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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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kleinerer, moderner Elektroofen und eine mit Ton verschmierte Töpferscheibe. Auf Werkbänken und Regalen lagerte ein großes Durcheinander an Keramikartikeln. Manche waren glasiert, andere bestanden lediglich aus gebranntem Ton. Selbst meinem ungeschulten Blick fiel auf, dass die organisch geformten Gefäße nicht nur funktional waren, sondern auch einen künstlerischen Wert hatten. Ich nahm vorsichtig einen großen Krug in die Hand, dessen geschwungene Form wie natürlich gewachsen wirkte. Er war schön proportioniert und fühlte sich glatt und sinnlich an. «Ich wusste nicht, dass Sie so etwas können», sagte ich beeindruckt.
    «Ach, ich habe viele versteckte Talente», entgegnete sie und fuhr abwesend mit der Hand über einen großen, getrockneten Tonklumpen, der auf einem mit halbfertigen und kaputten Gefäßen übersäten Tisch lag. Sophie lächelte verlegen. «Ordnung zu halten, gehört nicht dazu, wie Sie bestimmt bemerkt haben. Na ja, ich hoffe, Sie können ein Geheimnis bewahren.»
    Während ich mich fragte, was sie damit meinte, ging sie zur gewölbten Wand des Turms. Sie zog einen losen Ziegelstein heraus, griff in das Loch und nahm etwas heraus. «Er satzschlüssel », sagte sie und hielt ihn hoch. «Kann manchmal sehr nützlich sein.»
    Bis zu diesem Moment hatte ich nicht mehr an den Einbruch gedacht, doch der Anblick des Schlüssels half meinemGedächtnis auf die Sprünge.
Ach, verflucht.
«Warten Sie, Sophie», sagte ich und lief hinter ihr her, aber da hatte sie bereits den Brennofen verlassen und es selbst gesehen. Sie blieb wie erstarrt auf dem Pfad stehen.
    «O mein Gott.»
    Als wir angekommen waren, hatte die Haustür im Schatten gelegen, sodass man die Beschädigung nicht sehen konnte, außerdem war unsere Aufmerksamkeit auf den Ofen gerichtet gewesen. Doch jetzt sahen wir das gesplitterte Holz und die schief in den Angeln hängende Tür.
    Ich hätte daran denken müssen. Zwar hatte die Polizei die Tür halbherzig zugeklemmt, aber es hatte hereingeregnet, und auf den Läufern und den Dielenbrettern im Flur waren schlammige Fußabdrücke. Außerdem stank es, ein Fuchs oder ein anderes Tier musste im Haus gewesen sein.
    Sophie starrte entsetzt auf die offenen Schubladen und Schränke und die auf dem Boden verstreuten Sachen.
    «Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht», sagte ich hilflos und verfluchte mich innerlich. Ich hätte hier aufräumen sollen, anstatt meine Zeit bei Wainwright zu vergeuden. «Ich dachte, die Polizei hätte es Ihnen gesagt.»
    Sie antwortete nicht. Dann sah ich, dass sie leise weinte und ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    «Sophie, es tut mir wirklich leid   …»
    «Es ist nicht Ihre Schuld.» Sie rieb sich wütend die Augen. «Danke, dass Sie mich nach Hause gebracht haben, aber jetzt sollten Sie besser gehen.»
    «Lassen Sie mich wenigstens   …»
    «Nein! Schon in Ordnung. Wirklich. Ich will allein sein. Bitte.»
    Ich sah, dass sie sich nur mit Mühe zusammenreißen konnte.Es gefiel mir nicht, sie allein zu lassen, doch ich kannte sie nicht gut genug, um einfach zu bleiben.
    «Ich rufe Sie morgen an. Wenn Sie etwas brauchen   …»
    «Ich weiß. Danke.»
    Mit einem unguten Gefühl ging ich über den mit Laub bedeckten Pfad zurück zum Wagen. Hinter mir hörte ich, wie die Tür quietschte, als Sophie sie zudrückte. An der Gartenpforte blieb ich stehen, eine Hand auf dem verwitterten Holz. Der Himmel wurde bereits dunkel, die ersten Sterne waren zu sehen. Finsternis legte sich über die gepflügten Felder und die Wälder. Abgesehen vom Rascheln der kahlen Zweige, war kein Geräusch zu hören, nicht einmal ein Vogel oder ein anderes Tier durchbrach die Stille. Es war ein düsterer und einsamer Ort.
    Ich drehte mich um und ging zurück zum Haus.
    Die Tür war nur angelehnt und ließ sich nicht mehr richtig schließen. Als ich sie aufschob, sah ich Sophie auf dem Boden im Flur sitzen. Sie hatte die Arme um ihre Knie geschlungen, hielt den Kopf gesenkt und schluchzte leise.
    Ohne etwas zu sagen, hockte ich mich neben sie. Sie vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter. «O Gott. Ich habe solche Angst. Ich habe solche Angst   …»
    «Schon gut, alles in Ordnung», beruhigte ich sie.
    Ich hoffte, dass ich recht hatte.
     
    Mit Sophies Werkzeug baute ich einen alten Eisenriegel von der Vorratskammer ab und schraubte ihn an die Haustür. Es sah nicht schön aus, aber der Riegel war groß und stabil und würde genügen, bis ein Tischler kommen konnte.
    Ich bestand

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