Versuchung
Jemand deines Standes
sollte sich in Grund und Boden schämen, so etwas zu verschenken. Ich habe keine
Ahnung, wie du auf diese idiotische Idee gekommen bist, aber ich hoffe
für dich, dass es das letzte Mal war. Sonst wirst du noch eine ganz andere
Seite von mir kennenlernen.“
„Ja, Vater.“
„Ich habe genug von
dir!“ Chamus holte aus und sein Sohn wurde von einem Zauber ergriffen, der ihn
über den Boden gegen die Wand schleuderte, wo er benommen liegen blieb.
„Wenn nur diese
Kraft nicht in dir stecken würde … ich hätte dich schon längst ausgelöscht“,
sagte er in leisem, doch so kaltem Tonfall, dass ich erstarrte. Diese Szene
zeigte mehr als deutlich, dass Chamus keinerlei Vatergefühle oder gar Liebe für
sein Kind empfand.
Devil erhob sich
und verbeugte sich nochmals.
„Verzeiht, dass ich
Euch verärgert habe. Es wird nicht wieder vorkommen.“
Damit verließ er
das Zimmer, und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Er ging ein paar Schritte
den Flur entlang, holte aus und schlug mit der Faust vor Wut gegen die Wand, sodass
ein Loch zurückblieb und Staub herabrieselte. Seinem Vater den Blitzfänger zu
schenken, war wohl ein letzter Versuch gewesen, auf ihn zuzugehen. Doch nachdem
Chamus erneut so deutlich gezeigt hatte, was er von seinem Sohn hielt, hatte
bei Devil nun offensichtlich der Hass auf ihn die Oberhand gewonnen. Ich konnte
es in seinen Augen erkennen, die vor Zorn und Kälte brannten.
Die Wände begannen
zu flimmern und zu beben und veränderten sich langsam. Wir befanden uns noch
immer im Schloss, jedoch auf einem anderen Flur. Ich hörte Schritte, die hastig
den Korridor entlangeilten, und erkannte kurz darauf Lilith, die auf eine große
Tür zuhielt. Plötzlich erschien eine weitere Gestalt, trat auf die Kaiserin zu
und packte ihr Handgelenk. Grob zog Chamus am Arm seiner Frau und riss sie zu
sich. Seine kalten Augen blitzten unter der Kapuze hervor, als er mit seiner
anderen Hand langsam über ihre Wange streichelte.
Auf Liliths Gesicht
stand nackte Angst, ihre Körperhaltung zeigte allzu deutlich, dass sie fliehen
wollte, doch sie schien mit aller Gewalt dagegen anzukämpfen. Womöglich, weil
es dann schlimmer werden und sie ihren Mann nur noch wütender machen würde.
Ohne den geringsten
Hauch von Zärtlichkeit ließ er seine Finger langsam an ihrem Hals hinabwandern,
um seine Macht zu demonstrieren und sich an der Angst seiner Frau zu weiden.
„Mir ist zu Ohren
gekommen, dass du den Zulagra-Dämon hast zurückrufen lassen.“ Seine Stimme war
leise und schneidend. „Glaubst du, dass dein Sohn nicht gegen ihn angekommen
wäre? Hast du so wenig Vertrauen in ihn?“
Lilith schien bemüht,
sich zu sammeln und keine Schwäche zu zeigen.
„Er ist ein Kind
und sollte nicht so aufwachsen müssen.“
Chamus lachte und
der grauenhafte Hall seiner Stimme jagte durch den Flur.
„Du stellst meine
Entscheidungen infrage?! Hast du etwa vergessen, dass du dich nicht
einzumischen hast? Immerhin hast du es einzig und allein meiner Güte zu verdanken,
dass du noch am Leben bist. Deinen Zweck hast du bereits vor Jahren erfüllt und
bist somit vollkommen unnütz für mich.“
Sein Zeigefinger
strich nun über ihre Lippen und drückte sie leicht. Seine andere Hand legte
sich um Liliths Hals und schloss sich immer fester darum, bis sie anfing zu röcheln
und nach Luft schnappte. Sie versuchte erfolglos, sich aus dem Griff ihres
Mannes zu befreien. Seine Augen starrten sie voller Freude an. Es schien ihm zu
gefallen, sie leiden zu sehen, und ein kaltes Lächeln legte sich auf seine
Lippen.
„Ich werde dafür
sorgen, dass er zu dem wird, was die Legenden versprechen. Ich werde ihm
jegliches Gefühl austreiben, denn das würde ihn nur schwächen. Er muss innerlich
hart und kalt werden, damit sich seine Kräfte vollständig entwickeln können.“
Liliths Augen weiteten
sich und sie schien kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Da ließ Chamus
von ihr ab und sie sank röchelnd zu Boden.
„Halte dich also
raus. Wenn mir noch einmal zu Ohren kommen sollte, dass du mich hintergehst,
dann hat meine Freundlichkeit dir gegenüber ein Ende.“
Ohne sie noch
einmal anzublicken, schritt er davon und ließ sie zitternd und hustend zurück.
Ich konnte kaum
glauben, wie grausam dieser Mann war und welch großes Leid die Kaiserin durch
ihn erfahren hatte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie sie sich in
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