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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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sollten die entscheiden, ob sie sich um jemanden kümmern wollten, der nie wieder ohne fremde Hilfe würde laufen, essen oder scheißen können.
    Das war Sayle.
    Nachdem Sayle es das erste Mal getan hatte, hatte er sich aufgerichtet, seine Truppe angesehen und gesagt: » So werden wir das von jetzt an immer machen. « Und Ocho hatte auf den sterbenden Jungen mit seinen blutigen Stümpfen hinabgeblickt und hatte seine eigene Zukunft gesehen.
    Das war er selbst.
    Nicht an diesem Tag und auch nicht am nächsten, aber irgendwann würde alles auf ihn zurückfallen. Die Parzen würden sich mit wildem Geheul auf ihn stürzen. Und natürlich hatten die feindlichen Soldaten inzwischen dazugelernt und hielten es genauso. Neuen Rekruten gab man deshalb den Befehl, Verletzte zu töten, wenn die Truppe sich zurückziehen musste.
    Damit erteilte man ihnen eine Lektion, sagte Sayle. Damit sie sich nicht gefangen nehmen ließen.
    Ocho ging an den Soldaten und Mädchen vorbei und an den Feuern, wo das Fleisch von Kojwölfen geröstet wurde, und lief zu den Kanälen hinunter.
    Er konnte nirgendwohin. Er war sich nicht einmal sicher, was er wollte. Aber er musste nachdenken, und da die Truppe Ausgang hatte, würde er sich die Zeit dafür nehmen.
    Es gab etwas, das ihn seit ihrer Konfrontation mit dem 999er nicht losließ.
    Das Geschütz feuerte inzwischen unablässig.
    Sie hatten die Sicherheit verschärft, um zu verhindern, dass erneut Aufklärer so tief in ihr Gebiet eindrangen. Aber durch das Geschütz hatte sich die Lage verändert. Sie mussten nicht mehr nur befürchten, dass eine Kompanie Soldaten in ihr Gebiet vorrückte. Jetzt konnten sich ein paar Kreuzküsser auf das Dach eines Kasernenturms schleichen und tödliche Geschosse auf sie niederregnen lassen. Für die Zukunft sah Ocho deshalb ziemlich schwarz.
    Ein paar patrouillierende Soldaten riefen ihm etwas zu. Er hob die Hände und rührte sich nicht von der Stelle, während sie herüberkamen. Einen Moment lang fürchtete er, er hätte die Losungswörter vergessen, aber dann fielen sie ihm wieder ein.
    Â» Charlie Sweet Bogey. «
    Morgen würde es etwas anderes sein. Die Losungswörter kamen von ganz oben und änderten sich häufig. Sie mussten sie öfters wechseln, um zu vermeiden, dass sich Spione in die Truppe einschlichen. Der Befehl stammte direkt vom Oberst.
    Ocho bezweifelte, dass dies noch lange funktionieren würde. Der Oberst würde sich etwas Besseres ausdenken müssen, um seine Soldaten zu identifizieren. Ocho konnte nicht einmal zu seiner eigenen Truppe zurückkehren, ohne Gefahr zu laufen, dass ihm der Arsch weggeschossen wurde.
    Die Lage war ungemein schwierig geworden. Wie sollten sie sämtliche Farmer, die in die Stadt kamen, nach winzigen Funkgeräten absuchen? Früher hatten sie nach Waffen Ausschau gehalten, jetzt sollten sie in erster Linie nach Aufklärern fahnden…
    Er kam beim Hauptquartier der Kompanie an und sah nach seinen Soldaten. Eigentlich hatte er frei, aber er wollte trotzdem schauen, ob alles in Ordnung war.
    Â» Wird auch Zeit « , sagte jemand.
    Ocho sah zu den Jungs hinüber. » Warum? «
    Â» Wir haben da was entdeckt. «
    Â» Einen weiteren Aufklärer? «
    Â» Du meinst einen Vorgeschobenen Beobachter. «
    Â» Richtig. « VB war der neue Begriff. Vorgeschobener Beobachter. Der stammte auch vom Oberst. Stern war auf die Armeeschule gegangen. Er kannte sich mit VB s aus. Bei der Truppe hatte nur keiner erwartet, dass sie es mit solchen Leuten zu tun bekommen würden.
    Â» Das musst du dir ansehen. « Einer der Jungs reichte Ocho ein Fernglas.
    Â» Wonach soll ich Ausschau halten? « , fragte Ocho, während er ein Auge zusammenkniff und mit dem anderen durch die eine brauchbare Linse des Fernglases sah.
    Â» Wart’s ab. Schau dir das Wasser da unten an. «
    Eine Weile lang saßen sie da und reichten sich abwechselnd das Fernglas.
    Lange Zeit regte sich nichts, dann plötzlich war eine Bewegung unter Wasser zu sehen, und ein Mädchen tauchte auf…
    Was zum …?
    Ocho kniff die Augen zusammen und betrachtete das Mädchen.
    Anfangs dachte er, sie würde nur im Kanal baden. Aber er hatte die Stelle die ganze Zeit im Auge behalten, und er hatte nicht gesehen, wie sie ins Wasser gestiegen war. Und das Mädchen hatte irgendetwas an sich…
    Schleusten die Kreuzküsser

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