Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vertrauen

Titel: Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
Vom Netzwerk:
unterzugehen. Er schrie: „Herr, rette mich!“ Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ (Mt 14,28-31) Solange Petrus auf Jesus schaut, vermag er über das Wasser zu gehen. Doch als er den heftigen Wind wahrnimmt, geht er unter. Was in dieser Geschichte erzählt wird, ist ein schönes Bild für die Überwindung der Angst: Solange wir auf unsere Probleme schauen, die uns bedrohen, auf den Wind, der uns entgegen bläst, auf die sich aufbauschenden Wogen, die uns umspülen, gehen wir unter. Wenn die Angst mich überfällt, darf ich mich nicht in sie hinein steigern. Sonst reißt sie mich in den Abgrund. Ich brauche einen festen Halt. Hier in dieser Geschichte ist der Blick auf Jesus dieser feste Halt. Ichkann vor meiner Angst nicht davon laufen. Ich muss sie wahrnehmen, aber ich soll mich nicht in sie hineinsteigern. Ich soll in meiner Angst auf den schauen, der mich in meiner Angst und meiner Verzweiflung annimmt. Nur der Blick auf Jesus lässt uns über das Wasser gehen. Den Blick auf ihn gerichtet bemerken wir gar nicht, dass wir keinen festen Boden unter den Füßen haben.
    Für viele Menschen heute ist Jesus zu fremd, zu weit weg, der Blick auf Jesus scheint ihnen kein Weg, ihre Angst zu überwinden. Sie beneiden Petrus, der von Jesus in seiner Angst aufgefangen wird. Aber sie selbst bleiben in ihre Angst verstrickt. Jesus nennt den Glauben einen festen Boden, auf dem wir stehen können. Glauben, das ist für jeden möglich. Glauben – das bedeutet nicht, dass ich die gesamte christliche Dogmatik verstehe und annehme, sondern dass ich mitten in meiner Angst dem traue, der mich aus meiner Angst zu befreien vermag. In jedem von uns ist so eine Ahnung, dass es etwas, oder besser: einen gibt, dem ich mich anvertrauen kann, der mich nicht allein lässt. Matthäus will uns in der Geschichte Jesu, der über das Wasser geht, zu diesem Glauben und Vertrauen einladen. Die Geschichte spricht in uns die Sehnsucht an, uns wie Petrus auf Jesus, auf Gott verlassen zu können. Und zugleich finden wir uns in Petrus wieder. In Petrus sehen wir unsere Sehnsucht nach einem festen Glauben und zugleich unsere Zweifel. Jesus nennt Petrus einen Kleingläubigen. Kein Mensch ist ganz ungläubig. Aber oft genug ist unser Glaube genauso klein wie der des Petrus. Da brauchen wir einen, der unseren Glauben stärkt. Im Matthäusevangelium geht es auch gar nicht um die Alternative Glaube und Unglaube. Die Alternative lautet: Kleinglaubeund fester Glaube. Matthäus schreibt sein Evangelium nicht, um Ungläubige zu bekehren, sondern um die, die nicht stark genug glauben, in ihrem Glauben zu festigen. Wenn wir uns von Jesus in unserem Glauben stärken lassen und wenn wir mit Petrus auf Jesus schauen, der uns mitten in den Wellen und Wogen unseres Lebens begegnet, dann trägt uns sogar das Wasser. Dann haben wir keine Angst, unterzugehen.
    Das, was in dieser Geschichte angesprochen wird, wird in Psalm 69 anschaulich geschildert: „Rette mich, o Gott! Das Wasser geht mir bis an die Kehle. Ich versinke im Schlamm des Abgrunds, es gibt keinen Halt mehr. Ich bin in Wassertiefen geraten, die Flut schlägt über mir zusammen. Erschöpft bin ich vom Rufen, es brennt mir die Kehle. Meine Augen ermatten, so lange schon harre ich meines Gottes.“ (Ps 69, 2-4) Es ist die Angst, keinen Grund mehr unter den Füßen zu haben, im Schlamm meines Lebens zu versinken.
    Für den Psalmisten sind die Hasser und Feinde der Sumpf, in dem er versinkt. Und so ruft er zum Herrn: „Entreiß mich dem Sumpf, damit ich nicht versinke, damit ich meinen Hassern entkomme, den Tiefen des Wassers, damit die Wasserflut nicht über mir zusammenschlägt, der Abgrund mich nicht verschlingt, damit nicht der Schacht über mir seinen Schlund schließt.“ (Ps 68,15 f) Gott ist für den Psalmisten der, der ihn aus den Wasserfluten zu erretten vermag. In Psalm 144 wird das gleiche Bild verwendet. Da bittet der Psalmist: „Streck von der Höhe deine Hände aus, errette mich und reiß mich heraus aus mächtigen Wassern, aus der Gewalt der Fremden, denn ihr Mund redet Lüge, und Meineid schwört ihre Rechte.“ (Ps 144,7 f) Hier sind Lüge undMeineid der Feinde wie ein Wasser, in dem der Beter zu versinken droht. Wer lügt, gegen den kann man nicht kämpfen. Man hat den Eindruck, in den Wasserfluten zu versinken, in einem Abgrund menschlicher Bosheit und Korruption.
    Matthäus kennt offensichtlich diese Angst vor

Weitere Kostenlose Bücher