Verwegene Herzen (German Edition)
an.“
„Bei allen Heiligen“, sagte Monthemer leise. „Mein Beileid.“
Scarlet hieb mit seinem Schwert durch das Gehölz. „Kann man jetzt davon ausgehen, dass mein Bericht über diesen Angriff allmählich an Bedeutung gewinnt?“
„Das würde ich einräumen, ja“, entgegnete Dryden. „Was vermutet Ihr?“
„Ich vermute, wir brauchen einen sicheren Ort, um uns zu sammeln.“ Bisher waren sie nach Norden gegangen, jetzt ließ er sie anhalten. „Meint Ihr nicht auch, Meg?“
Seine Worte klangen ärgerlich, und es schien, als wollte er ihr einen Waffenstillstand anbieten. Vielleicht fühlte er dasselbe wie sie – eine dunkle Vorahnung. Und das Bedürfnis, sich verlassen zu können auf unsichere Verbündete im Angesicht von ernsteren Gefahren.
Sie nickte. „Also in meine Hütte.“
Am späten Nachmittag erreichten sie Megs Hütte; sie schlichen durch das Unterholz wie Flüchtlinge, zu denen sie geworden waren. Will betrachtete die Hütte, die aus einem Raum bestand. Eine nüchterne Haltung wäre ihm lieber gewesen, aber er konnte seine Neugier nicht leugnen, mit der er ihr Heim betrachtete.
Die unauffällige Hütte wäre sicherlich eine angemessene Unterkunft für irgendeinen Händler oder erfolgreichen Bauern – abgesehen von dem Laboratorium.
Meg ging ohne Hilfe und sehr zielsicher zum Laboratorium und strich mit der Hand über die hüfthohe Arbeitsplatte. Sie betastete alles, was auf der Oberfläche lag: Eine Öllampe auf einer freistehenden Plattform, Teller, verschiedene beschriftete Behälter, Kochtöpfe in unterschiedlichen Größen, eine Waage, ein Stößel, ein Mörser. Sie untersuchte sie behutsam, aber gründlich. Ihre Miene war ausdruckslos, abgesehen von einem kleinen Lächeln.
Auf irgendeine Weise hatte sie das Sehvermögen eingebüßt, aber wenn sie an einem Ort wie diesem lebte, dann hatte offenbar auch ihr Geruchssinn Schaden genommen. Die abgestandene Luft in der Hütte roch, als hätte man feuchte Kleidungsstücke in der Wärme zu lange herumliegen lassen. Der beißende Geruch von Chemikalien, der stets gegenwärtige Essigduft, der schwere Geruch nach Dung bissen ihm in die Nase. Die Bündel getrockneter Wildblumen, die an Balken und Pfosten aufgehängt waren, trugen nicht dazu bei, den Gestank zu vertreiben.
Auch wenn er gegen seinen Willen neugierig war auf Megs Wohnort, so konnte er hier nicht bleiben. Mit eingezogenem Kopf ging er nach draußen, selbst überrascht, dass er den recht angenehmen Duft von Blättern und Tannen vorzog – obwohl er die Baumwipfel noch immer verabscheute, die ihm den Blick auf den Himmel versperrten. Eine Windböe riss trockene Blätter von den Zweigen und kündete unmissverständlich von nahenden Wintertagen.
Dunkle Erde umgab die Hütte, und eine Reihe bestellter Beete lag zur Rechten. Trotz des tierischen Geruchs sah er weder Vieh noch Ställe.
Dryden, der neben seinem Cousin stand, hielt sich die Ecke eines braunen Wollschals vor Mund und Nase. „Was für ein seltsamer Ort.“
„Was für ein seltsames Mädchen“, sagte Will.
„Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch nur die Hälfte von dem kann, was sie zu können behauptet?“, fragte Dryden.
Verstimmt von der abwehrenden Reaktion auf seine Worte, zuckte Will die Achseln. „Ihr habt gesehen, welche Tricks sie mit den Waldmännern anwandte. Ob es Magie war oder Manipulation – sie hat ihr Ziel erreicht.“
Drydens Kettenhemd klirrte, als er die Arme verschränkte. Er ließ die Schultern hängen, als würden die vergangenen Ereignisse schwer auf ihm lasten. „Ich mag es nicht, wenn ich die Fähigkeiten meiner Verbündeten nicht einschätzen kann.“
Monthemer nickte. „Da sind wir einer Meinung.“
„Sie würde nicht ihre Hilfe anbieten, wenn dadurch die Befreiung ihrer Schwester gefährdet würde“, erklärte Will.
Die Andeutung eines Lächelns ließ Drydens Gesicht ein wenig freundlicher wirken. „Darf ich um ein paar mehr Beweise für ihre Fähigkeiten bitten?“
Will grinste. „Nein, außer Ihr wollt, dass Euer Gesicht schwarz und Euer Haar versengt wird.“
Jetzt trat Meg aus der Hütte und ging über den nackten Boden auf sie zu. Ihre Schritte wirkten sicher, ihre Haltung aufrecht und gelassen, sodass ihre Behinderung kaum auffiel. Doch Will erkannte mehr. Sie bewegte sich mit äußerster Selbstbeherrschung, kämpfte einen endlosen Kampf gegen ihre Beeinträchtigung. Wenn ihr Körper sie schon so im Stich ließ, weigerte sie sich, die Behinderung
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