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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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…»
    Sie verstummte und starrte wieder auf ihre Hände. Draußen schrie eine Eule. «Deswegen hast du was?», fragte ich.
    «Deswegen   … deswegen habe ich ihm geschrieben.»
    «Du hast Monk geschrieben?»
    Sie hob trotzig das Kinn. «Seitdem ich hierhergezogen bin. Ich schreibe ihm einmal im Jahr, immer zum Jahrestag des Mordes an Angela Carson. Wann er seine anderen Opfer getötet hat, kann man nicht genau sagen, deshalb dachte ich   … Egal, ich schreibe ihm einmal im Jahr und fordereihn auf, zu sagen, wo die Gräber sind. Und ich biete ihm meine Hilfe an.»
    Ich starrte sie entgeistert an. «Sophie, um Himmels willen!»
    «Er hat nie geantwortet, aber wenn er Hilfe braucht, um sich zu erinnern, wird er sich ja wohl eher an eine Person wenden, die nichts mit der Polizei zu tun hat. Was kann es schon schaden?»
    Gott.
Ich rieb mir die Augen. «Hast du deine Adresse auf die Briefe geschrieben?»
    «Äh, ich   …» Sie knetete ihre Finger und nickte schuldbewusst. «Wie hätte er mir denn sonst zurückschreiben können?»
    «Weiß die Polizei davon?»
    «Die Polizei? Nein, ich fand das nicht so wichtig   …»
    «Nicht so wichtig? Sophie, einen Tag nachdem ein Vergewaltiger und Mörder geflohen ist, wirst du überfallen, und du hältst nicht für erwähnenswert, dass du ihm geschrieben hast?»
    «Es war mir peinlich, okay?», brauste sie auf. «Ja, ja, ich weiß, wie bescheuert ich jetzt dastehe, aber ich habe wenigstens versucht, etwas zu unternehmen! Jedes Mal, wenn ich das Moor sehe, denke ich, dass dort irgendwo zwei tote Mädchen – zwei Schwestern – vergraben sind. Und niemand unternimmt etwas. Was glaubst du wohl, wie sich ihre Familien dabei fühlen? Ich komme jedenfalls nicht damit klar, dass wir etwas hätten tun können und es nicht getan haben.»
    Ihre Stimme bebte vor Aufregung. Ich musste mich daran erinnern, dass sie eine Menge durchgemacht hatte. Es war bestimmt nicht leicht für sie. «Du musst es der Polizei erzählen»,sagte ich freundlich. «Ich kann Terry Connors anrufen und   …»
    «Nein!»
    «Sophie, du hast keine Wahl. Das ist dir doch klar.»
    Ich dachte, sie würde etwas entgegnen, aber der Trotz schien sie verlassen zu haben. Sie starrte ins Feuer, das im Ofen flackerte.
    «Ich werde es der Polizei sagen, aber unter einer Bedingung. Ich habe dich angerufen, um dich um einen Gefallen zu bitten. Daran hat sich nichts geändert.»
    Es war so viel passiert, dass ich das fast vergessen hatte. «Worum geht es?»
    Sie hob ihren Kopf. Der Schein der Flammen tänzelte auf ihrem Gesicht und teilte es in Licht und Schatten.
    «Ich möchte, dass du mir hilfst, die Gräber zu finden.»

Kapitel 15
    Die Siedlung stammte aus der Vorkriegszeit. Die Doppelhäuser mit den Erkerfenstern hatten einmal gehobener Standard sein sollen, doch mittlerweile sahen sie abgenutzt und heruntergekommen aus. Ein paar waren renoviert worden, hin und wieder konnte man zwischen den abgeblätterten Mauern hübsche Wintergärten und neue Fenster erkennen. Aber das waren vereinzelte Ausnahmen in einer Nachbarschaft, die schon bessere Zeiten erlebt hatte.
    «Die Nächste links», sagte Sophie.
    Nach außen hin wirkte sie ruhig, doch im Grunde war sie nervös, was sie mit allen Mitteln zu verbergen versuchte. Ich wusste immer noch nicht, wohin wir fuhren oder was wir vorhatten, und folgte nur ihren Anweisungen.
    «Warum tust du so geheimnisvoll?», hatte ich gefragt.
    «Ich tue nicht geheimnisvoll. Es ist einfach besser, wenn du wartest, bis wir da sind.»
    Ich hatte nichts entgegnet. Auch wenn ich nicht wusste, was sie im Schilde führte, war es leichter, ihr einfach zu folgen. Dass Sophie stur war, hatte ich gewusst, doch ihre Entschlossenheit, die Leichen von Lindsey und Zoe Bennett zu finden, grenzte an Besessenheit. Am Abend zuvor hatte ich versucht, sie davon zu überzeugen, dass es sinnloswar und dass wir beide nicht darauf hoffen konnten, etwas zu erreichen, nachdem eine großangelegte Suchaktion der Polizei gescheitert war. Aber ich hatte gegen eine Wand geredet.
    «Wir können es trotzdem versuchen», beharrte sie.
    «Sophie, ich wüsste nicht einmal, wo man anfangen sollte! Wir haben keine Ahnung, ob Monk Zoe und Lindsey irgendwo in der Nähe von Tina Williams vergraben hat. Und selbst wenn, die Lokalisierung von Gräbern war eher Wainwrights Fachgebiet als meins.»
    Ich hatte Sophie vom Zustand des Archäologen erzählt. Allerdings hätte sie seine Hilfe sowieso nicht gewollt. «Wain wright stand immer

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