Vertraute Schatten
beinahe umgebracht worden wäre, das brauchte er kein zweites Mal.
Du könntest abhauen
, flüsterte eine Stimme in ihm, eine, die schon für so manche Aktion in seinem Leben verantwortlich gewesen war.
Du könntest abhauen und alle Brücken hinter dir abbrechen. Sie wird schon damit klarkommen.
Aber er selbst würde nicht damit klarkommen – das war das Problem. Mit ihr fühlte er sich …
Tja, genau das war es, nicht wahr? Sie brachte ihn dazu, zu
fühlen
. Etwas, was ihm nicht mehr oft passierte. Und, wenn er ehrlich war, auch früher nicht oft passiert war.
Er war kein Dummkopf. Jahrhundertelang hatte er beobachtet, wie sich Leute ver- und entliebten. Er glaubte nicht an Liebe. Er glaubte an Lust und Leidenschaft, und davon hatten Ariane und er mehr als genug. Und er glaubte an die Macht des Greifbaren. Das war es, was Menschen zusammenhielt oder auseinandertrieb.
Mit der Verschmelzung ihrer Male hatten sie Tatsachen geschaffen. Zudem war klar, was er ihr bieten konnte. Er passte gut auf seine Schätze auf. Auch auf sie würde er aufpassen. Komplizierter brauchte man es gar nicht zu machen.
Der Gedanke beruhigte ihn, und die Spannung in seinen Schultern ließ nach. Wenn er eins konnte, dann Ariane verwöhnen. Vielleicht würde das nicht für immer so bleiben. Aber zumindest so lange, bis ihm etwas anderes einfiel, wie er sie halten konnte.
Mit frischem Schwung verließ Damien das Zimmer.
Vielleicht hatte er kein Herz, das er Ariane schenken konnte.
Aber alles andere gehörte ihr.
Ariane lauschte auf Damiens Stimme, die weit entfernt im Flur zu hören war. Sie lag wohlig in die Decke gekuschelt da, ihr Körper angenehm locker und warm. Sie konnte sich nicht erinnern, sich jemals so gut gefühlt zu haben. Egal wie oft sie sich vorgestellt hatte, wie es sein müsste, einen anderen Vampir zu beißen und von ihm gebissen zu werden, nichts davon hatte an die Wirklichkeit auch nur ansatzweise herangereicht.
Andererseits hätte sie sich einen Mann wie Damien auch gar nicht vorstellen können.
Sie drehte sich auf die Seite und strich sanft über das Mal, das, wie sie wusste, jetzt für immer verändert war. Interessant, sich auf diesem Weg ein für alle Mal von den Grigori abzusetzen. Sie würden sie niemals zurücknehmen, egal wie viel sich verändern mochte. Doch dieses Wissen tat überhaupt nicht weh. Sie war dort sowieso nie richtig akzeptiert gewesen. Abgesehen von Sam …
Bewusst wandte sie die Gedanken wieder ab von dem Mann, der sie verwandelt hatte. Er würde nicht gutheißen, was sie tat. Trotzdem war sie sich sicher, dass er eines Tages erkennen würde, was für ein guter Mann Damien war. Nicht der beste Mann, dachte sie lächelnd, aber ein guter.
Einer der vielen Gründe, warum sie sich in ihn verliebt hatte.
Als sie sich das durch den Kopf gehen ließ, erstarb ihr Lächeln.
In ihn verliebt.
Nicht dass sie das hinterfragte. Seine Anwesenheit war inzwischen so notwendig für sie wie das Atemholen. Aber wie empfand Damien das? Sie glaubte nicht, dass er sich leichtfertig auf sie eingelassen hatte. Was immer er auch war, eines war er jedenfalls nicht: unbesonnen. Aber ihr war nicht klar, was ihm ihre Verbindung bedeutete.
Er mochte sie, daran hatte sie keinen Zweifel. Doch dass er mehr für sie empfand, würde vielleicht ein bisschen dauern … vielleicht sogar ziemlich lange. Aber sie hatte Zeit, zumindest, wenn sie die nächsten Tage irgendwie überstand.
Ariane seufzte und drehte sich auf den Rücken. Sie hätte gern noch geschlafen, konnte ihr Gehirn jedoch einfach nicht abschalten. Worte drangen vom Flur an ihr Ohr. Hmm … Auftrag … Wagen … zwanzig Minuten.
Sie riss die Augen auf. Hoffentlich hatte sie sich verhört!
Er verließ sie? Jetzt schon?
Damien schlüpfte zurück ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Statt zu ihr ins Bett zu kommen, ging er zu seinem Koffer, zog einige Sachen heraus und legte sie in einem Stapel auf den Boden.
Ariane stützte sich auf den Ellbogen und beobachtete ihn. Er wirkte abwesend, abgelenkt. Kein gutes Zeichen, zumal er vor dem Anruf völlig normal gewesen war. Nachdem ihr klar geworden war, dass er tief in Gedanken versunken war, brach sie schließlich das Schweigen.
»Wie es aussieht, kommst du nicht ins Bett zurück.«
Damien riss den Kopf hoch und starrte sie an, und einen Moment lang sah sie die Anspannung, die sich auf seinem Gesicht abzeichnete. Aber sie verschwand so schnell, wie sie gekommen war, und wich einem lässigen
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