Verwesung
keiner.»
Lautstark versucht, dir Gehör zu verschaffen, hast du jedenfalls.
Aber das behielt ich besser für mich. «Selbst wenn die anderen Gräber tatsächlich in der Nähe sind, wäre es äußerst schwer für uns, sie ohne Monk zu finden. Nicht, dass Sie denken, ich bin auf Simms’ Seite, aber welche Wahl hat er denn gehabt?»
Sophie verdrehte die Augen. «Er hätte tun können, was ich seit zwei Tagen vorschlage. Ich habe bereits ein paar mögliche Stellen skizziert, aber ohne weitere Informationen komme ich nicht voran. Hätte er Monk doch nur dazu gebracht, uns wenigstens einen Hinweis zu geben, wo die Bennett-Zwillinge vergraben sind, und wenn es nur irgendein Orientierungspunkt wäre, hätte ich sie vielleicht selbst finden können!»
Ich betrachtete die triste, sich kilometerweit vor uns ausbreitende Landschaft aus totem Farnkraut, Heide und Felsen. Ich sagte nichts, aber sie hatte mir meine Skepsis wohl angesehen. Ihre Wangen glühten feuerrot. «Sie trauen es mir auch nicht zu.»
Oje.
«Nein, nein, es ist nur … Äh, es ist ein ziemlich großes Gebiet.»
«Haben Sie schon mal von Winthropping gehört?» Hatte ich nicht, aber sie ließ mir keine Gelegenheit zu antworten. «Das ist eine Technik, die in den 1970er Jahren entwickelt wurde, um Waffenverstecke zu finden. Jeder, der etwas verstecken oder eine Leiche vergraben will, folgt automatisch den Konturen der Landschaft oder benutzt Referenzpunkte wie Bäume oder auffällige Felsen, um sich zu orientieren. Winthropping ist eine Möglichkeit, eine Landschaft zu lesen, um die Stellen zu finden, wo man mit größter Wahrscheinlichkeit etwas verstecken würde.»
«Und das funktioniert?», fragte ich unwillkürlich.
«Erstaunlich gut, ja», sagte sie bissig. «Es ist nicht idiotensicher, aber in Situationen wie dieser sehr nützlich. Mir ist es gleich, wie gut Monk angeblich das Moor kennt, es ist immerhin ein Jahr her, seit er die Bennett-Schwestern umgebracht hat. Ihre Gräber werden mittlerweile überwuchert sein, und wahrscheinlich hat er sie sowieso nachts vergraben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich genau an die Stellen erinnert, selbst wenn er es wirklich wollte. Jedenfalls nicht ohne Hilfe.»
Von einer Wissenschaft verlangte ich eigentlich eine präzisere Methodik, und wenn es in die Bereiche von Hellseherei ging, wurde ich erst recht skeptisch. Doch ihr Argument war überzeugend. Nur brachte uns das jetzt nicht mehr weiter.Schweigend beobachteten wir, wie in der Ferne ein Fahrzeugkonvoi auf der Straße näher kam.
Monk war hier.
Kapitel 5
Nach dem Schauspiel bei der Ankunft des Köders war das Eintreffen des Originals beinahe unspektakulär. Dieses Mal gab es keine Blaulichter, keine Motorräder und keinen wartenden Hubschrauber. Auf der Straße fuhr nur ein einzelner ziviler Transporter heran, eskortiert von zwei Polizeiwagen. Eine unheimliche Stille trat ein, als sie sich Terry und Roper und einer Gruppe uniformierter Beamter näherten. Der Transporter und die Wagen hielten ein ganzes Stück von den anderen Fahrzeugen entfernt an. Nachdem die Motoren ausgeschaltet waren, hallte das Geräusch der sich öffnenden Türen durch die feuchte Luft. Anders als bei Monks «Double» waren die Polizeibeamten jetzt kaum bewaffnet, denn es bestand keine realistische Fluchtgefahr. Aber es waren durch die Bank große, kräftige Männer, die sofort eine Hand auf den an ihrem Gürtel hängenden Schlagstock legten, als sie sich – flankiert von einem Hundeführer, der seinen Schäferhund an der kurzen Leine hielt – vor den Hecktüren des Transporters aufbauten.
«Sehr dramatisch», merkte Sophie an.
Ich antwortete nicht. Im dunklen Inneren des Transporters bewegte sich etwas. Etwas Rundes und Blasses kam zum Vorschein, das bald als kahler Schädel zu erkennen war. Einegebeugte Gestalt trat in die Öffnung und sprang, ohne das Trittbrett zu benutzen, heraus. Dann richtete sie sich auf, und ich sah zum ersten Mal Jerome Monk.
Selbst von dort, wo ich stand, gut zwanzig Meter entfernt, wirkte er wahrlich wie ein Riese. Seine Hände steckten vor seinem Körper in Handschellen, und ich bemerkte erschrocken, dass er auch Fußfesseln trug. Ihn schien es nicht im Geringsten zu stören, und die hochgezogenen Schultern sahen kräftig genug aus, um ihn die Kette der Handschellen mühelos zerreißen zu lassen. Obwohl sein Oberkörper ein einziges Muskelpaket war, wirkte der rasierte Schädel überproportional groß.
«Ein hässliches Scheusal,
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