Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)
lang. Wichtig: Morgens soll der Strip noch vor dem Zähneputzen drauf. Vor dem Zähneputzen? Wie unlogisch. Ich entschließe mich aber dennoch, die Anweisungen minutiös zu befolgen.
Einfach ist die Applikation der Strips nicht. Die Dinger sind vorgestanzt wie ein Aufkleber. Man muss die kleine, labbrige Folie mit dem Wasserstoffperoxidgel aus der Umrahmung lösen, dann auf die Zähne legen und nach hinten umklappen. Das Ganze ist in etwa so stabil und griffig wie Milchhaut mit Uhu drauf.
Sind die Strips endlich im Mund, fühlt man sich wie Marlon Brando in
Der Pate
. Mit Wattebäuschen in den Backen spielte er den Vito Corleone.
Allerdings sollten Sie in unserem Fall keine Sachen sagen wie «Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann», sondern am besten die Klappe halten, sonst verrutschen die Strips. Speichel zu produzieren ist auch wenig hilfreich. Sie werden allerdings feststellen, dass man ausgerechnet immer dann am meisten Speichel produziert, wenn man sich das Gegenteil vornimmt. Dem ungeübten Bleacher können noch mehr Fehler unterlaufen. Es werden nämlich nicht etwa die kompletten Zahnreihen von den Strips abgedeckt, sondern nur die vorderen Zähne, die man beim Lächeln sieht. Man hat also pro Strip jede Menge Ausschuss, vor allem bei den Unterkiefer-Streifen, wo man etwa die Hälfte wegschmeißt. Davon aber kein Wort in der Anleitung.
Hier zeigt sich der so häufig beschworene Mentalitätsunterschied zwischen Deutschen und Amerikanern. Die Bleaching-Strips sollen nur die Lächelzähne weißen. Jenseits des Atlantiks interessiert es nämlich kein Schwein, wie Ihre Prämolaren und Molaren aussehen, Hauptsache, Sie legen ein blendend weißes Fotolächeln hin. Ich in meiner deutscheffizienten Art kam bei meinem ersten Home-Bleaching auf die Idee, mir auch die eigentlich wegzuwerfenden Ausschuss-Rahmungen auf die Unterkiefer-Zähne zu pappen. Die Folge: zusammengeklumpte Milchhautfolie im Mund, verriebener Wasserstoff-Uhu und jede Menge verbotener Speichelfluss.
Das zunächst unbedeutend erscheinende Detail, den Morgen-Strip
vor
dem Zähneputzen einzusetzen, erweist sich als logistische Herausforderung. Denn morgens brauche ich ja erst mal Espresso, danach mein Müsli, und dann muss ich zur Arbeit. Da zählt jede Minute, 30 davon habe ich nicht übrig. Einzige Möglichkeit: rein mit den Dingern und los. Prinzipiell kein Problem, auf dem Rad rede ich ja sowieso mit niemandem, außer wenn ich mal wieder einen Autofahrer anschreien muss – zum Glück ist da genaue Artikulation nicht entscheidend. Nur am Ziel wird’s heikel: Schließlich müssen die Dinger auch wieder raus, und Zähneputzen muss ich auch noch. Wie stellt man das nur möglichst unauffällig an?
Die Strips ziehe ich mit einem Taschentuch schon auf der Straße raus, im Büro stürme ich direkt aufs Klo. Dort schließe ich mich in der Kabine ein und hole die Zahnbürste raus. Die Putzgeräusche übertöne ich mit permanentem Ziehen der Klospülung. Das geht zehn Tage lang gut. Doch dann erwischt mich eine Kollegin auf dem Flur mit Zahnbürste und Zahnpastatube in meiner hinteren Hosentasche und stellt mich zur Rede: «Putzt du dir denn nicht zu Hause die Zähne?» (Ungläubiges Gesicht.) «Doch, eigentlich schon, aber manchmal bin ich einfach sehr spät dran», lüge ich. (Noch ungläubigeres Gesicht. Pause.)
«Hm, das finde ich jetzt aber schon etwas strange.»
Ich sage nichts mehr, weil sie ja eigentlich recht hat, und gehe schnell auf meinen Platz zurück.
Zum Glück ist der Abend-Strip weitaus weniger heikel. Dass meiner Freundin allerdings gar nicht auffällt, dass ich ihr nur noch sehr einsilbig antworte, gibt mir etwas zu denken. Dafür bemerkt sie aber ein paar Tage später, dass mein Lächeln wieder schneeweiß ist.
«Bleachen beeinträchtigt den Zahnschmelz.»
Dr. Hans-Werner Bertelsen, Zahnarzt in Bremen, klärt auf über Zahnbleaching beim Arzt und zu Hause.
Mit zunehmendem Alter werden die Zähne dunkler, weil Abbauprodukte aus unserem Blutfarbstoff, dem Hämoglobin, in der Zahnsubstanz eingelagert werden. Auch Medikamente, beispielsweise Antibiotika, können die Zähne verdunkeln. Ernährung und Lebensstil spielen ebenfalls eine Rolle. Schwarzer Tee und Kaffee sind Klassiker, Zigaretten natürlich auch. Daneben können viele andere Gemüsesorten für harmlose Verfärbungen sorgen.
Bevor man sich zum Bleachen entschließt, sollte man sich erkundigen, ob es überhaupt ratsam ist oder ob eine einfache
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