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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Schraubenzieher aufgebrochen. Sie schwang auf, und er tat einen Schritt ins Haus. Es herrschte völlige Dunkelheit.
    Ein Hund knurrte, dann knallten zwei ohrenbetäubende Schüsse. Der Ganove schrie auf und fiel über die Hintertreppe in ein ungepflegtes kleines Blumenbeet. Oscar beugte sich über ihn. Ein kurzer Blick zeigte eine Wunde über dem rechten Knie.
    »Nicht! Bitte nicht!«, flehte der Ganove.
    Mit kühler Überlegung schoss Oscar ihn in das andere Bein.
     
    Zwei Stunden später saß Oscar, nun halbwegs angekleidet, am Tisch und unterhielt sich mit zwei Polizeibeamten. Alle drei tranken Kaffee. Der Ganove wurde gerade im Krankenhaus operiert – Verletzungen an beiden Beinen, aber keine Lebensgefahr. Er hieß Justin Bardall, und wenn er nicht mit Feuer spielte und angeschossen wurde, fuhr er einen Bulldozer für Cicero Pipe.
    »Dümmer geht’s wohl nicht«, sagte Oscar immer wieder.
    »Es war ja nicht geplant, dass er sich erwischen lässt«, meinte einer der Polizisten lachend.
    Im selben Augenblick klopften zwei Kriminalbeamte in Evanston an die Tür des Inhabers von Cicero Pipe. Es sollte ein langer Tag für ihn werden.
    Oscar erklärte, dass er sich gerade scheiden lasse und auf Wohnungssuche sei. Wenn er nicht im Hotel übernachte, schlafe er im Büro auf dem Sofa. »Das Haus gehört mir seit einundzwanzig Jahren.«
    Einen der Beamten kannte er persönlich, den anderen vom Sehen. Keiner der beiden war wegen der Schüsse beunruhigt. Es handelte sich um einen eindeutigen Fall von Notwehr zur Verteidigung des Eigentums, wobei Oscar in seiner Schilderung den unnötigen Schuss in das zweite Bein wohlweislich unterschlagen hatte. Neben der Zweiliterflasche Benzin enthielt die Sporttasche einen offenbar kerosingetränkten Streifen Baumwollstoff und mehrere Pappstreifen. Es handelte sich um eine Art Molotowcocktail, der nicht geworfen wurde. Die Beamten vermuteten, dass die Pappe als Anzünder gedacht war. Es war ein primitiver Brandstiftungsversuch, aber um ein Feuer zu legen, musste man kein Genie sein.
    Während sie sprachen, fuhr ein Übertragungswagen des Fernsehens vor der Kanzlei vor. Oscar band sich eine Krawatte um und trat vor die Kameras.
    Als David einige Stunden später bei der vierten Kanzleibesprechung davon erfuhr, war er erschüttert, weigerte sich aber nach wie vor, eine Waffe zu tragen. Da Rochelle in der Handtasche eine billige Pistole bei sich führte, waren drei der vier bewaffnet.
    Ständig gingen Anrufe von den Medien ein. Das Interesse an der Story wuchs von Minute zu Minute.
    »Nicht vergessen«, bläute Wally seinen Kollegen ein, »wir sind eine Boutiquekanzlei, die auf Krayoxx-Fälle spezialisiert ist. Hat das jeder kapiert?«
    »Ja, ja«, pflichtete Oscar bei. »Und was ist mit Arbeitsgerichtsverfahren und myanmarischen Klägern?«
    »Das natürlich auch.«
    Die Besprechung endete, als ein Reporter an die Kanzleitür hämmerte.
    Es wurde schnell klar, dass bei Finley & Figg an diesem Tag keine anwaltliche Tätigkeit stattfinden würde. David und Oscar sprachen mit der Tribune und der Sun-Times. Immer mehr Einzelheiten wurden bekannt. Bardall war aus dem Operationssaal raus und durfte sein Zimmer nicht verlassen; außer mit seinem Anwalt sprach er mit niemandem. Der Eigentümer von Cicero Pipe und zwei seiner Bauleiter waren festgenommen und nur gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden. Generalunternehmer für das Kläranlagenprojekt war eine renommierte Firma aus Milwaukee, die eine schnelle und gründliche Untersuchung versprach. Die Baustelle wurde dichtgemacht. Kein Arbeiter ohne Papiere wagte sich auch nur in die Nähe.
    David verließ die Kanzlei schließlich noch vor Mittag und sagte Rochelle im Hinausgehen nur, er müsse zum Gericht. Er fuhr nach Hause, holte Helen ab, die von Tag zu Tag schwangerer aussah, und führte sie zum Essen aus. Dabei schilderte er die neuesten Ereignisse – die Morddrohungen, den vereitelten Brandanschlag, Oscars Eingreifen zum Schutz der Kanzlei und das zunehmende Interesse der Presse. Er spielte die Gefahr herunter und versicherte ihr, das FBI habe alles unter Kontrolle.
    »Machst du dir Sorgen?«, fragte sie.
    »Überhaupt nicht«, behauptete er, nicht gerade überzeugend. »Aber vielleicht steht morgen was darüber in der Zeitung.«
     
    Allerdings. Große Fotos von Oscar im Lokalteil der Tribune und Sun-Times. Die Begeisterung der Presse war verständlich, denn wie oft: kam es vor, dass ein Anwalt im fortgeschrittenen Alter, der in

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