Versunkene Staedte

sie. Sie entschied sich für den nach links führenden Pfad und rannte weiter. Innerlich betete sie zu den Parzen, dem Rostheiligen und der barmherzigen Jungfrau Kali, dass sie nicht in einem Minenfeld landete.
    Vor ihr tauchte plötzlich offenes Wasser auf. Sie stolperte und fiel hinein.
    Â» Verflucht noch mal! «
    Sie schleppte sich aus dem Wasser, tropfend, wütend und ängstlich. Dann lief sie den Weg wieder zurück und hielt nach der Gabelung Ausschau. Sie durfte nicht den Kopf verlieren und musste die Augen offen halten. Aber obwohl sie sich das immer wieder sagte, spürte sie trotzdem Panik in sich aufsteigen.
    Ihr Verstand gaukelte ihr Schreckensbilder vor. Kudzuranken wurden zu Pythonschlangen, die sich von Ästen herabfallen ließen. Kojwölfe rannten von Baum zu Baum und verfolgten sie. Der Dschungel hatte Zähne, und plötzlich erschien er ihr fremdartig und wild.
    Mahlia sprang über einen verrotteten, moosbewachsenen Baumstamm und wäre beinahe wieder hingefallen. War sie hier schon einmal langgekommen? Sie erinnerte sich nicht, auf dem Hinweg umgefallene Bäume gesehen zu haben.
    Wo war sie?
    Vor Einbruch der Nacht würde sie es unmöglich schaffen, ins Dorf zu gelangen und wieder zu Mouse zurückzukehren. Sie würde eine Laterne mitnehmen müssen. Würde sie den Weg finden? Bei ihrer Suche nach etwas Essbarem waren sie ziellos umhergestreift, und Mahlia hatte kaum auf den Weg geachtet. Schließlich hatte sie nicht ahnen können, dass sie im Dunkeln würde hierher zurückkommen müssen…
    Abrupt endete der Dschungel und ging in Felder über.
    Mahlia schluchzte vor Erleichterung. Sie befand sich am anderen Ende des Dorfes, wo alle ihre Felder bestellten, weil hier der Boden lockerer war. Zumindest war sie nicht gänzlich in die Irre gegangen. Mahlia ging um das dunkle Quadrat eines Teiches herum und rannte quer über die Felder, an den Finnen alter bröckliger Mauern vorbei, die aus der Erde ragten.
    Vor ihr war das Dorf zu sehen. Öllampen wurden angezündet und verbreiteten ihren tröstlichen gelben Schein. Mahlia hatte Seitenstechen und lief etwas langsamer. Noch nie war sie so froh gewesen, die Häuser von Banyan Town zu sehen. Den Rauch der Öfen und den Duft von Gewürzen zu riechen. In kleinen Laternen brannten Kerzen und erhellten ihren Weg.
    Vor ihr tauchte die Behausung des Arztes in der Dunkelheit auf.
    Bitte sei zu Hause. Du musst einfach da sein und nicht auf irgendeinem Hausbesuch. Bitte sei da.
    Ein menschlicher Schatten trat hinter einer verfallenen Mauer hervor und versperrte ihr den Weg.
    Â» Wo willst du hin, Mädchen? «
    Mahlia blieb abrupt stehen. Vor ihr tauchten noch mehr Schatten auf, böse Geister, die sich aus der Dunkelheit schälten.
    Soldaten, ein ganzer Trupp Halbwüchsiger.
    Mahlia machte kehrt und wollte zum Dorf zurückrennen, doch ein Hund sprang knurrend aus den Schatten. Sie wich zurück. Suchte verzweifelt nach einem neuen Fluchtweg. Der Hund trieb sie auf die Soldaten zu.
    Noch mehr von ihnen waren aus der Dunkelheit aufgetaucht. Ihre Gewehre glänzten stumpf, und sie trugen Patronengurte quer über den nackten, vernarbten Oberkörper geschlungen. Ihre Gesichter waren von drei hässlichen Rauten entstellt. Eindeutig VPF . Mit Haut und Haaren gehörten sie Oberst Glenn Stern. Manche hatten blaue Kopftücher um die Stirn gebunden, als würden die Brandmale als Kennzeichen nicht ausreichen. Die jungen Soldaten kamen näher. Ihre blutunterlaufenen Augen, von Rotbrand und Crystal Slide gezeichnet, musterten sie hungrig wie die von Schlangen. Mahlia blickte sich nach einer Fluchtmöglichkeit um, aber die Soldaten hatten sie umzingelt. Sie war ihnen in die Falle gegangen.
    Einer von ihnen trat auf sie zu, packte sie und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Sie spürte, wie er nach ihrer fehlenden Hand suchte. Dann lachte er.
    Â» Da haben wir uns ja ’nen Krüppel eingefangen! « , sagte er.
    Seine Finger betasteten ihren Arm. » Der kann man nicht mal Handschellen anlegen. « Die anderen stimmten in sein Lachen mit ein. Mahlia wollte sich losreißen, aber der Soldat zerrte sie herum.
    Â» Habe ich das gemacht? « , fragte er mit einem Blick auf ihren Armstumpf. » Wie kommt es, dass ich deine andere Hand verschont habe, Mädchen? «
    Aus der Nähe war das Brandzeichen auf seiner Wange deutlich zu erkennen, bleiche, erhobene Narben