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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Spiel?!«
    Alle redeten durcheinander, und wieder hörte keiner richtig zu.
    »Verarschen kann ich mich alleine«, warf Vivian ein und ließ einen Kaugummi knallen.
    »Ich mich auch«, erwiderte Sonja und sank in den Lotossitz.
    »Also darauf sollten wir erst mal einen trinken!« Billi hob ihr Glas. »Wer auch immer du bist, Roman, Manni, Olaf …«
    »Oliver«, sagte ich.
    »Roman«, sagte Roman. »Oder Manni.«
    »Ich bin für Knut«, rief Tobi von der Garage aus, ohne mit dem Bolzen aufzuhören.
    »Du bist in unserer Runde jedenfalls herzlich willkommen.«
    »Danke.« Roman wirkte erleichtert und schenkte Billi einen so innigen Blick, dass mir vor Eifersucht fast schlecht wurde.
    »Und von wem sind sie DANN? «
    »Wer?«
    »Die Briefe.«
    »Können wir EINMAL nicht über dich reden?«, zischte Vivian sie an. »Es geht AUSNAHMSWEISE mal um Carin!«
    »Jetzt lasst uns hier mal wie Erwachsene …«
    »Pah, dass ich nicht lache«, ätzte Rikki.
    Alle fielen einander ins Wort, und das Geschrei wurde so laut, dass Passanten neugierig ihre Köpfe über die Hecke reckten. Gleichzeitig hätte das einer der bewegendsten Momente meines Lebens sein müssen. Ich hatte meinen Sohn wiedergefunden. Er war hier neben mir, und ich musste ihn immer wieder von der Seite ansehen. Ja, jetzt sah ich auch die Ähnlichkeit mit Bigotti, in seinen Gesten, seiner Mimik, seiner Körperhaltung. Er genoss es sichtlich, im Mittelpunkt zu stehen. Er hatte eine Bombe platzen lassen, und wir waren sein Publikum. Irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass ich nur eine Statistin in seinem perfekt inszenierten Stück war. Alle hingen an Romans Lippen, und er spendete uns das Sakrament der Enthüllung seines Geheimnisses.
    »Nachdem ich Carin ausgekundschaftet hatte, habe ich mich in ihrem Umfeld umgesehen. Und da die Stelle im Fitnesscenter ausgeschrieben war, bin ich kurz entschlossen in die Rolle des Trainers geschlüpft … Zuerst wusste ich gar nicht, wer von euch dreien jetzt Carin ist …«
    Allgemeines Gelächter. Mein Sohn Roman konnte die Ge schichte wirklich so amüsant erzählen, als wäre es eine heitere Ver wechslungskomödie. Ich lächelte tapfer. Rudi tat das einzig Ver nünftige: Er schenkte uns allen Prosecco ein. Wir hoben das Glas.
    »Prösterchen«, sagte Billi amüsiert.
    »Stößchen«, stotterte Sonja völlig verwirrt.
    »Gesundheit«, rief Rudi.
    »Verwirrung«, knurrte Rikki über ihrem Lateinbuch.
    »Auf uns!«, sagte ich zu Roman.
    »Auf uns alle«, antwortete Roman, legte den einen Arm um Vivian und den anderen um Sonja.
    Intuitiv legte Billi den Arm um mich und zog mich an sich.
    »Mensch, Carin, du hast einen Sohn! Wie ich mich für dich freue!!«
    In dem Moment wackelte der Kinderwagen, und Mohair fing an zu schreien.
    Roman arbeitete weiterhin im Fitnessstudio, kümmerte sich um die Vorbereitungen für die DVD und strotzte nur so vor Ideen und Tatendrang. Von nun an betrachtete ich ihn mit ganz anderen Augen. Ich war seine Mutter. Jede seiner Bewegungen, jedes seiner Worte sog ich in mich auf. Ich horchte in mich hinein und wartete auf die Muttergefühle, die mich doch wie eine Riesenwelle mit sich reißen müssten. Aber da war nichts. Nur ein Tröpfeln wie von einem defekten Wasserhahn.
    Er war mir fremd. Ein gut aussehender junger Mann mit Problemen. Einer, der mich belogen hatte, weil die Welt ihn belogen hatte. Theoretisch konnte ich ihm das verzeihen. Natürlich. Ich stand unendlich tief in seiner Schuld. Aber wo blieb die alles verzehrende Liebe? Roman war mir gegenüber genauso höflich und freundlich wie zuvor, aber diese unsichtbare Wand zwischen uns blieb weiterhin bestehen. Lag es an mir? Musste ich mich endlich mütterlicher verhalten? Aber wie?
    Außerdem war Roman nicht mein einziges Problem.
    Ein anderes war Mutter. Und natürlich Rainer. Regelmäßig fuhr er mit Mutter nach München, um die Verbände wechseln zu lassen. Danach gingen sie noch zusammen Kaffee trinken. Mutter blühte regelrecht auf, ja, sie konnte an Rainers Arm sogar wieder ein wenig humpeln. Es sah so aus, als würde das Bein doch noch heilen. Das Schwarz verschwand allmählich und ging in ein fleckiges Rosa über. Das Damoklesschwert der Amputation war von uns genommen worden. Fast so, als wollte das Bein mir zeigen, dass mit Liebe und Geduld alles zusammenwachsen kann. Rainer wollte mir das jedenfalls zeigen. Seine neueste Liebesbekundung steckte am Badezimmerspiegel:
    Ich
    darf nicht denken:
    »Für

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