wahl hatte. »Dann gehe ich nach Philadelphia zurück. Bis zum nächsten Sommer.«
Nur die Sommer? Mehr war sie nicht bereit zu geben? Die aufbrandende Panik in ihm überraschte ihn und hielt die Wut fern. Wenn sie ging, würde sein Leben leer sein. Er fasste sie bei den Schultern, kämpfte die Bestürzung nieder.
»Du wirst zu mir kommen, bevor du zurückgehst.« Es war keine Frage, es war auch keine Anordnung. Es war eine schlichte Tatsache. Gegen eine Anordnung hätte sie rebellieren können, bei einer Frage hätte sie die Antwort verweigern können.
»Chase, was sollte uns das nützen?«
»Du wirst zu mir kommen«, wiederholte er. Denn sollte sie es nicht tun, dann würde er ihr folgen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
8. K APITEL
Girlanden aus rotem und weißem Krepppapier bauschten sich von einer Ecke des Speisesaals zur anderen. Die Mädchen hatten sie so gewickelt, dass sich die Farben abwechselten. Prall aufgeblasene Ballons hingen überall, wo noch Platz war. Die Musik wartete darauf, eingespielt zu werden.
Das Sommerfest würde in wenigen Stunden beginnen.
Unter Candys kompetenter Aufsicht wurden überflüssige Tische nach draußen getragen und die anderen an strategisch wichtigen Punkten postiert. Eine Aufgabe, die doppelt so lange dauerte wie eingeplant. Denn die Mädchen mussten die Tische alle paar Schritte absetzen, um das wichtigste Thema des bevorstehenden Abends zu diskutieren – Jungs.
Obwohl ihre Geschicklichkeit mit Farben und Klebstoff kaum erwähnenswert war, hatte Eden sich freiwillig für die Gruppe gemeldet, die fürs Saalschmücken zuständig war – unter der Voraussetzung, dass ihre Aufgaben sich auf das Anbringen und Befestigen der fertigen Dekorationen beschränkten. Außer den Kreppgirlanden und Ballons gab es auch noch Transparente und Papierblumen, die die geschickteren Bastler unter den Campbewohnern hergestellt hatten. Das Tollste war ein drei Meter breites rotes Spruchband, auf dem in großen Lettern geschrieben stand: »Willkommen zum alljährlichen Sommerfest von Camp Liberty!«
Candy erachtete es bereits als selbstverständlich, dass es der erste Tanzabend von vielen war. Eden hoffte, dass die Freundin recht behalten möge – an den guten Tagen. An den schlechteren überlegte sie, ob sie vielleicht einen Deal mit dem Jungencamp machen sollte, um sich die Kosten zu teilen. Für den Moment jedoch beschloss sie, beide Überlegungen zu verdrängen und sich allein darauf zu konzentrieren, den heutigen zum bestdekorierten Tanzabend in ganz Pennsylvania zu machen.
Eden kletterte auf die Leiter, um noch mehr Girlanden anzubringen. Das hitzige Streitgespräch der Mädchen darüber, welche Musik in welcher Reihenfolge gespielt werden sollte, ließ sie weiterlaufen, ohne einzugreifen. Aus den Lautsprechern drang bereits laute Musik in den Raum.
Es war zwar absolut albern, aber sie war genauso aufgeregt wie die Mädchen. Dabei war sie erwachsen und nur hier, um zu planen, zu beaufsichtigen, zu betreuen. Noch während sie sich ermahnte, galoppierte ihre Fantasie voraus. Sie stellte sich vor, wie es sein würde, wenn der Raum erst voll von Menschen, Musik und Lachen war. Wie auch bei den Mädchen unten am Fuße der Leiter, kreisten ihre Gedanken um die essenziellen Dinge des Lebens – zum Beispiel, was sie heute Abend anziehen
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