Verteidigung
Zinc, der bis vor Kurzem bei Rogan Rothberg angestellt war. Ich habe einen Freund angerufen, der dort arbeitet. Er sagt, Zinc sei vor zehn Tagen durchgedreht, habe bei RR gekündigt und sei dann irgendwie bei FF gelandet. Keine Prozesserfahrung, schätze mal, er ist an der richtigen Adresse gelandet.«
Richter Seawright: »Wir sollten diesen Fall genau im Auge behalten.«
Der Referendar: »Wie immer.«
Der Hauptsitz von Varrick Labs war in einem außergewöhnlichen Gebäudeensemble aus Glas und Stahl untergebracht, der in einem Wald in der Nähe von Montville, New Jersey, lag. Der Komplex war von einem ehemals bekannten Architekten entworfen worden, der sich irgendwann davon distanziert hatte. Er wurde gelegentlich als gewagt und futuristisch gelobt, viel öfter jedoch mit Worten wie düster, scheußlich, bunkerähnlich, Sowjet-Stil und ähnlich unfreundlichen Bezeichnungen verunglimpft. In vielerlei Hinsicht ähnelte er einer Festung, umgeben von Bäumen, weit entfernt von Autoverkehr und Menschenmassen und gut geschützt. Da Varrick so oft verklagt wurde, passte die Architektur irgendwie. Das Unternehmen duckte sich im Schutz der Wälder und machte sich auf den nächsten Angriff gefasst.
Der CEO des Unternehmens war Reuben Massey, der schon seit vielen Jahren an der Spitze von Varrick stand und die Firma durch turbulente Zeiten geführt hatte, stets mit beeindruckenden Gewinnen. Varrick wurde andauernd mit Sammelklagen überzogen, und während andere Pharmaunternehmen unter den Klagewellen schrumpften oder pleitegingen, schaffte es Massey, die Aktionäre bei Laune zu halten. Er wusste, wann er kämpfen musste, wann er einen Vergleich schließen musste, wie man einen vorteilhaften Vergleich aushandelte und wie man die Gier der Anwälte ausnutzte, um dem Unternehmen sehr viel Geld zu sparen. Unter seiner Führung hatte Varrick einige Vergleiche überlebt: erstens vierhundert Millionen Dollar für eine Gebisshaftcreme, die Zinkvergiftungen verursachte, zweitens vierhundertfünfzig Millionen Dollar für einen Stuhlweichmacher, der die gegenteilige Wirkung hatte und zu Verstopfungen führte, drittens siebenhundert Millionen Dollar für einen Blutverdünner, der manche Leber schädigte, viertens 1,2 Milliarden Dollar für ein Migränemittel, das angeblich Bluthochdruck verursachte, fünftens 2,2 Milliarden Dollar für ein Medikament gegen Bluthochdruck, das angeblich Migräneanfälle verursachte, sechstens 2,3 Milliarden Dollar für ein Schmerzmittel, das zu sofortiger Abhängigkeit führte, und siebtens 3 Milliarden Dollar – die höchste Summe – für einen Appetitzügler, der blind machte.
Es war eine lange, traurige Liste, und in den Augen der Öffentlichkeit hatte Varrick Labs teuer bezahlen müssen. Doch Reuben Massey erinnerte seine Mitarbeiter stets an die unzähligen innovativen und wirksamen Medikamente, die sie entwickelt hatten und weltweit verkauften. Worüber er nicht sprach – jedenfalls nicht außerhalb der Vorstandsetage –, war die Tatsache, dass Varrick mit jedem Medikament, das die Klägeranwälte ins Visier genommen hatten, Gewinn gemacht hatte. Bis jetzt hatte das Unternehmen noch jede Schlacht gewonnen, aber bei Krayoxx würde es vielleicht anders sein. Inzwischen gab es vier Klagen – die erste war in Fort Lauderdale eingereicht worden, die zweite in Chicago, dazu kamen zwei neue Klagen in Texas und Brooklyn. Massey beobachtete genau, was die auf Sammelklagen spezialisierten Kanzleien anstellten. Er traf sich jeden Tag mit seinen Firmenanwälten, informierte sich über die Klagen, las juristische Fachzeitschriften, Rundschreiben und Blogs und redete mit den Anwälten anderer großer Unternehmen. Eines der aufschlussreichsten Signale für einen nahenden Krieg waren Fernsehspots. Wenn Anwälte anfingen, sämtliche Kanäle mit billig gemachten Filmchen zu verstopfen, in denen sie den Zuschauern schnellen Reichtum versprachen, wusste Massey, dass Varrick die nächste teure Auseinandersetzung bevorstand.
Überall wurden Anzeigen geschaltet, in denen nach Opfern von Krayoxx gesucht wurde. Der Ansturm hatte begonnen.
Bei einigen von Varricks unter Beschuss geratenen Produkten hatte Massey sich Sorgen gemacht. Die Migränepille war ein Reinfall gewesen, und er hätte sich immer noch dafür ohrfeigen können, dass er sie durch die klinischen Studien und die Zulassungsverfahren gepeitscht hatte. Der Blutverdünner hätte ihn fast den Job gekostet. Doch bei Krayoxx hatte er nie Zweifel
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