Verwegene Herzen (German Edition)
Aber so wird es nicht für immer sein.“ Zitternd ließ er sich auf den Strohsack fallen. Er rieb über ihre Oberarme, nur um sie zu berühren. „Genug davon, ja? Ich möchte nicht mit dir streiten. Wenn es etwas nützen würde, dann würde ich es tun.“
Aber sie schob seine Hände und seinen Trost beiseite. „Geh, Will.“
„Wie bitte?“
„Alice soll sich heute Abend um mich kümmern. Such dir einen anderen Raum zum Schlafen.“
Die Zurückweisung und der Zorn, den er empfand, ließen sein Herz schneller schlagen. Er stand auf, die Muskeln so steif wie seine Knochen. „Das meinst du nicht ernst.“
Er sah zu, wie sie wieder zu der harten, kühlen Frau wurde, als die er sie im Wald zuerst kennengelernt hatte. Diese Frau brauchte nichts und niemanden, nicht einmal ihren frisch angetrauten Gemahl. „Doch, das tue ich.“
„Ich habe dich falsch eingeschätzt, Meg. Du bist nicht so stark wie du dich gibst. Und das bricht mir das Herz.“
Drei Stunden vor Sonnenuntergang lief Will vor Megs Zimmer im Gang auf und ab. Die verschlossene Tür schien ihn zu verspotten, steigerte seinen Unmut und seine Enttäuschung ins Unerträgliche. Jedes Mal, wenn er den Klang seiner eigenen Schritte hörte, fühlte er sich wie ein Specht, der gegen eine Baumrinde klopft. Am liebsten hätte er die Tür eingeschlagen, hätte die Melancholie seiner Frau durchbrochen, ihr all die Angst genommen, die Zweifel und das Selbstmitleid, mit denen sie nicht fertig wurde.
Einen Teil seiner Wut richtete er gegen sich selbst, weil er ihren Forderungen entsprochen hatte. Niemals hätte er sich damit einverstanden erklären dürfen, sie ihrer eigenen dunklen Gesellschaft zu überlassen. Nie hätte er diese Einsamkeit zulassen dürfen, nicht, wenn darin ihre größte Furcht bestand.
Zum vierten Mal unterbrach er seine Wanderung und starrte die hölzerne Tür an, die sie voneinander trennte. Könnte er damit etwas ändern, würde er die Tür aufbrechen, sie mit Pfeilen durchbohren und mit dem Schwert in Stücke schlagen. Aber sie blieb vor ihm verborgen. Selbst wenn diese Tür weit aufging, selbst wenn Meg im hellen Licht des Tages vor ihm stand, würde sie sich ihm nicht zeigen.
Alice kam die Treppe hinunter, sie trug ein Tablett mit Verbandsmaterial für Meg. Die rundliche Frau mit dem roten Gesicht sah ihn an und lächelte scheu. Dann knickste sie. „Möchtet Ihr das übernehmen?“
„Nein. Sie will Euch.“
Alice lächelte ihn weiter an, diesmal beruhigend. „Wir wissen beide, dass das nicht stimmt, Master Will. Wenn es jemals ein Mädchen gab, das nicht wusste, was es wirklich braucht, dann ist es Eure Meg.“
Er trat vor, um die Tür für Alice zu öffnen, doch dann hielt er inne.
Vielleicht hatte Marian recht. Er hatte Meg geheiratet in der Hoffnung auf ihre Dankbarkeit, mehr noch als auf ihre Liebe. Sie zu retten hatte den Schlusspunkt gesetzt für seine leichten Entscheidungen und die Aussicht auf eine sorglose Zukunft. Sie zu lieben verlangte, alle selbstsüchtigen Gewohnheiten aufzugeben, und für seine Opfer erwartete er eine Belohnung.
Aber das gehörte der Vergangenheit an. Jetzt brauchte er nur noch Meg. Sicher, gesund und fähig, seine Liebe zu erwidern. Wenn sie es wollte.
Mit zitternden Fingern strich er sich durch das Haar und rieb sich den Nacken. Das Ausmaß dessen, was er verloren hatte, drohte ihn mit größerer Gewissheit niederzustrecken als jeder andere Kummer oder Verrat. Nicht einmal der Konflikt mit Robin verursachte ihm mehr Schmerz, und dieser Schmerz ließ ihm die schlimmste von allen Möglichkeiten verlockend erscheinen: Ihr nachzugeben. Aber es war ihm noch nie leichtgefallen, Meg allein zu lassen. Seine Liebe zu ihr machte das unmöglich. Die Vorstellung, Kummer und Schmerz in sein Leben zu lassen und ihr neues Leben aufzugeben, noch ehe es richtig angefangen hatte, war einfach zu schrecklich.
Kämpf mit ihr, wenn es sein muss, und versuch nicht, dabei fair zu sein .
„Verzeiht mir, Alice“, sagte er.„Ich bitte Euch, diese Verbände für ein anderes Mal aufzuheben.“
„Wie bitte, Master Will?“
Entschlossen lächelte er. „Ich habe mit meiner Frau etwas zu klären. Ich fürchte, Eure Behandlungen müssen noch warten.“
Für einen Moment schien Alice Fragen stellen zu wollen. Will wusste, mit welch starker Hand sie die anderen Dienstboten führte, und dass sie Marians Liebling war; daher dachte sie vielleicht daran zu widersprechen. Doch nach einem raschen Blick in sein Gesicht
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