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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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auf dem Boden. Zwei schienen bereits tot zu sein. Ein weiterer hatte eine klaffende Wunde am Bein, das abgebunden war. Er sah jedoch so blass aus, dass er vermutlich nicht mehr lange leben würde, wenn er nicht schon gestorben war.
    Der vierte war bei Bewusstsein, seine Brust war mit blutgetränkten Lappen bedeckt.
    Es waren eindeutig Kampfverletzungen, aber die Wunden sahen nicht aus, als würden sie von Explosionen oder Geschossen stammen. Einer der Toten war beinahe in zwei Hälften gerissen worden. Der andere hatte ein gebrochenes Genick.
    Der Soldat, der noch am Leben war, folgte Mahlia mit den Blicken, während sie sich neben ihm niederkniete. Sie hob die blutigen Lappen hoch, wobei sie sich vor dem fürchtete, was darunter zum Vorschein kommen würde.
    Vier tiefe, parallel verlaufende Wunden waren auf seiner Brust zu sehen. Die weißen Knochen seiner Rippen lagen teilweise frei. Mahlia hielt die Hand über das aufgerissene Fleisch und schätzte insgeheim ab, wie groß die Klaue gewesen war, die dem Soldaten die Wunden beigebracht hatte.
    Es passte alles zusammen. Mahlia wurde übel.
    Sie wusste, warum diese Soldaten hier waren und wonach sie suchten. Und wenn sie es fanden, würde Mouse mit Sicherheit sterben.

8
    Â» Unsere Freunde hier haben mir erzählt, sie seien auf einen wilden Eber gestoßen « ; sagte Doktor Mahfouz.
    Eine durchsichtige Lüge. Kein Eber könnte einem Menschen solche Verletzungen zufügen. So etwas brachte nur ein Ungeheuer fertig. Ein Halbmensch. Und Mouse befand sich in den Klauen dieser Kreatur. Wenn Mahlia ihn nicht befreite, würde er sterben. Sie musste eine Möglichkeit finden, an die Medikamente von Doktor Mahfouz heranzukommen und sich an diesen Soldaten vorbeizuschleichen…
    Â» Mahlia! «
    Sie schreckte auf.
    Â» Meine Instrumente sind bereits abgekocht « , sagte der Arzt. » Wasch dir bitte die Hände, ich brauche deine Hilfe beim Säubern und Nähen der Wunden. «
    Mahlia eilte zu dem Eimer mit dem abgekochten Wasser hinüber. Sie fühlte sich seltsam betäubt. Wohin sie auch blickte, sah sie Soldaten. Verstohlen musterte sie ihre Feinde, während sie sich die Hände wusch.
    Sie wirkten ziemlich heruntergekommen. Ihr Vater hatte sich über solche Soldaten immer lustig gemacht, mit ihrer ramponierten Ausrüstung, den fehlenden Zähnen und den von Säure verätzten Gesichtern. Aber sie besaßen Munition für ihre Waffen, und ihre Klingen funkelten frisch geschärft. Und sie waren überall. Sie patrouillierten vor dem Haus und durchsuchten die Wohnung des Arztes. Draußen hatten sie ein Lagerfeuer angezündet und holten nun mit alten Plastikkannen Wasser von dem Teich, der sich im Keller des Hauses nebenan gebildet hatte. Stapelweise wurden neben dem Feuer Nahrungsmittel aufgeschichtet– von Reis bis hin zu toten Hühnern. Anscheinend plünderten sie gerade das ganze Dorf aus.
    Ein großer, dunkelhäutiger Junge mit durchdringendem Blick führte einen Trupp von drei Soldaten an, die Holz für das Feuer herbeiholten. Auf seinem Bizeps befanden sich neun Narben, die für die Gegner standen, die er bislang getötet hatte.
    Mahlia versuchte, die Narben der anderen Soldaten zu zählen, gab jedoch bald auf. Es waren einfach zu viele; insgesamt hatten sie über zweihundert Gegner umgebracht. Selbst die Jüngsten unter ihnen, die kleinen Läusefresser, die lediglich Säurebehälter und Macheten tragen durften, besaßen schon solche Narben. Und die Ältesten wie der Leutnant oder der verwundete junge Soldat, dessen Brustkorb aufgerissen war, hatten mehr als ein Dutzend.
    Â» Was sollen wir hiermit machen? « , rief einer der Soldaten. Mahlia drehte sich nach der lispelnden Stimme um. Die Narbe eines Machetenschnitts verlief quer über das Gesicht des Jungen. Er führte eine Ziege an der Leine.
    Erschrocken stellte Mahlia fest, dass es Gabby war, die Ziege des Arztes. » Das dürft ihr nicht… « , rief Mahlia, verstummte aber gleich wieder.
    Leutnant Sayle, der sich mit seinen Unteroffizieren beraten hatte, blickte auf– eine blasse, eingefallene Gottesanbeterin, die nach Beute Ausschau hielt.
    Â» Sieht nach einem Abendessen aus. «
    Er wandte sich wieder der stockfleckigen Karte zu, die er zuvor betrachtet hatte, ohne auch nur einen Gedanken an die Folgen seines Befehls zu verschwenden.
    Der Soldat wickelte die Leine um Gabbys

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