Verteidigung
aufzuweisen hatten, waren sie im Vergleich zu ihm die reinsten Veteranen.
»Meinen Sie, er kommt zur Verhandlung?«, fragte er.
Das glaubte Rochelle nicht, aber sie brachte es nicht übers Herz, das rundheraus zu sagen. »Wahrscheinlich. Sie müssen los.«
Die Fahrt in die Innenstadt kam David endlos vor. Er rief Helen an und informierte sie. Sie war genauso perplex wie er und meinte, dem Richter werde nichts anderes übrig bleiben, als das Verfahren auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Der Gedanke gefiel David, und bis er sein Auto abgestellt hatte, hatte er sich selbst davon überzeugt, dass Richter Seawright einen Aufschub gewähren würde, falls Wally nicht erschien. Wenn die beiden leitenden Anwälte ausfielen, war das mit Sicherheit Grund genug, ein Verfahren für fehlerhaft zu erklären oder es zu verschieben.
Wally war nicht im Sitzungssaal. David saß noch allein am Anwaltstisch, als das Team von Rogan Rothberg hereinkam und die Zuschauer ihre Plätze einnahmen. Um 8.50 Uhr ging David unauffällig zu einem Gerichtsdiener und sagte, er müsse dringend Richter Seawright sprechen.
»Kommen Sie mit«, erwiderte der Mann.
Seawright hatte gerade seine schwarze Robe angelegt, als David das Richterzimmer betrat.
»Euer Ehren, wir haben ein Problem«, sagte er, ohne sich mit Begrüßungsformalitäten aufzuhalten. »Mr. Figg ist verschwunden. Er ist nicht hier, und ich glaube nicht, dass er noch kommt.«
Der Richter stieß entnervt die Luft aus, während er die Robe vollends schloss. »Sie wissen nicht, wo er steckt?«
»Nein.«
Seawright sah den Gerichtsdiener an. »Holen Sie Ms. Karros.«
Als Ms. Karros ohne ihr Gefolge erschien, setzten sie und David sich mit dem Richter am Ende eines langen Konferenztisches zusammen. David erzählte ihnen alles, was er wusste, und ließ auch Wallys heikles Verhältnis zum Alkohol nicht aus. Beide zeigten sich mitfühlend und wussten nicht so recht, was das für das Verfahren bedeutete. David gab zu, dass er sich überhaupt nicht qualifiziert fühle und keine Ahnung habe, was zu tun sei, sich andererseits aber auch nicht vorstellen könne, dass die Kanzlei das gesamte Verfahren noch einmal von vorne aufrollen werde.
»Tatsache ist, dass wir nicht viel in der Hand haben«, sagte er rundheraus, »das wussten wir von Anfang an. Wir haben das Verfahren vorangetrieben, soweit es möglich war, und auch das nur, weil wir Sanktionen und eine Klage wegen Verletzung der Anwaltspflichten vermeiden wollten.«
»Sie wollen einen Aufschub?«, fragte der Richter.
»Ja. Ich denke, dass ist in Anbetracht der Umstände nur fair.«
»Meine Mandantin wird sich gegen jegliche Verzögerung zur Wehr setzen und meines Erachtens alles tun, um dieses Verfahren zu Ende bringen«, erklärte Ms. Karros.
»Ich glaube nicht, dass ein Aufschub etwas bringt«, sagte der Richter. »Wenn Mr. Figg wieder trinkt, und zwar so viel, dass er nicht zur Verhandlung erscheint, könnte es eine Weile dauern, bis er wieder nüchtern und einsatzbereit ist. Ich kann Ihnen keinen Aufschub gewähren.«
Gegen diese Logik hatte David nur einen Einwand. »Euer Ehren, ich habe keine Ahnung, was in der Verhandlung zu tun ist. Ich habe noch nie einen Prozess geführt.«
»Mr. Figg schien mir auch keine große Erfahrung zu besitzen. So gut wie er können Sie das mit Sicherheit auch.«
Es trat eine lange Pause ein, während alle drei über dieses höchst ungewöhnliche Dilemma nachdachten.
»Ich habe einen Vorschlag«, sagte Ms. Karros schließlich. »Wenn Sie die Verhandlung zu Ende führen, sorge ich dafür, dass meine Mandantin von Sanktionen gemäß Prozessordnungsvorschrift 11 absieht.«
Richter Seawright schloss sich ihr an. »Mr. Zinc, wenn Sie das Verfahren zum Abschluss führen, sichere ich Ihnen zu, dass es keine Sanktionen gegen Sie oder Ihre Mandantin geben wird.«
»Schön, aber was ist mit der Klage wegen Verletzung der Anwaltspflichten?«
Ms. Karros sagte nichts, doch der Richter beruhigte ihn. »Ich glaube nicht, dass Sie diesbezüglich etwas zu befürchten haben. Ich habe noch nie von einer erfolgreichen Klage wegen Verletzung der Anwaltspflichten gehört, nur weil ein Anwalt einen Prozess verloren hat.«
»Ich auch nicht«, stimmte ihm Ms. Karros bei. »Bei jedem Prozess gibt es Gewinner und Verlierer.«
Natürlich, dachte David. Es musste schön sein, immer zu gewinnen.
»Dann gehen wir wie folgt vor«, sagte der Richter. »Wir legen heute eine Verhandlungspause ein – ich
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