Versuchung
von ihm los und sah ihm in die Augen.
„Du musst auf dich
aufpassen. Die zweite Vision“, begann ich, „hatte nichts mit Marid zu tun. Du
bist noch immer in Gefahr.“
Er streichelte mir sanft
durchs Haar und sagte: „Danke, dass du mich gewarnt hast. Ich werde versuchen
herauszufinden, was das zu bedeuten hat, und werde aufpassen.“
„Natürlich passiert
dir nichts! Die spinnst doch!“, hörte ich Banshee hinter mir fluchen. „Los,
lasst uns von hier verschwinden. Es wird bald Nacht.“
Besuch aus der Vergangenheit
In den kommenden
Nächten schlief ich sehr schlecht. Ständig träumte ich von Marid, roch den Tod
und sah das viele Blut. Hinzu kam, dass mich die Sorge um Devil selbst in meine
Träume hinein verfolgte. Ich sah das Bild vor mir, wie er an etwas gefesselt
war, die Kleidung zerrissen, die unzähligen Wunden und Verletzungen.
Seine Augen
blickten mich an und ich spürte, dass es keine Rettung mehr gab. Der Schatten
näherte sich und ließ einen glänzenden Gegenstand auf ihn niedersausen. Das war
der Moment, in dem ich stets erwachte. Vollkommen verwirrt, aufgebracht und
verzweifelt.
Ich hoffte
inzwischen auf eine weitere Vision, die mir vielleicht mehr verraten würde. Nachdem
ich in Necare erfahren hatte, dass ich eine Divina war, hatte ich Nachforschungen
angestellt und dabei erfahren, dass sie in der Lage waren, die Visionen in
gewisser Weise zu steuern. Ich bemühte mich darum, versuchte, irgendwie eine weitere
herbeizuzwingen, doch es war vergebens. Dennoch blieb ich bei meinem Schwur.
Ich würde nicht zulassen, dass Devil etwas zustieß.
Noch einmal nahm
Chamus die Schale in die Hand, füllte die Flüssigkeiten hinein und lauschte in
die Tiefe. Seit einigen Tagen hatte er nichts mehr von seiner Kontaktperson gehört.
Allmählich erfasste ihn eine gewisse Unruhe und das gefiel ihm gar nicht. Er
hasste es, von anderen abhängig zu sein, erst recht in dieser Angelegenheit.
Nach all den Jahren
war er seinem Ziel endlich wieder nahe. Es fehlte nur noch eine Sache und daher
wäre es wirklich ärgerlich, wenn jetzt noch etwas dazwischenkäme. Dennoch sollte
er sich wohl besser einen Ersatzplan überlegen für den Fall, dass seine Quelle versagt
haben sollte. Ein paar Tage wollte er ihr noch geben, dann würde er
einschreiten und etwas unternehmen müssen. Er hatte auch schon eine grobe
Vorstellung, was das sein konnte.
Er stellte die
Schale beiseite und sah nachdenklich in die bebende Flüssigkeit. Nichts würde
ihm mehr in die Quere kommen. Seine Pläne waren beinahe umgesetzt. Nur noch
dieses eine winzige Detail, an dem jedoch alles andere hing. Er ballte die
Fäuste und konnte die Aufregung, die ihn heiß durchströmte, nicht unterdrücken.
Die Macht war greifbar nahe und nichts würde sie ihm mehr entreißen können. Er
hatte schon so lange darauf gewartet und nun wurde es Zeit.
Ich hielt mich an
Devil fest, während er mit mir auf dem Rücken durch die Landschaft rannte.
Banshee lief neben uns. Seit Marids Tod betrachtete sie uns immer wieder mit
argwöhnischen Blicken. Ich wusste nicht genau, woran es lag, doch sie ließ uns
nur noch ungern allein, schickte beispielsweise Devil zum Wasserholen oder weigerte
sich, allein Holz sammeln zu gehen. Auch, dass er mich trug, schien ihr immer
weniger zu passen.
„Nicht mehr lang,
dann haben wir die Wüste erreicht“, hörte ich ihn sagen.
„Dann sollten wir
die Wasservorräte vorher aufstocken“, erwiderte Banshee.
Tatsächlich war es
bereits um einiges wärmer geworden. Die Sonne brannte jeden Tag aufs Neue erbarmungslos
auf uns herab und auch die Landschaft veränderte sich merklich. Die Pflanzen
wirkten nun eher tropisch im Vergleich zu denen, die ich bisher gesehen hatte.
Sie waren von dunklem Grün und trugen meist recht farbenfrohe Blüten.
„Was ist denn da
los?“, fragte Banshee und blickte in die Ferne.
„Keine Ahnung“,
antwortete Devil, „aber das werden wir gleich wissen.“
Er lief ein Stück
weiter und hielt plötzlich inne. Nun konnte auch ich eine Dämonin sehen, die
von etlichen Kreaturen angegriffen wurde. Sie schien sich nur noch schwer auf
den Beinen halten zu können. Ihr Blick wirkte angespannt, während ihr Brustkorb
sich mühevoll hob und senkte. Wieder stürzte sich eine der Kreaturen auf sie.
Sie sahen abscheulich aus. Ihre Haut war grau und gallertartig, als stünden sie
kurz davor, sich aufzulösen. Sie bewegten sich auf allen vieren fort
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