Verwesung
den ich nicht viel Vertrauen hatte.
«Mein Beruf hat Aspekte davon, ist aber etwas breiter angelegt. Ich analysiere die Wesensmerkmale und Motivationen eines Täters, daneben begutachte ich aber auch Tatorte, suche nach Strategien, um Verdächtige zu verhören, und solche Dinge.»
«Und warum habe ich Sie dann heute nicht an der Grabstelle gesehen?»
«Gute Frage. Ich habe erst heute Nachmittag davon erfahren, ich muss mich also auf Fotografien verlassen. Das istnicht ideal, aber deshalb wurde ich eigentlich auch nicht beauftragt.»
«Nein?»
Sie zögerte. «Na ja, ich schätze, es ist kein Geheimnis. Man hat mich hergebeten, weil es sein könnte, dass es noch andere Gräber in der Nähe gibt, wenn in dem ersten ein Opfer von Monk liegt. Ich soll dabei helfen, andere mögliche Grabstellen zu finden. Solche Verstecke zu finden, ist quasi eine Spezialität von mir.»
«Und wie gehen Sie dabei vor?», fragte ich neugierig. In den letzten Jahren hatte es eine Reihe von technischen Neuerungen gegeben, um vergrabene Leichen zu lokalisieren, zum Beispiel Luftfotografien, geophysikalische Mittel oder Wärmebilder. Trotzdem war die Lokalisierung von Gräbern noch immer schwierig, besonders an solchen Orten wie dem Dartmoor. Wie eine Psychologin dabei helfen konnte, war mir schleierhaft.
«Ach, da gibt es viele Möglichkeiten», sagte sie ausweichend. «Aber jetzt wissen Sie, was eine psychologische Ermittlungsberaterin tut. Sie sind dran.»
Ich gab ihr eine kurze Zusammenfassung meines Arbeitsbereiches, bis der Wirt mit meinem Essen kam. Er knallte den Teller so fest auf den Tisch vor mir, dass die Soße auf das Holz tropfte. Jedenfalls hoffte ich, dass es Soße war, denn die schmierige braune Flüssigkeit hätte alles sein können.
Sophie und ich betrachteten das Durcheinander aus verkochtem Gemüse und grauem Fleisch. «Sie haben sich also gegen geräucherten Lachs und Gänseleber entschieden», sagte sie nach einem Moment.
«Es sind diese kleinen Köstlichkeiten, die ich an der Arbeit schätze», entgegnete ich und versuchte, eine auseinandergefalleneKarotte mit der Gabel aufzuspießen. «Und wo kommen Sie her?»
«Aus Bristol, aber ich wohne in London. Als Kind bin ich oft in den Ferien hier gewesen, ich kenne Dartmoor also ganz gut. Ich liebe diese Weite. Am liebsten würde ich herziehen, aber bei meiner Arbeit … Na ja, Sie kennen das sicher. Vielleicht irgendwann mal, wenn ich keine Lust mehr auf meinen Job habe.»
«Mit einem Urteil über Dartmoor halte ich mich lieber zurück, doch Bristol kenne ich ein wenig. Das Umland ist sehr schön. Meine Frau stammt aus Bath.»
«Aha.»
Wir lächelten uns an, wissend, dass nun die Grenzen abgesteckt waren. Nachdem klar war, dass ich verheiratet war, müssten wir nicht mehr befürchten, vielleicht die falschen Signale auszusenden.
Sophie war eine gute Gesprächspartnerin, sie war intelligent und witzig. Sie erzählte mir von ihrem Zuhause und ihren Plänen für die Zukunft, ich erzählte ihr von Kara und Alice. Wir sprachen von unserer Arbeit, vermieden es jedoch, über den Fall zu reden, der uns hergeführt hatte. Es war eine laufende Ermittlung, und wir wollten beide gegenüber einer im Grunde fremden Person nicht zu viel preisgeben.
Doch als ich sah, dass Terry und Roper quer durch die Gaststube auf uns zukamen, wusste ich, dass wir das Thema nun nicht mehr umgehen konnten. Terry wirkte verblüfft, uns beide an einem Tisch sitzen zu sehen. Aber als er vor uns stand, hatte er sich wieder unter Kontrolle.
«Ich wusste nicht, dass ihr beide euch kennt», sagte er. Roper stand direkt hinter ihm, sein Rasierwasser war in Innenräumen noch penetranter.
Sophie reagierte mit einem Lächeln auf Terry, das mir irgendwie angespannt vorkam. «Wir haben uns gerade kennengelernt. David hat mir erzählt, was er macht. Wirklich faszinierend.»
«Allerdings», sagte Terry tonlos.
«Wollt ihr euch zu uns setzen?», fragte ich. Die plötzliche Unruhe behagte mir nicht.
«Nein, wir wollen nicht stören. Ich wollte dir nur kurz die Neuigkeiten berichten.» Er wandte sich mit einem Blick über die Schulter an Roper. «Hol mal das Bier, Bob.»
Roper hob kurz eine Augenbraue, ließ sich aber sonst keine Verärgerung darüber anmerken, herumkommandiert zu werden. Ein Hauch Rasierwasser blieb zurück, als er an die Theke ging.
«Neuigkeiten?», fragte ich.
Terry wandte sich an mich, als wäre Sophie nicht da. «Er innerst du dich, dass ich dir heute Morgen gesagt habe, ich
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