Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)
Grippe auch Medikamente gegen die Viren. Gegen einen Teil der Influenzaviren gibt es jedes Jahr einen den saisonalen Erregern angepassten Impfstoff.
JENS LUBBADEH
Nase voll
Nasenduschen ist nicht jedermanns Sache. Aber es liefert auf jeden Fall sichtbare Resultate.
Hannah pflegt morgens ein seltsames Ritual. Schlaftrunken schlurft sie in ihrem gestreiften Schlafanzug ins Bad, öffnet den Schrank und holt einen Plastikapparat heraus, der aussieht wie das Magazin einer Kalaschnikow. Dann reißt sie ein Tütchen mit weißem Pulver auf, schüttet es in den Apparat, füllt ihn mit warmem Wasser, schüttelt, setzt ihn an ihr Nasenloch und – drückt ab.
Man würde der gutaussehenden, zierlichen Endzwanzigerin nicht ansehen, dass sie eine regelmäßige Nasenduscherin ist. Doch wo andere zuallererst die Zähne putzen oder duschen würden, hat für Hannah das Riechorgan Priorität. Ob auf Partys, im Büro oder im Restaurant – gerne und ausgiebig erläutert sie einem die Vorteile der etwas befremdlich anmutenden Prozedur. Es dauert dann auch nicht lange, bis sie von ihrer Praktikumszeit in China berichtet. In den smoggeplagten Metropolen brachte die Nasendusche offenbar besonders üppige und farbenfrohe Resultate hervor. Überhaupt scheint dies die Faszination auszumachen: Eine Pille schmeißt man oben ein in den Körper-Glücksspielautomaten und hofft, dass etwas passiert. Die Nasendusche ist eine ehrliche Sache: Man kriegt immer was raus. Vielleicht ist das der Grund, warum manche regelrecht süchtig nach der allmorgendlichen Rüsselreinigung werden, wie Ärzte berichten.
Dieses befreiende Gefühl, es sei kaum zu beschreiben, sagt Hannah. Meine Freundin hat sie schon überzeugt: Sie nasenduscht jetzt regelmäßig mit Wasser und Salz. Und HNO -Experten geben ihr recht: Im Winter spült die Nasendusche fiese Viren weg, im Sommer böse Pollen.
Somit wäre sie für mich eigentlich tägliche Pflichtübung. Denn wegen meiner Nase habe ich ständig Stress. Von März bis Oktober ist sie mit Pollen beschäftigt, von November bis Februar mit Hausstaubmilbenkot. Vor zehn Jahren erreichte das Ganze eine neue Eskalationsstufe. Durch mein linkes Nasenloch drang nur noch zeitweilig Luft in die Gruft. Diagnose: Nasenseptumdeviation, Verkrümmung der Scheidewand. Die OP war blutig und hässlich. Falls Sie das gleiche Problem haben – überlegen Sie sich das mit dem Eingriff gut. Der Typ schneidet Ihnen die Scheidewand raus, versucht sie dann mit einer Art Koteletthammer flachzukloppen, was in etwa so einfach sein dürfte, wie einen Calamari-Ring geradezubiegen – und näht sie Ihnen dann wieder ein. Dann kriegen Sie noch Stützen drangepappt und Tampons in Ihre Nasenlöcher geschoben, die gefühlt bis zur Großhirnrinde reichen. Sie werden bei der Nachtschwester um Schmerztabletten winseln wie ein Heroinjunkie auf Entzug.
Als ich das durchgestanden hatte, herrschte in meiner Nase erst einmal Frieden, und jeder Atemzug war ein Genuss. Aber mein HNO -Arzt warnte mich, dass die Freude über mein wiedergewonnenes zweites Nasenloch nur von kurzer Dauer wäre, wenn ich nicht jeden Morgen eine Nasendusche machen würde. Bei meiner Nasennebenhöhlenanatomie erinnert das eher an Autowäsche mit dem Kärcher Hochdruckstrahler. Ganz zu schweigen von der Geräuschkulisse. Eigentlich kann ich das nur machen, wenn ich allein in der Wohnung und sicher bin, dass auch die Nachbarn aus dem Haus sind. Als Minimalvariante empfahl er mir, wenigstens täglich kaltes Wasser in die Handflächen zu nehmen, den Rüssel reinzuhalten und das Ganze hochzusaugen – als «Abschreckung», so seine Worte.
Das tue ich tatsächlich bis heute jeden Morgen und habe lange meine Freundin als Nasenwarmduscherin verspottet. Heute weiß ich, dass kaltes Wasser nicht gut für die Nase ist. Immerhin: Mein linkes Nasenloch ist nicht wieder zugewuchert. Dann kann ich ja jetzt auch endlich warmduschen.
Pollenallergiker sollten regelmäßig nasenduschen.
Professor Werner Hosemann an der Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten in Greifswald klärt auf über Nasenduschen.
Experten empfehlen Nasenduschen, um zähflüssigen Schleim, Dreck, Pollen und Krankheitserreger wegzuspülen. Pollenallergiker können sich in den Hauptbelastungszeiten mit regelmäßigen Nasenduschen Linderung verschaffen. Ebenso wurde in großen Studien erwiesen, dass regelmäßiges Nasenduschen bei Erkältung oder chronischer Entzündung der Nasenschleimhaut und der Nebenhöhlen die Symptome
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