Vertrau mir
zusammentrafen, ließ Anna sie noch deutlich ihre Ablehnung spüren. Und Maike konnte nicht wissen, dass Anna dies später bereute.
Anna wiederum traute sich nicht so recht, den Anfang zu machen. Zwar war sie mittlerweile mehr als bereit, sich bei Maike zu entschuldigen, hatte aber trotz allem im Grunde alternativ zu ihrer Skepsis nicht viel zu bieten. Sie hatte immer noch Zweifel an sich selbst und an einer Beziehung mit Maike.
Warum hast du Maike dann mit in deine Küche geschleppt? Du hättest ja einfach grüßen und weiterfahren können. Oder ihr hättet draußen kurz sprechen können. Warum hast du Maike zum Frühstück eingeladen?
Anna füllte den fertigen Kaffee in die Thermoskanne, setzte sich Maike gegenüber. »Greif zu«, sagte sie und schenkte Kaffee ein.
Maike tat es. Während sie sich den Toast belegte, ertappte Anna sich bei dem Gedanken, wie es wäre, jeden Morgen so mit Maike beisammen zu sein, gemeinsam zu frühstücken, sich ihr nahe zu fühlen. Und eingedenk dieses Gefühls sicher den Tag zu bestreiten. Sicher, ja, das war das Stichwort. Sie wollte sich Maikes Gefühlen sicher sein. Doch gleichzeitig ahnte Anna, dass sie damit das Unmögliche verlangte. Und wieder gelangte sie an den Punkt, wo sie erkannte: Sie musste lernen, Maike zu vertrauen. Mehr noch, sie musste lernen, sich selbst zu vertrauen, ihrem Gefühl. Warum nicht jetzt damit anfangen? Maike war hier, und das sprach dafür, dass sie ihr immer noch etwas bedeutete. Sie musste diese Chance ergreifen. Es war vielleicht die letzte, die sich ihr bot.
»Wie geht es dir? Was macht die Arbeit?« fragte Anna, mit der Absicht, endlich ein Gespräch anzukurbeln.
Maike schaute schuldbewusst drein. »Ich weiß, was du denkst«, sagte sie.
Anna schalt sich innerlich. Was für ein ungeschickter Anfang. Natürlich klang diese Frage in Maikes Ohren wie ein weiterer Vorwurf in einer endlosen Reihe.
»Nein, nein, du irrst dich«, sagte Anna hastig und schüttelte den Kopf. »Das war kein Vorwurf, wirklich«, fügte sie beteuernd hinzu. »Ich wollte nur . . . ich frage wirklich aus Interesse, ohne Seitenhiebe.« Hilflos zuckte Anna mit den Schultern. »Ich glaube . . . nein, ich weiß . . . ich war wie zugenagelt. Aber jetzt habe ich das Brett vor meinem Kopf endlich demontiert.«
Maikes Gesicht drückte, wie nicht anders zu erwarten, Überraschung und Ungläubigkeit aus. Zurückhaltung war die Folge. Anna sah, wie es in ihrem Kopf arbeitete. »Sagst du mir gerade, dass du nicht auf mich sauer bist?« fragte Maike.
»Warum sollte ich sauer sein?«
»Weil ich in Wallbachs Team arbeite, was für dich meines Wissens nach gleichbedeutend damit ist, dass ich deine Gefühle verraten und für meine Karriere ausgenutzt habe«, erinnerte sie Maike.
Anna seufzte tief. »Ich verstehe durchaus, wenn du mir nicht glaubst, dass ich meine Meinung, was das betrifft, geändert habe. Aber wie gesagt: Ich hatte das sprichwörtliche Brett vor dem Kopf. Mir ist klar, ich verlange viel. Dennoch bitte ich dich, mir zu verzeihen.«
Maikes Verwirrung war komplett. »Natürlich verzeih ich dir.« Sie war bereit gewesen, sich noch einmal vor Anna auf die Knie zu werfen. Nun war Anna diejenige, welche Abbitte leistete. Was war passiert?
Anna lächelte Maike dankbar an. »Danke.« Wieder entstand Schweigen.
»Und was wird jetzt?« fragte Maike in die Stille.
Anna lächelte erneut, allerdings spiegelte sich diesmal deutliche Hilflosigkeit in ihrem Gesicht. »Ich weiß nicht.« Annas Augen blickten ernst. »Ich möchte gern mit dir zusammen sein, nur bin ich keineswegs sicher, ob es mir gelingt, mein ständiges Misstrauen zu besiegen. Aber ohne dem geht es nicht.«
Da traf Anna den Nagel auf den Kopf, dachte Maike. Und dass sie ihr immer noch nicht vertraute, verletzte sie. Trotzdem fragte Maike: »Was kann ich tun?«
Anna nahm Maikes Hand. »Du hast alles getan, was möglich war. Es ist an mir, etwas zu tun. Gibst du mir noch ein wenig Zeit?«
Habe ich eine Wahl? Ich liebe dich, du dumme Nuss , dachte Maike zärtlich . Anna stand auf, kam um den Tisch zu ihr, beugte sich hinunter. Ihre Lippen berührten sanft Maikes. »Willst du es mit mir versuchen?«
Maike stand auf, nahm Anna in die Arme. »Ist dir nicht aufgefallen, dass ich das schon die ganze Zeit tue?« fragte sie sanft. »Du weißt doch, ich habe einen ziemlichen Dickkopf. Wenn ich etwas will, dann gebe ich nicht so einfach auf.«
»Ja, Gott sei Dank für dieses Mal«, sagte Anna schmunzelnd.
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