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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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zweihunderttausend Dollar verfügbar waren, gab die Kanzlei ordentlich Gas, was dadurch erschwert wurde, dass keiner der drei so recht wusste, was zu tun war.
    Richter Seawright und seine Mitarbeiter sahen die Akte täglich ein und waren zunehmend beunruhigt. Am 3. Oktober, einem Montag, wurden alle Anwälte zu einer inoffiziellen Informationsrunde ins Richterzimmer geladen. Der Richter begann mit der unmissverständlichen Feststellung, dass die Verhandlung in zwei Wochen stattfinden werde und dass an dem Termin nicht zu rütteln sei. Beide Seiten behaupteten, bereit zu sein.
    »Haben Sie Sachverständige verpflichtet?«, fragte er Wally.
    »Ja, Euer Ehren.«
    »Und wann wollten Sie das Gericht und die Gegenpartei darüber informieren? Sie sind damit um Monate zu spät dran.«
    »Das ist mir bewusst, aber es gab verschiedene unerwartete Verzögerungen«, erwiderte Wally aalglatt, ein echter Profi.
    »Wer ist Ihr Kardiologe?«, hakte Nadine Karros auf der anderen Seite des Tisches nach.
    »Dr. Igor Borsow«, verkündete Wally selbstbewusst, als wäre Borsow eine Koryphäe von Weltruf.
    Nadine Karros verzog keine Miene, lächelte nicht einmal.
    »Wann kann er seine beeidete Aussage zu Protokoll geben?«, wollte der Richter wissen.
    »Jederzeit«, behauptete Wally. Kein Problem. Tatsächlich konnte sich Borsow nicht recht entscheiden, ob er für fünfundsiebzigtausend Dollar wirklich ins offene Messer laufen wollte.
    »Wir verzichten auf die beeidete Aussage«, erklärte Ms. Karros abfällig. Mit anderen Worten: Der Kerl ist ein Scharlatan, was auch immer er von sich gibt, vor dem Geschworenengericht zerreiße ich ihn in der Luft. Sie entschied spontan; eine Absprache mit ihren Lakaien oder gar eine vierundzwanzigstündige Bedenkzeit hatte sie nicht nötig. Ihre kühle Überlegenheit ließ einem das Blut in den Adern gefrieren.
    »Haben Sie einen Pharmakologen?«, fragte sie.
    »Haben wir«, log Wally. »Dr. Herbert Threadgill.« Tatsächlich hatte er mit dem Mann gesprochen, sich aber bisher nicht mit ihm einigen können. David hatte den Namen von seinem Kumpel bei Zell & Potter, der Threadgill als »Bekloppten, der für Geld alles sagt«, beschrieben hatte. Threadgill wollte fünfzigtausend Dollar als Entschädigung für die Demütigung, die ihm vor Gericht bevorstand.
    »Von dem brauchen wir auch keine beeidete Aussage«, erklärte Ms. Karros mit einer wegwerfenden Handbewegung, die mehr sagte als tausend Worte. Auch bei ihm würde sie nicht lange fackeln.
    Als die Besprechung zu Ende war, bestand David darauf, dass Oscar und Wally mit ihm in einen Sitzungssaal im dreizehnten Stock des Dirksen-Gebäudes gingen. Laut Website begann dort ein großes Verfahren. In dem Zivilprozess ging es um einen siebzehnjährigen Schüler, der augenblicklich tot gewesen war, als ein Sattelschlepper eine rote Ampel überfuhr und den Jungen mit voller Wucht erwischte. Der Sattelschlepper gehörte einem in einem anderen Bundesstaat ansässigen Unternehmen, daher war das Bundesgericht zuständig.
    Weil niemand von Finley & Figg je einen Prozess vor einem Bundesgericht geführt hatte, hielt David es für dringend erforderlich, dass sie sich zumindest mal einen ansahen.

36
    Fünf Tage vor dem Verhandlungstermin versammelte Richter Seawright die Anwälte zu einer letzten Besprechung vor der mündlichen Verhandlung. Die drei Hampelmänner wirkten adrett und professionell, was David zu verdanken war. Er hatte darauf bestanden, dass sie dunkle Anzüge, weiße Hemden, dezente Krawatten und schwarze Schuhe trugen. Für Oscar war das kein großes Problem, weil er sich auch als Kleine-Leute-Anwalt anständig gekleidet hatte. Für David war es eine Selbstverständlichkeit, er hatte aus seiner Zeit bei Rogan Rothberg einen ganzen Schrank voll teurer Anzüge. Wally dagegen war ein schwieriger Fall. David fand einen Herrenausstatter mit moderaten Preisen, zu dem er Wally begleitete, um ihn bei Auswahl und Anprobe zu unterstützen. Wally hatte seiner Unzufriedenheit lautstark Ausdruck verliehen und fast die Flucht ergriffen, als er schließlich eintausendvierhundert Dollar bezahlen sollte. Letztendlich hatte er seine Kreditkarte gezückt, und er und David hatten mit angehaltenem Atem zugesehen, wie der Verkäufer die Zahlung bearbeitete. Aber alles ging glatt, und so zogen sie eilends mit Tüten voller Hemden und Krawatten ab, die durch ein Paar schwarze Schuhe ergänzt wurden.
    Nadine Karros auf der anderen Seite des Verhandlungssaals trug Prada und

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