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Verwegene Herzen (German Edition)

Verwegene Herzen (German Edition)

Titel: Verwegene Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Lofty
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einmal.
    Der Himmel war grau und bedeckt und trug nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben. Er lief mit der Schwerfälligkeit eines Ochsen durch den Wald. Jeder Schritt, jede Bewegung schien zu einem anderen Körper zu gehören. Seine Gedanken kreisten um die krachenden Zweige und unsicheren Schritte, als wäre er nur ein hilfloser Beobachter seiner selbst. Die Knie schienen jeden Moment unter seinem Gewicht nachgeben zu wollen. Schließlich sank er auf den Waldboden. Schlaf brauchte er ebenso nötig wie die Luft zum Atmen.
    Ja, Schlaf. Er hatte neben Meg geschlafen. Nach ihrer Vereinigung hatte sie ihn versorgt, hatte die Verbände gewechselt und ihm über die Stirn gestrichen. Noch immer schmeckte er etwas Bitteres auf seiner Zunge, die Medizin, die sie ihm gegen die Schmerzen gegeben hatte.
    Er öffnete die Augen wieder. Plötzlich begriff er und richtete sich mühsam auf. Er hatte sich geirrt, als er die Lauge für seine Benommenheit verantwortlich machte. Die Lauge hatte gewirkt, trotz des Schmerzes, den sie verursacht hatte.
    Nein, Meg hatte gewartet, bis es ihm besser ging. Sie hatte die Blutung gestillt, ihn geheilt, die Wunde verbunden. Dann hatte sie sich von ihm genommen, was sie haben wollte. Erst als sie mit ihm fertig war, war sie geflohen. Und sie hatte ihm Gift gegeben, damit ihr die Flucht gelang.

6. Kapitel
    Zu einem Fluss dann führte ihn sein Weg,
    zu einer Fremden, die er erspäht.
    „Robin Hood and Little John“
    Ballade, 17. Jahrhundert
    S  ie hat mich vergiftet.
    Immer wieder sagte Will diesen unglaublichen Satz. Er legte seine tauben Finger an den Ledergurt, der auf seinen Hüften hing. Bei jedem Schritt am Ufer des Flusses wuchs sein Zorn. Die geheimnisvollen Wälder trugen nichts dazu bei, seine schlechte Stimmung zu heben. Am liebsten hätte er gegen jeden bedrohlich wirkenden Baum getreten und jedes herabfallende Herbstblatt verflucht.
    Einmal hatte er Marian gegen ihren Willen geküsst, und die Folgen dieser unüberlegten Handlung reichten bis in die Gegenwart hinein. Aber noch nie hatte er eine Frau geschlagen. Nie. Allein die Vorstellung, einer Frau körperlichen Schmerz zuzufügen, verursachte ihm Übelkeit.
    Doch wenn er Meg of Keyworth fand, würde er sich die Hände an den Gürtel binden müssen – und so viel Abstand von ihr halten wie zwischen Himmel und Erde. Wenn sie lachte, spottete und sein Blut in Wallung brachte, dann traute er sich selbst nicht. Sein Zorn war so groß, dass er genügte, um die wenigen Prinzipien, die er noch hatte, zu verdrängen.
    Sie hat mich vergiftet .
    Ein Geräusch aus westlicher Richtung weckte Will aus seinen Überlegungen. Sofort war er vollkommen konzentriert und fluchte über seine Unachtsamkeit. Nach Meg zu suchen und dabei gleichzeitig von Gedanken an sie abgelenkt zu werden, würde zu keinem guten Ende führen. Und Marian müsste dann leiden, wenn er versagte.
    Er schritt über einen Steinhaufen am Fuß einer Eiche und zog langsam, beinahe lautlos, sein Schwert. Angestrengt lauschte er und versuchte, nicht auf den pochenden, bohrenden Schmerz in seiner linken Schulter zu achten. Benommenheit stieg in ihm auf. Sein linker Arm zitterte, und seine Hand wurde zusehends gefühlloser.
    Ein bewaffneter Mann schritt das Ufer entlang. Über einem Kettenhemd trug er einen schmutzigen, knielangen Überrock aus schwarzer Wolle. Von dem reich verzierten Gürtel an seiner Taille hing ein Schwert herab, am linken Arm trug er einen Schild, und eine stählerne Maske verbarg sein Gesicht. Wenn seine Bewaffnung richtig zu deuten war, so entstammte er einem wohlhabenden Haus, auch wenn er beinahe so schmutzig und müde aussah wie Will.
    Unter besseren Umständen hätte es ihn verlockt, einen solchen Schwertkämpfer zu fordern – wenn er gesund und ausgeruht war und gut bewaffnete Begleiter hatte. Im Stillen hoffte er, der Mann würde weiter am Ufer entlang gehen.
    Er tat es nicht.
    Offenbar hatte er bemerkt, wo Wills Fußspuren sich von dem flachen Wasser entfernten, drehte sich zu der Eiche um und zog in derselben fließenden Bewegung sein Schwert.
    Will fluchte leise. Durch seinen umnebelten, verwirrten Geist schoss ein Gedanke, so unerwartet wie verräterisch.
    Ich wünschte, Robin wäre hier .
    Vorsichtig spähte er hinter dem Baum hervor.
    Mit drei kurzen Schritten griff der Fremde an. Doch in den von Kettenringen geschützten Stiefeln fand er keinen Halt und rutschte auf den runden Steinen aus. Er fiel auf die Knie, packte sein Schwert und stützte

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