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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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Ist es das, was du tust? Akzeptieren, dass du versagt hast? «
    Â» Du denkst, ich hätte versagt? « Tool fletschte die Zähne. » In all den Jahren im Krieg bin ich niemals besiegt worden. Ich habe Städte niedergebrannt, Armeen vernichtet und Flammen vom Himmel regnen lassen. Wenn du also meinst, ich hätte versagt, irrst du dich. «
    Er lehnte sich zurück, erschöpft von dem Gespräch. Noch nie hatte er sich so schwach gefühlt.
    Der Tod ist kein Versagen, versicherte Tool sich selbst. Sterben müssen wir alle. Jeder von uns. Rip und Blade und Fear und all die anderen sind gestorben. Was spielt es für eine Rolle, dass ich der Letzte bin? Ich bin dazu geschaffen worden, vernichtet zu werden.
    Und dennoch begehrte etwas in ihm bei dem Gedanken auf. Er allein hatte die Freiheit gewonnen. Er hatte überlebt. Der böse Hund, der sich gegen seinen Herrn gewandt hatte. Was würde Caroa jetzt wohl von ihm denken, wenn er sehen könnte, wie Tool hier im Schlamm verblutete? Tool musste beinahe lächeln. Er unterdrückte ein verächtliches Schnauben. Caroa würde das nicht kümmern. Generälen war alles egal. Sie schickten ihre Soldaten in die Schlacht und heimsten selbst den Ruhm dafür ein.
    Tool blickte in die Sonne hinauf und dachte an all die Städte, die er niedergebrannt, und die Herzen der Feinde, die er gefressen hatte. Er erinnerte sich daran, wie er mit seinem Rudel unter Beschuss durch Straßen gelaufen war, Messer und Maschinenpistolen in den Händen. Ströme von Flüchtlingen waren vor ihm weggerannt und übereinandergestolpert in ihrer Hast, ihm zu entkommen. Er und die Mitglieder seines Rudels hatten darüber nur gelacht. Und als Kalkutta gefallen war, hatte ihr Siegesgebrüll von allen Dächern getönt.
    Sie hatten unmögliche Dinge getan. Sie waren von großen Ballonluftschiffen gesprungen und aus tausend Metern Höhe in die Tiefe hinabgeschossen, um hinter den Linien der Feinde zu landen und die nigerianische Küste zu sichern. Er hatte die Hyänenmenschen von Lagos ausgelöscht und das Herz der Ersten Klaue gefressen.
    Als die Tragflügelschiffe von General Caroa eingetroffen waren, um an der Küste Armeen auszuspucken, war Tool da gewesen, um sie zu begrüßen. Lachend hatte er knietief im blutroten Wasser gestanden. Wohin er auch ging, stets war er siegreich gewesen, und der General hatte ihn und sein Rudel belohnt.
    Er hatte unmögliche Dinge getan und unmögliche Situationen überlebt. Und jetzt lag er hier sterbend im Schlamm, wie all seine Brüder und Schwestern vor ihm. Fliegen umschwirrten seine Wunden, und er besaß nicht mehr die Kraft, sie zu verscheuchen. Offenbar spielte es keine Rolle, welchen Pfad ein Halbmensch einschlug, sein Leben endete immer auf die gleiche Weise.
    Â» Bitte! «
    Tool wandte sich wieder dem Jungen zu. Das Fieber trübte seinen Blick.
    Â» Du tust mir weh. «
    Tool betrachtete seinen Arm und seine Faust, ohne recht zu begreifen, was er sah.
    Eine kleine Maus, die er am Schwanz gepackt hielt.
    Â» Lass mich gehen « , flüsterte der Junge. » Ich könnte dir die Medikamente holen. «
    Die Medikamente. Genau, das war es. Es ging nicht um die Maus, sondern um die Medikamente. Aber dafür war es jetzt zu spät. Das Mädchen hatte zu lange gebraucht. Es blieb nur noch eine letzte Abrechnung. Ein Versprechen, das gehalten werden musste.
    Tool drehte langsam den Kopf. Sein Körper war steif von der Infektion, seine Nackenmuskeln schmerzten. Eine Wolke von Fliegen stieg von seinem Körper auf, als er sein Gesicht in das schlammige Wasser tauchte. Er trank und lehnte sich dann keuchend zurück. Seine Zunge fühlte sich schwer an, die Hitze des Dschungels drückte ihn wie eine große Hand zu Boden.
    Â» Deine Schwester hat dich im Stich gelassen « , krächzte er.
    Â» Sie wird kommen « , beharrte der Junge. » Warte nur noch ein bisschen länger. «
    Tool hätte beinahe gelacht. Er fragte sich, wie die Menschen einander überhaupt trauen konnten, da sie doch eine so wankelmütige Spezies waren. Sie sagten das eine und taten das andere. Genau deshalb waren die Halbmenschen geschaffen worden. Sie hielten ihre Versprechen.
    Â» Es ist Zeit « , sagte er. Langsam zog Tool den Jungen in den Sumpf hinein. Er nahm seinen Kopf zwischen seine großen Pranken.
    Â» Nur noch ein bisschen länger! «
    Â» Nein. Das

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