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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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im Studio Einzug gehalten hat. Und erst recht, wenn die Wechseljahre nahen.
    Und das taten sie bei Sonja gerade mit Blaulicht und Tatütata. Platz da, wir sind’s, die Wechseljahre! Lasst uns durch! Hormonattacken, hysterisches Herzrasen, Hochwasser in Form von Schweiß und Tränen, Erdbeben, Murenabgänge – sofort eine Rettungsgasse bilden!
    Die Arme. Gut, auch mir wollten manchmal die Tränen kommen, wenn ich unerwartet mit meinem Spiegelbild konfrontiert wurde. Wer ist die alte Bleiche mit dem irren Blick? (Einmal hatte ich mich im Rückspiegel eines Autos gesehen und gedacht, meine Mutter säße hinten und würde auch mitfahren.) Da Sonja und ich fast gleich alt waren, würde es mich über kurz oder lang auch erwischen. Bald würde ich selbst Opfer solcher Weinkrämpfe sein! Aber nicht in Rainers Gegenwart. Denn das würde ihn nur dazu verleiten, mich an sich zu reißen, zu trösten, zu streicheln und mit feuchten Küssen zu bedecken. Nein, ich nahm mir vor, mich fest im Griff zu haben. So wie immer. Das hatte Mutter mich gelehrt, und dafür war ich ihr dankbar. »Willst du was gelten, so komme selten.« (Sie meinte das eher politisch als sexuell, aber dieses Thema hatten wir ja schon besprochen.)
    »Ich hab dir den Stern mitgebracht.« Rainer zog die Illustrierte unter seinem Blouson hervor und hielt sie mir unter die Nase.
    Auf dem Titel stand dick und fett: »Wenn Liebe nicht wachsen will«.
    »Danke, lieb von dir. Nichts wünsche ich mir im Moment mehr, als in Ruhe auf dem Balkon zu sitzen und zu lesen.« Ich wollte danach greifen, aber er entzog sie mir neckisch.
    »Ich weiß doch, was dir gefällt.«
    Da war ich mir nicht so sicher.
    »Noch mal danke, Rainer! Dann kann ich heute Abend IN RUHE lesen!«
    Ich war wirklich gespannt, was man zu diesem Thema an neuen Erkenntnissen gewonnen hatte. Rainer hatte bereits eigene Vorstellungen:
    »Sollten wir nicht ausnutzen, dass deine Mutter nicht zu Hause ist?«
    Er machte ein Gesicht wie ein Schuljunge, der einen schlimmen Streich vorhat. Ja, wollte er in ihrem behindertengerechten Seniorenbett mit Galgen Schabernack treiben?
    »Och, nein«, winkte ich ab. »Ich bin total kaputt vom langen Stehen in der Bibliothek und habe auch noch einiges aufzuarbeiten …« Ich zeigte auf einen Bücherstapel auf dem Tisch.
    »Eben hast du noch gesagt, du willst einfach nur im Stern blättern.«
    Jetzt kam ich mir vor wie dieses knollnasige Ehepaar bei Loriot: »Erst willst du LESEN , dann willst du ARBEITEN und dann OBSTSALAT ESSEN . Ja, was WILLST du denn?«
    »Ich will nur hier sitzen.«
    Platsch! Rainer saß. »Dann sitzen wir eben.«
    Ich starrte ihn fassungslos an.
    »Ich könnte dir die Füße massieren.« Rainer krempelte sich schon die Hemdsärmel hoch. Heute trug er ein langärmliges Hemd, was ich erfreut zur Kenntnis nahm.
    »Hier, ich habe dir was geschrieben.«
    »Wie, noch was?« Das nahm ja ungeahnte Ausmaße an!
    »Na ja, ich hatte ja Zeit.« Er winkte bescheiden ab. Stirnrunzelnd las ich, was Rainer mir offenbarte.
    Es ist
    ein langer
    und beschwerlicher Weg,
    das Herz einer Frau
    so zu erwärmen,
    dass man anschließend
    auch ihre Füße
    wärmen darf.
    Ich seufzte. »Ach, Rainer!« Insgeheim rollten sich mir die Zehennägel auf.
    »Ich bin der beste Füßemassierer der Welt!« Er kniete sich stolz hin. »Zumindest hat Dagmar das immer gesagt.« Er kicherte verschmitzt.
    Ich biss mir auf die Lippen. Eine Kostprobe seines Könnens hatte ich in anderen Körperregionen bereits erleben dürfen, was von einer deutlichen Fehleinschätzung der eigenen Begabungen zeugte.
    Überhaupt. Das Wort »hochbegabt«. Bei mir in der Bibliothek tauchten immer wieder Mütter auf, die mir weismachen wollten, ihre Kinder seien hochbegabt. Ich solle ihnen keine Kinderbücher geben, sondern Weltliteratur. Die meisten dieser armen hochbegabten Kinder hatten nichts weiter als das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, tobten in der Bibliothek herum und machten die teuren Bücher kaputt. Wenn sie denn überhaupt ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom hatten. Wahrscheinlich waren sie einfach nur schlecht erzogen.
    Rainer hingegen hatte das Selbsteinschätzungsirrtumsyndrom, SEIS genannt. Es leiden ja weltweit viele an SEIS , aber Rainer ganz besonders.
    Gleich würde ich Rainer einen Zehenorgasmus vortäuschen müssen! Wie Meg Ryan in der berühmten Restaurantszene! Doch dazu wollte ich es gar nicht erst kommen lassen.
    »Also, Rainer, wenn sonst nichts mehr anliegt, würde ich gern …«
    »Es

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