Versuchung
für uns ab, dann sollten wir das auch
nutzen“, sagte Banshee.
Ich hielt mich an ihr
fest und sie rannte los. Immer wieder sah ich zurück, doch ich konnte Devil
nirgends mehr sehen. Eine eiskalte Angst schnürte sich um mich. Ständig
tauchten die Bilder der letzten Vision vor mir auf. Ich versuchte, sie zu
vertreiben, doch sie hielten sich hartnäckig.
„Er schafft das“,
hörte ich die Dämonin sagen und ihre Stimme klang dabei so, als versuche sie
nicht nur mich zu überzeugen.
An einer steilen
Klippe blieb sie schließlich stehen. Das Meer lag direkt unter uns, ich spürte
den salzigen Wind auf meiner Haut und schmeckte die See. Es war später
Nachmittag und von Devil fehlte noch immer jede Spur. Ich sah hinaus auf das
weite Blau und betete, dass es ihm gut ging.
Banshee setzte sich
und blickte ebenfalls schweigend auf das Wasser. Plötzlich hörte ich ein
Geräusch. Ich konnte es zunächst nicht einordnen, doch es wurde immer lauter.
In diesem Moment tauchte ein riesiges Ungetüm vor uns auf. Ich wich entsetzt
einige Schritte zurück und hätte beinahe geschrien. Ein Drache! Ein wahrhaftiger
Drache. Seine Flügel schimmerten im Sonnenlicht, der erhabene Kopf wandte sich
uns zu. Das Tier ließ sich neben uns auf dem Felsen nieder und senkte die
Flügel auf seinen Rücken.
Banshee blieb unbeeindruckt
und schwieg zunächst. Erst, als sie meinen erschrockenen Blick sah, setzte sie
zu einer Erklärung an.
„Als wir in Laconia
waren, hat Devil diesen Drachen hierherbestellt. Man kann sie an bestimmte Orte
rufen lassen, um dann eine gewisse Strecke mit ihnen zu fliegen. Danach kehrt er
allein wieder zurück.“
Mein Blick
schweifte zwischen dem Ungetüm und der Dämonin hin und her. Das war es also,
was er in Laconia so Dringendes zu erledigen gehabt hatte. Mir fiel nun auch
das Gespräch zwischen Devil und den Nixen wieder ein. Er hatte damals gefragt,
ob man in der Luft das Meer überqueren könne, und die Frauen hatten dies
bejaht. Ich glaubte mich zwar auch daran erinnern zu können, dass sie etwas von
gefährlichen Luftströmungen gesagt hatten, doch das Tier sah nicht so aus, als
würde es sich von so etwas behindern lassen.
Ich blickte erneut
hinaus aufs Meer. Die Sonne begann langsam darin zu versinken. Ich sah ihr zu,
wie sie sich immer tiefer senkte, golden und rot leuchtete. Panik erfasste mich,
dass Devil es womöglich nicht mehr rechtzeitig schaffen würde …
Als der letzte Sonnenstrahl
am Horizont versank, erhob sich Banshee. Sie ging auf den Drachen zu, hielt
sich an ihm fest und sagte mit kalter, emotionsloser Stimme: „Los, wir müssen
weiter.“
„Aber wir können Devil
doch nicht einfach zurücklassen? Er wird sicher jeden Moment hier sein.“
Sie schwieg und
verharrte weiter auf der Stelle. Es machte mich fast wahnsinnig, wie starr sie
war. Warum sagte sie nichts?!
„Wir müssen auf ihn
warten! Bitte!“
Sie schüttelte energisch
den Kopf.
„Nein. Ich habe ihm
ein Versprechen gegeben und das werde ich halten. Also, komm jetzt. Notfalls
schleife ich dich mit Gewalt von hier fort.“
Ich war über den
plötzlichen Zorn in ihrer Stimme überrascht.
„Vergiss es, ich
bleibe hier!“
„Das wirst du
nicht!“
Sobald sie sich zu
mir umgewandt hatte, war all meine Wut schlagartig verraucht. Sie weinte. Die
Tränen rannen ihr unaufhörlich über die Wangen. Ich sah ihr an, wie schwer es
ihr fiel, mir so gegenüberzutreten.
„Ich habe ihm
versprochen, dich heil zum Tor zu bringen. Das ist alles, was ich noch für ihn tun
kann.“
Ich schüttelte
ungläubig den Kopf. Sollte das bedeuten, sie glaubte, dass Devil etwas
geschehen war?
„Nein, es geht ihm
gut“, hörte ich mich sagen.
„Dann wäre er
längst hier“, wisperte sie traurig.
Ich spürte, wie nun
auch in mir die Tränen hochstiegen.
Ich wollte diesen fürchterlichen
Gedanken gar nicht erst zulassen, es durfte einfach nicht sein!
Plötzlich hörten
wir erneut Geräusche und erblickten eine Gestalt, die aus dem Wald
herausgerannt kam. Sie wurde von schwarzen Tieren mit krummen, starken Rücken
verfolgt. Nun erkannte ich auch die Person und schniefte auf vor Erleichterung.
Es war Devil.
„Fliegt los! Macht
schon!“, rief er uns zu.
Das konnte nicht
wahr sein! Er war doch fast bei uns und nun sollten wir ohne ihn gehen?!
Banshee packte mich mit festem Griff und zog mich unbarmherzig mit sich. Sie
warf mich regelrecht auf den
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