Vertrau mir
sogar ein wenig in sie verliebt war? Quatsch, Anna! Hör auf, dir was schönzureden! Und um sich endgültig vom Gegenteil zu überzeugen: Maike kann gut ohne dich sein. Das haben die letzten drei Tage deutlich bewiesen. »Mal ehrlich, Maike. Wir beide?! Das würde nie was werden. Wenn du nur ein wenig darüber nachdenkst, wird das auch dir klar. Wir sind wie Tag und Nacht, Feuer und Wasser, Hund und Katze. Such dir was aus. Wir passen nicht zusammen.«
Maike versuchte zu verstehen, warum Anna plötzlich so abweisend war. Sie entzog sich ihr völlig, ließ keine Berührung zu. Ein Eisblock war eine Wärmequelle im Vergleich zu ihr. Warum tat Anna, als wäre zwischen ihnen nicht mehr als diese eine Nacht? Warum tat sie, als wäre sie ihr gleichgültig? Maike nahm Anna nicht ab, wenn sie jetzt behauptete, sie sei nur einer Leidenschaft erlegen. Und die Tatsache, dass sie beide sehr verschieden waren, konnte man ebensogut zum Positiven auslegen. Annas Argument war völlig daneben.
Ihre Abwehr hatte andere Gründe. Und als jemand, der gewohnt war, aus den zur Verfügung stehenden Informationen zu kombinieren, war Maike auch klar, welche Gründe das waren und dass sie nicht ganz unschuldig an der entstandenen Situation war. Du hättest Anna ja auch einfach mal deutlich sagen können, wie du zu Frauen stehst. Nun war der denkbar ungünstigste Zeitpunkt dafür, denn das viel größere Problem war das zweite. Annas Misstrauen. Ein Misstrauen, drei Tage lang genährt von der Enttäuschung, vergessen worden zu sein wie ein ausgedienter Pantoffel. Ach was, vergessen – weggeschmissen! Maike hatte keine Ahnung, wie sie den Vorwurf der Berechnung aus dem Weg räumen sollte. Sie probierte es mit dem Naheliegendsten. »Da bin ich aber ganz anderer Meinung. Und dein Vorwurf ist völlig absurd. Wenn es so wäre, wie du sagst, wäre ich nämlich nicht hier. Dann hätte ich ja, was ich wollte. Ich hatte einfach keine Zeit, mich zu melden, das ist alles. Du ahnst ja nicht, was im Büro los war.«
»Nein, das ahne ich nicht. Und es interessiert mich auch gar nicht. Aber da es dir ja dort so gefällt, schlage ich vor, du gehst einfach wieder in dein geliebtes Büro, um dich weiter mit deiner Karriere zu beschäftigen.«
Maike sah ein, es hatte im Moment keinen Sinn, weiter mit Anna zu diskutieren. »Wie du meinst«, sagte sie gegen ihre innere Überzeugung und einzig und allein aus dem Grund, dass jeder Widerspruch sowieso an Anna abprallte. »Dann lassen wir es eben dabei. Ich werde dich ganz sicher nicht bedrängen.«
»Gut«, erwiderte Anna. Auch wenn sie es durchaus nicht gut fand. Warum machte Maike sich den weiten Weg, nur um diesen halbherzigen Widerspruch abzuliefern? Aber sie fühlte sich jetzt wahrscheinlich besser, weil sie ja alles versucht hatte. Wenigstens konnte sie sich das einreden und ihr schlechtes Gewissen damit beruhigen. Falls Maike überhaut eines hatte. Denn mehr war es ja wohl nicht, was sie hierher getrieben hatte. »Dann gibt es wohl nichts mehr zu sagen.«
»Nein, wohl nicht.« Maike wandte sich zum Gehen. Doch dann drehte sie sich wieder zu Anna um. »Nur eines noch, damit du es weißt. Ich mag dich.«
Ehe Anna darauf etwas erwidern konnte, war Maike draußen. Verwirrt sah Anna ihr nach.
Anna machte gerade eine Pause, um sich schnell etwas zum Mittag zu »kochen«, da klingelte das Telefon.
»Frau Ravensburg?« fragte eine männliche Stimme am anderen Ende.
»Ja.«
»Mein Name ist Pechstein, ich bin Reporter beim Marburger Kurier. Ich habe erfahren, dass Sie es waren, die der Polizei geholfen hat, die entführten Männer zu finden. Sie haben praktisch deren Leben gerettet. Wir wollen einen Artikel darüber bringen.«
Anna seufzte. »Davon kann ich Sie wohl kaum abhalten.« Sie wollte alles, was mit der Geschichte zu tun hatte, insbesondere Maike, vergessen.
»Ich würde gern ein Interview mit Ihnen machen.«
Anna stöhnte. Das fehlte ihr gerade noch. »Auf meine Mitwirkung müssen Sie dabei verzichten.«
»Unsere Zeitung wäre bereit, Ihnen ein gutes Honorar zu zahlen.«
Offenbar verkaufte sich die Story so hervorragend, dass die Zeitungen sie immer wieder aufnahmen. Und sogar noch Geld boten. Anna für ihren Teil war jedoch nicht an dem Presserummel interessiert. Auch wenn sie die finanzielle Unterstützung gut hätte gebrauchen können.
»Bedaure«, lehnte Anna erneut ab.
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Na, da kann man nichts machen.«
Der Artikel erschien dennoch in der nächsten
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