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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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wiederholte David dramatisch und sah die Geschworenen an. Mehrere von ihnen wirkten durchaus interessiert. Nach ein paar Sekunden sprach er weiter. »Varrick erzielt also zweiundachtzig Prozent seines Umsatzes in den Vereinigten Staaten, testet aber seine Medikamente in Ländern wie Nicaragua, Kambodscha und der Mongolei. Warum, Dr. Ulander?«
    »Das ist sehr einfach, Mr. Zinc. Das gesetzgeberische Umfeld in diesem Land behindert die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente, Geräte und Verfahren.«
    »Reizend. Die Regierung ist also dafür verantwortlich, dass Sie Ihre Medikamente routinemäßig an Menschen in fernen Ländern erproben?«
    Ms. Karros hatte sich wieder erhoben. »Einspruch. Das ist eine verzerrte Wiedergabe der Aussage des Zeugen.«
    »Abgelehnt. Die Geschworenen haben gehört, was der Zeuge gesagt hat. Fahren Sie fort, Mr. Zinc.«
    »Danke. Sie dürfen die Frage beantworten, Dr. Ulander.«
    »Entschuldigen Sie, wie war die Frage?«
    »Sagen Sie aus, dass Ihr Unternehmen seine klinischen Studien in anderen Ländern durchführt, weil es hier zu viele gesetzliche Vorschriften gibt?«
    »Ja, das ist der Grund.«
    »Ist es nicht vielmehr so, dass Varrick seine Medikamente in Entwicklungsländern testet, weil dort keine rechtlichen Folgen drohen, wenn Probleme auftreten?«
    »Keineswegs.«
    »Ist es nicht so, dass Varrick seine Medikamente in Entwicklungsländern testet, weil sich dort viel leichter menschliche Versuchskaninchen finden lassen, die dringend Geld brauchen?«
    Die Anwaltsmeute hinter Davids linker Schulter geriet in Aufruhr. Ms. Karros sprang auf und wurde energisch. »Einspruch, Euer Ehren.«
    Richter Seawright, der sich auf die Ellbogen gestützt und vorgebeugt hatte, blieb ruhig. »Begründen Sie Ihren Einspruch.«
    Zum ersten Mal rang Nadine Karros nach Worten. »Zunächst einmal erhebe ich Einspruch gegen die Art der Befragung wegen Irrelevanz. Wie meine Mandantin bei anderen Medikamenten verfahrt, ist für diese Sache nicht von Belang.«
    »Diesen Einspruch habe ich bereits abgelehnt, Ms. Karros.«
    »Dann erhebe ich Einspruch gegen die Verwendung des Ausdrucks ›menschliches Versuchskaninchen‹.«
    Gegen den Ausdruck ließen sich natürlich Einwände erheben, andererseits war er allgemein gebräuchlich und schien die Situation angemessen zu beschreiben. Richter Seawright überlegte eine Weile, während ihn der gesamte Saal nicht aus den Augen ließ. David warf einen Seitenblick auf die Geschworenen, von denen einige belustigt wirkten.
    »Abgelehnt. Fahren Sie fort, Mr. Zinc.«
    »Waren Sie im Jahr 1998 für die Forschung von Varrick zuständig?«
    »Ja, wie gesagt, bin ich seit zweiundzwanzig Jahren dafür verantwortlich«, erwiderte Dr. Ulander.
    »Danke. Führte Varrick 1998 klinische Studien für ein Medikament namens Amoxoline durch?«
    Ulander warf einen verstörten Blick zum Anwaltstisch, wo verschiedene Varrick-Vertreter ebenfalls in Panik zu geraten schienen. Ms. Karros sprang erneut auf. »Einspruch!«, forderte sie nachdrücklich. »Das Medikament ist für die Sache belanglos. Seine Geschichte ist völlig irrelevant.«
    »Mr. Zinc?«
    »Das Medikament hat eine hässliche Geschichte, Euer Ehren, ich kann mir gut vorstellen, dass Varrick nicht darüber sprechen möchte.«
    »Und warum sollten andere Medikamente hier zur Sprache kommen, Mr. Zinc?«
    »Ich hatte den Eindruck, dass der Zeuge den Ruf des Unternehmens ins Spiel gebracht hat. Während seiner vierundsechzigminütigen Aussage gab er sich große Mühe, die Geschworenen davon zu überzeugen, dass das Unternehmen viel Wert auf sichere Prüfverfahren legt. Warum sollte ich das nicht hinterfragen können? Das scheint mir ein relevanter Punkt zu sein, für den sich auch die Geschworenen sehr interessieren dürften.«
    »Bei diesem Verfahren geht es um ein Medikament namens Krayoxx«, konterte Nadine eilig, »und um sonst nichts. Alles andere ist ein Fischen im Trüben.«
    »Aber wie Mr. Zinc ganz richtig sagte, haben Sie selbst den Ruf des Unternehmens ins Spiel gebracht, Ms. Karros. Das hat niemand von Ihnen verlangt, doch jetzt ist die Tür offen. Einspruch abgelehnt. Fahren Sie fort, Mr. Zinc.«
    Die Tür stand tatsächlich weit offen, und Varricks Vergangenheit bot mehr als eine Angriffsfläche. David wusste selbst nicht recht, wie ihm geschah, aber er genoss den Augenblick. Seine Selbstzweifel waren verflogen. Keine Spur mehr von der nagenden Furcht. Er war wieder auf die Beine gekommen und punktete –

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