Vertrau mir, Tara
die sie in Wirklichkeit nie von ihm hören würde.
Jeden Morgen beim Aufwachen wurde ihr bewusst, dass sie geweint hatte. Als es im Haus nichts mehr zu tun gab, fuhr sie mit der
Naiad
den Fluss hinunter, um vielleicht zum letzten Mal die Ruhe und Stille zu genießen und ihre Lieblingsplätze aufzusuchen.
Wie ihre Eltern auf Adams Pläne reagierten, konnte sie nicht sagen. Vielleicht entschlossen sie sich doch, das Haus möglichst rasch zu verkaufen, um keinen Verlust zu machen.
Sie legte sogar im Jachthafen an und ertappte sich dabei, dass sie die
Caroline
unter all den vielen Booten suchte. An der Bar bestellte sie sich einen Drink und unterhielt sich mit den Leuten, die sie kannte. Doch während sie mit den anderen lachte und scherzte, hielt sie immer wieder Ausschau nach Adams großer Gestalt.
So kann es nicht weitergehen, das darf ich nicht zulassen, ermahnte sie sich schließlich. Urlaub war wohl nichts für sie, noch nicht einmal ein Arbeitsurlaub. Am besten breche ich ihn ab und kehre in meine eigene Wirklichkeit und ins Büro zurück, wo ich mich um Probleme kümmern muss, die ich auch lösen kann, überlegte sie auf der Rückfahrt.
Was hatte sie hier schon erlebt? Sie hatte einen Mann kennengelernt, zu dem sie sich hingezogen fühlte und der anderweitig gebunden war. Eine Geschichte, die so alt war wie die Welt.
Er war auch kein geheimnisvoller Fremder, den das Schicksal für sie bestimmt hatte. Nein, er war aus ganz profanen Gründen hier, es ging ihm nur ums Geschäft. Sie brauchte sich keine Illusionen zu machen.
Okay, ich fahre nach London zurück, nahm sie sich vor. Das Wetter änderte sich sowieso, wie sie feststellte, als sie die Wolken betrachtete, die im Westen aufzogen. Bald würde es regnen.
“Während du draußen bist, packe ich alles zusammen”, sagte sie im Haus zu Melusine und drängte die Katze hinaus, die lustlos herumschlich.
Als sie eine halbe Stunde später den Kühlschrank ausräumte, fiel ihr plötzlich ein, dass Melusine sich noch nicht wieder gemeldet hatte. Vielleicht war sie beleidigt und saß bei dem Regen unter dem Auto. Tara eilte mit dem Karton mit den restlichen Lebensmitteln durch die Hintertür.
“Mel”, rief sie, “mach jetzt kein Theater.”
Dann stutzte sie. Irgendetwas stimmte hier nicht. Das Auto sah anders aus, es war auf einmal viel niedriger. Sie stellte den Karton ab und ging langsam auf den Wagen zu. Dabei zitterte sie am ganzen Körper. Sie konnte kaum glauben, was sie da sah, und ihr war klar, dass sie an diesem Tag nicht nach London fahren würde.
Jemand hatte alle vier Reifen zerstochen und so zugerichtet, dass man sie nicht reparieren konnte.
Tara schlang die Arme um sich und versuchte, nicht in Panik zu geraten. Erst hatte man versucht, bei ihr einzubrechen, und jetzt das. Was passierte hier eigentlich?
Das war bestimmt kein Zufall. Hier kam nur selten jemand vorbei. Das hatte jemand absichtlich und aus Rache getan, jemand, der genau wusste, dass sie allein im Haus war. Tara fühlte sich ganz elend.
Aber wo war Melusine? Sie war nirgends zu sehen. Tara suchte sie überall und rief sie. Der Fluss, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Sie hatte das schreckliche Bild schon vor Augen, dass die Katze hilflos im Wasser trieb, und fing an zu laufen.
Und dann hörte sie ein Geräusch wie von zerbrechendem Glas. Unvermittelt blieb sie stehen. Es kam von
Dean’s Mooring
. Waren etwa doch Vandalen am Werk?
Nicht, wenn ich es verhindern kann, sagte sie sich entschlossen und eilte mutig zum Nachbarhaus. Die Haustür stand offen, und Tara trat sie mit dem Fuß noch weiter auf.
“Ich weiß, dass jemand hier ist”, rief sie. “Die Polizei ist bereits unterwegs.”
“Wunderbar”, ertönte auf einmal eine ihr vertraute Stimme. “Was werfen Sie mir denn jetzt schon wieder vor?”
Adam erschien in der Eingangshalle, gefolgt von Melusine.
“Sie?”, stieß Tara heiser hervor.
“Ja.” Er stützte die Hände in die Hüften und blickte Tara herausfordernd an. “Wen hatten Sie denn sonst erwartet?”
“Ich wusste nicht, was los war. Es klang nach zerbrechendem Glas …”
Er nickte, ohne eine Miene zu verziehen. “Ich habe versucht, das Küchenfenster zu öffnen, und die Scheibe fiel heraus.”
“Aber wo ist die
Caroline?”
“Welche? Die Richtige oder die Jacht?” Sekundenlang beobachtete er, wie Tara auf die Bemerkung reagierte, ehe er hinzufügte: “Egal, sie sind beide woanders. Ich bin mit dem Auto gekommen.”
“Sie
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