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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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aushorchen wollte? War ihnen jemand gefolgt, waren sie fotografiert worden? Etwaige Verstöße würden sehr übel vermerkt werden.
    »Es wurden keine Daubert- Anträge gestellt, daher gehe ich davon aus, dass keine Partei die Sachverständigen der anderen infrage stellt. Ist das richtig?«
    Oscar und Wally war die bereits seit Jahren geltende Daubert -Vorschrift völlig unbekannt gewesen. Danach konnte jede Partei die Sachverständigen der anderen Partei infrage stellen. An den Bundesgerichten war das Routine, etwa die Hälfte der Bundesstaaten hielt sich ebenfalls an diese Vorschrift. David war vor zehn Tagen zufällig darauf gestoßen, als er eine Verhandlung in einem anderen Sitzungssaal verfolgte. Nach kurzer Recherche wurde ihm klar, dass Nadine Karros ihre Sachverständigen bereits vor der Verhandlung ausschließen lassen konnte. Die Tatsache, dass sie keine Daubert- Anhörung beantragt hatte, konnte nur eines bedeuten: Sie wollte die Sachverständigen im Zeugenstand haben, um sie vor den Augen der Geschworenen auseinanderzunehmen.
    Nachdem David seinen Partnern die Vorschrift erklärt hatte, beschlossen alle drei, keinen Daubert- Antrag gegen die Sachverständigen von Varrick zu stellen. Ihre Motive waren ebenso offensichtlich wie die von Nadine Karros, nur ins Gegenteil verkehrt. Die Varrick-Sachverständigen waren so erfahren, renommiert und qualifiziert, dass ein Daubert- Antrag keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
    »Das ist richtig, Euer Ehren«, erwiderte Ms. Karros.
    »Das ist richtig«, bestätigte Oscar.
    »Ungewöhnlich, aber ich reiße mich nicht um die zusätzliche Arbeit.« Der Richter blätterte in seinen Papieren und tuschelte mit einer Mitarbeiterin. »Ich sehe hier keine offenen Anträge, der Verhandlung steht also nichts mehr im Weg. Die Geschworenen werden Montagmorgen um 8.30 Uhr hier sein, die Verhandlung beginnt pünktlich um neun Uhr. Sonst noch etwas?«
    Seitens der Anwälte nicht.
    »Sehr schön. Ich bedanke mich bei den Parteien für die effiziente Beweiserhebung und ungewöhnliche Kooperationsbereitschaft. Ich werde für einen fairen und schnellen Prozess sorgen. Die Sitzung ist geschlossen.«
    Das Team von Finley & Figg raffte hastig Akten und Papiere zusammen und verließ den Saal. Auf dem Weg nach draußen versuchte David sich vorzustellen, wie der Raum in fünf Tagen aussehen würde, mit sechzig nervösen potenziellen Geschworenen, Spionen der Kanzleien, die sich auf Sammelklagen spezialisiert hatten und Blut witterten, Journalisten, Wertpapieranalysten, betont unauffälligen Geschworenenberatern, den aufgeblasenen Varrick-Bossen und den üblichen Beobachtern. Der Knoten in seinem Magen nahm ihm die Luft.
    Halt durch, sagte er sich immer wieder. Du bist erst zweiunddreißig. Das ist nicht das Ende deiner beruflichen Laufbahn.
    Im Gang schlug er vor, sich getrennt andere Verhandlungen anzusehen, aber Oscar und Wally wollten nur noch weg. Also tat David das, was er seit zwei Wochen machte: Er betrat unauffällig einen Sitzungssaal, in dem die Stimmung sehr angespannt war, und nahm drei Reihen hinter den Anwälten Platz.
    Je länger er zusah, desto mehr faszinierte ihn die Kunst der Prozessführung.

37
    Die erste Krise in der Sache Klopeck gegen Varrick Labs war das Nichterscheinen der Klägerin. Als Richter Seawright im Richterzimmer davon erfuhr, zeigte er sich höchst ungehalten. Wally versuchte zu erklären: Ms. Klopeck sei mitten in der Nacht wegen Kurzatmigkeit, Hyperventilation, Nesselsucht und verschiedener anderer Beschwerden ins Krankenhaus eingeliefert worden.
    Drei Stunden zuvor – die Anwälte von Finley & Figg saßen schon vor Morgengrauen bei einer hektischen Besprechung – war auf Wallys Handy ein Anruf eingegangen. Es war Bart Shaw, der sie wegen Verletzung der Anwaltspflichten verklagen wollte, wenn sie die Krayoxx-Kläger nicht angemessen vertraten. Offenbar hatte Iris’ Sohn Clint die Nummer irgendeines Anwalts gefunden und angerufen, um mitzuteilen, dass seine Mutter mit dem Rettungswagen unterwegs ins Krankenhaus sei. Daher könne sie nicht an der Verhandlung teilnehmen. Weil Clint den falschen Anwalt erwischt hatte, leitete Shaw die Nachricht weiter.
    »Herzlichen Dank, Arschloch«, hatte Wally gesagt, nachdem er aufgelegt hatte.
    »Seit wann wissen Sie, dass sie im Krankenhaus ist?«, wollte Richter Seawright jetzt wissen.
    »Erst seit ein paar Stunden. Wir waren gerade in der Kanzlei bei der Vorbereitung, als ihr Anwalt anrief.«
    »Ihr Anwalt? Ich

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