Verwöhne mich mit Zärtlichkeit
es, ihm ins Gesicht zu sehen und erst recht in die Augen. Sie wirkte so verunsichert, dass Jefferson fürchtete, sie würde gleich weglaufen. Nicht vor der Versammlung, sondern vor ihm. Doch dann bedankte sie sich, dass er ihr den Stuhl zurechtgerückt hatte, und setzte sich. Nachdem auch er Platz genommen hatte, ergriff Simon das Wort und lobte sie alle zunächst für ihr umsichtiges Verhalten.
“Angefangen mit Ihnen, Señor Elia, weil Sie erkannt haben, dass Señora Rei abgeschirmt werden sollte, bis die Ursache für den Absturz ermittelt war. Und Sie, Señora Rei, oder darf ich Marissa sagen?”
Aller Augen richteten sich auf Marissa. Jefferson war überrascht, dass sie vollkommen gefasst wirkte. Als sie weder errötete noch zögerte, sondern nur höflich lächelnd nickte, erkannte er, wie vielschichtig Marissa Rei war. Sie war die mutige Frau, die sich für ihre Freunde einsetzte. Und sie war eine Frau, die gelernt hatte, ihre Gefühle zu verbergen, egal ob Schmerz, Trauer oder Sorge, und das mit untadeliger Grazie.
“Dann also, Marissa”, begann Simon erneut. “Sie waren vorsichtig genug, Ihre Nachricht über verschiedene vertrauenswürdige Studienfreunde an Jefferson zu schicken.”
Jefferson hörte kaum noch zu. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Marissa. Ihre Stärke hatte schon in dem jungen temperamentvollen Mädchen gesteckt, das ins Ausland geschickt wurde und sich dort ein neues Zuhause schuf. Ihr Mut hatte sich gezeigt, als sie auch mit dem widerspenstigsten Pferd umgehen und es zähmen konnte. Ebenso ihr Mitgefühl als Jägerin, weil ihr weiches Herz es nie zuließ, dass sie einem Tier etwas zuleide tat. Und sie war eine treue Tochter gewesen, die für ihre Familie ihr eigenes Leben zurückgestellt und ihre Liebe geopfert hatte, so wie sie ihrem Mann eine treue und loyale Frau gewesen war.
Diese faszinierende Frau war einmal seine beste Freundin gewesen.
Und ein einziges Mal seine Geliebte. Sie unverwandt anschauend, ohne sich darum zu kümmern, dass womöglich jemand die Gefühlsregungen in seinem Gesicht wahrnahm, schwor sich Jefferson, dass sie es wieder werden würde.
Inzwischen erklärte Simon: “Dann müssen wir jetzt also überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen. Marissa, Juan, Marta, es ist äußerst wichtig, dass Sie sich eine Weile versteckt halten. Wie lange, kann ich nicht sagen. Aber wir brauchen Zeit, um unseren Verdacht zu erhärten und Menendez in die Enge zu treiben. Bis dahin …”
Marissa nickte. “Ich verstehe, und die anderen sicher auch.”
“Belle Terre oder die Gestüte und Plantagen in der Nähe kommen nicht infrage. Sie könnten erkannt werden. Daher schlage ich vor, Sie alle bleiben hier in meinem Haus.” Mit Blick auf David Canfield, der an der Tür stand, fuhr Simon fort: “David wird Ihnen als Bodyguard zur Verfügung stehen, Marissa, zusammen mit Juan. Auf der Zufahrtsstraße ins Tal werden mehrere Wachposten … Jefferson”, unterbrach sich Simon. “Sie haben ein Problem damit? Oder warum sonst runzeln Sie die Stirn?”
“Es ist kein Problem. Ich dachte nur … Ich nahm an, Marissa würde mit mir auf die Broken-Spur-Ranch kommen. Die ist abgelegen, aber von Land umgeben, auf dem regelmäßig eine Patrouille unterwegs ist. Außerdem würde niemand in der Gegend sie kennen.”
Simon war begeistert. “Ich habe gehofft, dass Sie diesen Vorschlag machen. Und genau aus diesem Grund habe ich Billy zu unserer Besprechung gebeten. Er wird darlegen, welchen Schutz er Marissa, Juan und Marta und ihrem Sohn bieten kann. Aber die Entscheidung müssen sie letztendlich selbst treffen.”
Billy Blackhawk trat vor und zog eine unter der Decke befestigte Landkarte herunter. “Abgeschiedenheit und Anonymität bieten sowohl dieses Tal hier als auch der Canyon. Der Unterschied liegt im Radius, in dem Sie sich bewegen können, und in der Anzahl der Leute, die ein Auge auf Sie haben können. Sandy Gannon lässt in Jake Benedicts Imperium ständig Patrouillen über Land reiten, um die Herden zu kontrollieren. Weitere Wachposten hier, hier und hier …”, er zeigte auf strategisch günstige Stellen auf der Karte, “… sollten keinen Verdacht erregen. Zudem hat Jake hier kürzlich eine weitere kleine Ranch erworben.”
Wieder tippte Billy auf die Landkarte, dort, wo diese Ranch lag, und zog dann mit dem Finger eine Linie zur Broken-Spur-Ranch. “Man braucht etwa eine Stunde, wenn man in normalem Tempo reitet. Sandy sucht einen Pächter, der sich mit Rindern und
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