Versunkene Staedte
Kojwolfduft.
Die Flasche fühlte sich in ihrer Hand wie eine Granate an. Nach Mahlias katastrophalem Experiment mit Alejandros Ziegen hatte Doktor Mahfouz ihr ausdrücklich verboten, allein an seine Medikamentenvorräte zu gehen. Er hatte sie nie direkt beschuldigt, aber den Kojwolfduft hatte er versteckt, und die Botschaft war eindeutig gewesen.
Jetzt hielt Mahlia die Flasche hoch und zeigte sie dem Arzt. » Ich werde das benutzen, ja? «
Verstehen Sie?, wollte sie ihm damit sagen. Werden Sie vorbereitet sein?
Schockiert sah der Arzt sie an.
Einen Moment lang fürchtete Mahlia, er würde sie aufhalten, aber er befand sich in einer Zwickmühle. Gar nicht auszudenken, was ihr blühte, wenn der Leutnant von dem Inhalt der Flasche erfuhr.
» Bist du sicher, Mahlia? Das ist ziemlich stark. «
» Der Leutnant will, dass wir uns um seine Soldaten kümmern. «
» Dieses Medikament hat es wirklich in sich. «
» Aber es ist nun mal alles, was wir haben. «
Leutnant Sayle blickte zwischen Mahlia und dem Arzt hin und her, ohne zu begreifen, dass vor seiner Nase gerade zwei ganz unterschiedliche Gespräche stattfanden.
» Was ist das? « , fragte er.
» Ein Medikament für Ihren Soldaten « , sagte Mahlia. Sie warf Doktor Mahfouz einen warnenden Blick zu.
» Lass mal sehen. «
Mit klopfendem Herzen ging Mahlia zu dem Leutnant und zeigte ihm die grüne Glasflasche. Er hielt sie ins Licht. » Was ist da drin? «
» Eine antibakterielle Tinktur. Wir stellen sie selbst her, weil das Zeug so schwer zu bekommen ist « , sagte sie. Aber der Leutnant hörte ihr gar nicht zu. Sein Blick war zu den Tabletten weitergewandert, die sie in den Händen hielt.
» Und das da? «
» Sie wollen nur das Beste, oder? Medikamente von den Friedenswächtern. Hochwirksam. Bloà ein Jahr über dem Verfallsdatum. «
Der Leutnant nahm ihr die Tablettenpackungen aus der Hand, drehte sie herum und betrachtete die fremde Schrift darauf. Dann reichte er sie ihr mit einem Lächeln zurück. » Sehr gut. «
» Ja « , sagte Mahlia. » Das Beste vom Besten. «
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Sergeant Ocho lag still da, den Blick auf das Feuer gerichtet, und versuchte, das Brennen in seinem Brustkorb zu ignorieren. Als das Mädchen wieder heruntergekommen war, hatte sie ihm ein Medikament gegen die Schmerzen gegeben, das ihm ein wenig den Verstand vernebelt hatte. Es war nicht so gut wie die Opiate, die man in den versunkenen Städten bekommen konnte, aber besser als gar nichts.
Inzwischen hatte ein Wachwechsel stattgefunden, und die Jungs hatten zu Abend gegessen. Vom Krankenbett aus betrachtete er sie und versuchte, ihre Einsatzbereitschaft einzuschätzen.
Manche waren nach ihrer letzten Begegnung mit dem Halbmenschen immer noch nervös und schreckhaft, aber die meisten hatten sich wieder beruhigt. Soa war so verrückt wie eh und je. Van riss Witze, was bedeutete, dass er immer noch Angst hatte. Gutty dagegen schlief ruhig wie ein Baby. Ein paar andere lieÃen eine Flasche im Kreis herumgehen. Wären sie näher an der Front gewesen, hätte Ocho das vielleicht unterbunden, aber die Soldaten konnten nicht rund um die Uhr wachsam sein, und zumindest befanden sie sich nicht mehr in den versunkenen Städten.
Ocho sah zu, wie die Jungs die Flasche weiterreichten und lauschte ihren gemurmelten Scherzen und Sticheleien. Der Halbmensch hatte ihnen ganz schön zugesetzt, aber die Erfahrung hatte sie stärker gemacht. Zumindest waren sie jetzt bereit, wenn es erneut zum Kampf kommen sollte. Sie wussten, was sie erwartete.
Er legte sich wieder hin und versuchte, es sich bequem zu machen, obwohl er wusste, dass er wegen der Schmerzen in seinem Brustkorb sowieso nicht würde einschlafen können. Er wünschte sich, das Mädchen würde ihm noch mehr von den rosa Tabletten geben, aber er würde auf keinen Fall danach fragen. Die BlöÃe wollte er sich nicht geben.
Das Feuer war inzwischen heruntergebrannt, und die Schnapsflasche machte ein weiteres Mal die Runde. Oder war es schon eine neue? Van hatte den Leuten im Dorf mehr als eine abgenommen. Das war seine Spezialitätâ versteckte Vorräte zu finden.
» Was ist das für ein Gestank? « , beschwerte sich Soa gerade. » Hat Slim gefurzt oder was? «
Ocho schnüffelte. Soa hatte recht. Ein übelkeitserregender Gestank von Blut und Moschus lag in der Luft. Verwirrt
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