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Vertraute Schatten

Vertraute Schatten

Titel: Vertraute Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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hätte. Je länger sie sich gegenseitig anschauten, desto unbehaglicher fühlte sich Damien in seiner Haut. Er hatte den Eindruck, als taxiere sie ihn, als beurteile sie ihn nach einem ihm unbegreiflichen Maßstab. Die Intensität, mit der sie sich auf ihn konzentrierte, war ihm so angenehm wie eine Streicheleinheit. Zu seinem Entsetzen hätte er beinahe versehentlich geschnurrt. Aber er schnurrte nicht, für niemanden.
Für niemanden
. Und schon gar nicht für so etwas Billiges wie ein wenig Aufmerksamkeit.
    Schließlich gab sie seufzend nach. »Einmal Ihre Augen. Die Pupillen verändern sich im Licht auf besondere Weise. Sie ähneln denen einer Katze, wenn man genau hinschaut. Vor allem aber war es die Art, wie Sie sich bewegen. Ich habe darüber gelesen, aber die Worte werden Ihnen nicht gerecht.«
    Er runzelte die Stirn, überrascht von der Ehrlichkeit ihrer Antwort. »Ach?«
    Sie nickte. Offenbar wusste sie, wovon sie sprach, was Damien lächerlicherweise schmeichelhaft fand. Noch nie hatte eine Frau seine Bewegungen sonderlich erwähnenswert gefunden … außerhalb des Bettes natürlich.
    »Ja«, sagte sie. »Sehr anmutig, sehr geschmeidig. Sehr …«
    Sie ließ den Satz unvollendet. Offenbar hätte sie fast mehr gesagt, als sie eigentlich wollte. Damien sah, dass sich ihre Wangen wieder röteten.
    »Na ja, es ist irgendwie einzigartig. Deshalb …« Sie schaute ein wenig verlegen drein, packte den Martini und trank einen großen Schluck. Dann schaute sie ihn aus schimmernden Augen über den Rand des Glases hinweg an. Und auch Damien war nun etwas verlegen. Alle Vampire sahen sehr gut aus. So gut, dass es nach einer Weile schon langweilig wurde. Aber diese hier war ein wahres Kunstwerk. Bildhauer hätten ihr Konterfei für Tempel verwendet; berühmte Dichter hätten Meisterwerke geschaffen, um ihre Schönheit in höchsten Tönen zu preisen, und sich dann ihretwegen zu Tode gesoffen. Das konnte er sich lebhaft vorstellen.
    Nur dass sie sich benahm, als hätte man sie die letzten fünfhundert Jahre in eine Kammer gesperrt.
    Der Alkohol schien ihr etwas Mut zu machen. Damien hob sein Glas, das neben ihrem Ellbogen stand, und nippte. Er war gespannt wie ein Flitzebogen, was sie als Nächstes sagen würde.
    »Glauben Sie wirklich, dass dies der rechte Ort ist, um über solche Sachen zu sprechen?«, fragte sie. »Hier, in aller Öffentlichkeit?«
    Damien schaute sich um und grinste. »Nur keine Panik, Kätzchen. Außer uns sind hier nur Sterbliche, und die sind in aller Regel unglaublich dumm. Von denen achtet keiner auf uns.«
    Auch sie blickte sich nun um. Überall herrschte buntes Treiben. Zu seiner Verwunderung sah er Bedauern in ihren Augen.
    »Ich kenne keine Sterblichen«, sagte sie.
    »Da haben Sie nichts verpasst. Das können Sie mir glauben«, antwortete Damien. »Das sind absolut jämmerliche Gestalten.«
    »Da kann ich nicht mitreden«, murmelte sie, mehr zu sich selbst als zu Damien. Dennoch konnte er ihren Kommentar nicht ignorieren, der neue Fragen über diese Frau aufwarf, als Damien schon geglaubt hatte, die einzig wichtige sei beantwortet – nämlich: Waren Grigori-Frauen den Grigori-Männern irgendwie ähnlich? Wenn diese hier typisch war, lautete seine Antwort ganz entschieden: Nein!
    »Lassen Sie mich raten«, fuhr Damien fort, während er mit seinem Glas spielte. »Sie sind in einem Kloster aufgewachsen, wo ein Vampir, als Priester oder Mönch verkleidet, Ihnen die Unschuld geraubt hat.«
    Sie blinzelte und schaute ihn ganz merkwürdig an. »Nein.«
    Damien ließ die Schultern hängen und runzelte die Stirn. Darauf wäre er jede Wette eingegangen. Ein wenig entmutigt versuchte er es erneut. »Edelfräulein, im finstersten Mittelalter von Ihrem Vater versteckt gehalten als Druckmittel, um Bündnispartner zu finden? Vom Hof ferngehalten, um Ihre Jungfräulichkeit zu schützen?«
    Jetzt schaute sie ihn leicht empört an. »
Nein
. Was soll das für eine –«
    »Tempelpriesterin?«
    »Nein!« Letzteres hatte sie so laut ausgerufen, dass sich ein paar Köpfe in ihre Richtung drehten. Als sie das mitbekam, schnaubte sie empört und beugte sich dann vor, damit nur er sie hören konnte.
    »Hören Sie auf mit dem Herumraten. Sie werden nur immer unverschämter und kommen der Wahrheit doch nicht näher. Meine Vergangenheit geht Sie gar nichts an.«
    »Verdammter Mist.« Damien trommelte mit den Fingerspitzen auf dem Tresen. »Sind Sie sich ganz sicher, dass Sie nicht mal eine Nonne waren?«
    Sie knurrte

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