Vertrau mir
ich unvernünftig bin. Oh, halt, nein, das nehme ich zurück. Immerhin besaß ich die Unvernunft, mich mit dir einzulassen.«
Maike musste erkennen, dass sie mit ihrer Vermutung eben ganz falsch lag. Anna wollte keine Entschuldigung von ihr hören. Anna wollte, dass sie ging. Sie war nicht bereit, ihr zu vergeben. Mal abgesehen davon, dachte Maike, dass sie ja gar nichts getan hatte. Aber das Anna zu erklären, würde ihr nicht gelingen. Die blockte immer noch völlig ab. Dennoch versuchte Maike es.
»Anna, du musst mir glauben. Es war alles reiner Zufall. Hätte ich geplant, deine Gefühle zu manipulieren, um dich für meine Zwecke zu gewinnen, hätte ich es dann nicht geschickter angefangen?«
»Du hieltest es sicher für geschickt, bis dir aufging, dass ich dich durchschaut habe.«
»Das ist Blödsinn.« Maike schüttelte den Kopf. Sie versuchte es noch einmal mit dem Argument, das sie bereits vor zwei Tagen benutzte. Vielleicht war Anna dem jetzt ja zugänglicher. »Nur mal angenommen, es wäre so, wie du sagst, warum bin ich dann hier? Dann hätte ich ja alles, was ich wollte. Fall gelöst, Beförderung in Aussicht, alles schön. Dem ist aber nicht so.«
»Auch wenn du es noch so oft abstreitest: Ich glaube dir nicht.« Anna hielt beharrlich an ihrer Meinung fest.
»Okay, dann lass uns zu Wallbach fahren. Er wird dir bestätigen, dass ich vor seinem Anruf nicht wusste, wo Claudia war. Und ergo konnte ich auch nicht planen, dich zu überreden, mit ins Krankenhaus zu kommen. Ich war doch von dem Fall längst abgezogen. Oder denkst du, das habe ich dir auch nur vorgespielt?«
Anna war die Diskussion leid. Was brachte das? Sie wollte darüber nicht mehr reden. »Ich will einfach nur endlich meine Ruhe. Warum verschwindest du nicht aus meinem Leben?« erwiderte sie kraftlos.
»Du kannst mich doch nicht wegschicken, nur aufgrund eines so dummen Verdachtes. Was ist, wenn du dich irrst? Was ist, wenn ich dich nicht anlüge? Schon mal daran gedacht?«
Nein, bisher nicht. Aber Maikes anhaltende Beharrlichkeit verunsicherte Anna nun doch etwas. Natürlich Anna. Das war es ja, was Maike erreichen wollte. Sie musste sich zusammenreißen. Sonst entschuldigte sie sich am Ende noch bei Maike. »Ich kann. Ich tue es gerade. Bitte geh.«
»Wie kann man nur so stur sein«, rief Maike wütend. »Warum tust du das? Warum machst du kaputt, was gerade erst begonnen hat? Hast du Angst? Dann rede mit mir. Sag, was los ist!«
»Es ist nichts anderes los, als dass ich allein sein möchte. Ist das so schwer zu verstehen?«
Maike schüttelte resigniert den Kopf, drehte sich um und ging. Anna hörte die Tür ihres Wagens zuschlagen, dann das Geräusch des Motors. Maike fuhr weg.
Mit einem Mal fühlte Anna sich sehr müde. Diese erneute Auseinandersetzung hatte sie aller Energie beraubt. Doch was viel schlimmer war, sie ließ sie zweifeln, ob ihr Vorwurf gegenüber Maike wirklich berechtigt war. Es war ja immerhin möglich, dass es so war, wie Maike sagte. Oder schaffte diese es gerade, mit viel Geschicklichkeit und Psychologie, sie ein weiteres Mal zu manipulieren?
Anna wusste nicht mehr, was sie glauben sollte, war uneins mit sich selbst. Sie würde Maike ja gern glauben. Doch etwas in ihr verwehrte sich dagegen. Sie war schon einmal belogen und betrogen worden. Und das von einem Menschen, mit dem Anna weit mehr verband als mit Maike. Claudia und sie waren einmal beinah seelenverwandt gewesen. Sie lebten für die gleiche Sache, standen Seite an Seite im Kampf für Tierrechte. Als ihre Meinungen begannen auseinanderzudriften und als Claudia merkte, dass sie Anna nicht für ihre neuen Ziele gewinnen konnte, verriet sie diese. Wie konnte Anna da von Maike, deren Ansichten zu den Dingen den ihren absolut konträr gegenüberstanden und die sie nur kurze Zeit kannte, annehmen, dass die es ehrlich meinte? Zumal Maike sie von Anfang an nur benutzt hatte, um ihren Fall zu lösen. Das würde sie wohl kaum abstreiten.
Die Tatsache, dass Claudia und Maike sich in ihrem Wesen so glichen, machte es Anna schwer, einen eventuellen Irrtum als Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig war Anna klar, wenn sie Maike wirklich zu Unrecht beschuldigte, quälte sie nicht nur sich sinnlos, sondern auch Maike. In diesem Fall wäre es an der Zeit, eine Entschuldigung zustande zu bringen. Andererseits, wenn ihr Verdacht richtig, dagegen ihre Entschuldigung unangebracht war, würde sie es sich nie verzeihen, sich zum zweiten Mal von Maike so an
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