Verwöhne mich mit Zärtlichkeit
vorstellen oder ein schöneres Fleckchen Erde”, sagte sie spontan.
“War es sehr anstrengend? Habe ich zu viel von dir verlangt, Sweetheart?”
Sweetheart. So nannte er sie jetzt regelmäßig. Trotzdem hatte sie sich noch nicht wieder an den Kosenamen gewöhnt. Jedes Mal wurde sie von einem wohligen Schauer erfasst, und auch wenn sie sich nichts anmerken ließ, brachte er sie mit diesem einzigen Wort immer wieder dazu, ihre Selbstkontrolle fast aufzugeben.
“Anstrengend, aber schön.” Sie strich sich eine schweißnasse Locke aus dem Gesicht. “Du hast nicht zu viel von mir verlangt, Jefferson. Das hast du noch nie getan. Ich bin froh, mich nützlich machen zu können. Als Paulo und meine Eltern noch lebten, saß ich oft stundenlang im Sattel.”
“Aber als Frau eines reichen Mannes doch nur zum Vergnügen, wohl kaum, um so zu schuften wie heute.”
Marissa tätschelte Lady, die zu ihr gekommen war, den Hals. “Manchmal, wenn ich wieder einmal auf der Estanzia war, bin ich auch richtig und weit ausgeritten.”
“Mit Juan, nicht wahr?”
“Ja, mit Juan konnte ich ich selbst sein. Rissa, wie er mich seit meinem fünften Geburtstag nennt.” Auf einmal wirkte sie bedrückt. “Damals war gerade die Krankheit meiner Mutter diagnostiziert worden. Mein Vater widmete sich ganz ihr und seinen Geschäftsproblemen. Ich war im Weg. Ein temperamentvolles Kind, das zu viel für eine kränkliche Mutter war und einen sehr beschäftigten Vater. Daher beschloss mein Vater, meine Energie zu kanalisieren und mein Interesse für Pferde zu wecken. Juan war schon damals der beste Reiter auf der Estanzia. An meinem fünften Geburtstag wurde ich dann in seine Obhut übergeben.”
“Keine schlechte Entscheidung.” Jefferson hatte die Alexandres zwar nie getroffen, ihnen aber nie verziehen, dass sie ihre Tochter sozusagen verkauft hatten, um ihren Lebensstandard zu halten. Doch in ihrem Egoismus hatten sie ihr in Gestalt von Juan ein lebenslanges Geschenk gemacht.
“Aber selbst mit Juans Hilfe war ich nicht die perfekte Tochter. Eigenwillig, wie ich war, war ich weiterhin eine Last für meine Eltern. Für Juan dagegen nie. Er kannte mich sehr gut und verstand mich besser als alle anderen.”
Marissa schaute Jefferson an und sah erneut den Mann vor sich, der genau so war, wie sie sich ihren Traummann immer vorgestellt hatte. Er war der Traummann, der ihr vorenthalten worden war. Traurig flüsterte sie: “Besser als alle anderen, außer dir.”
Jefferson verharrte reglos und schwieg. Obwohl er dazu seine ganze Willenskraft aufbieten musste, zog er Marissa nicht in die Arme, um sie zu trösten. Denn so schmerzlich ihre Enthüllungen für sie auch sein mochten und so schmerzlich für ihn, sie zu hören, sie mussten ausgesprochen werden.
Wenn sie sich ihre Schuldgefühle und ihren Schmerz erst einmal von der Seele geredet hatte, würde die Heilung einsetzen. Still wartete er ab.
Lady stupste Marissa erneut an. Während sie der Stute über die Nüstern strich, erzählte sie weiter. “Als ich nach Argentinien zurückkehrte, um Paulo zu heiraten, begriff niemand außer Juan, dass ich mich unbedingt beschäftigen musste. Um auf diese Weise meine Trauer zu verarbeiten, die nicht nachlassen wollte.”
“Hast du um uns getrauert?” Jefferson hatte die Hände zu Fäusten geballt, um nicht in Versuchung zu kommen, Marissa zu streicheln. Sie war eine starke Frau, ihre Probleme bewältigte sie allein. Probleme, die sie vor der Welt und ihm verborgen hatte. An ihrem letzten Tag in den Sümpfen hatte es den ersten Riss in der Mauer gegeben, mit dem sie sich umgab. Heute gab es den zweiten.
Auch wenn es ihm unendlich schwerfiel, hielt Jefferson sich zurück. Marissa brauchte Zeit, um sich nicht überrumpelt zu fühlen. Als Lady zu Black Jack hinübertrottete, lehnte sie sich gegen den Zaum der Koppel.
Es herrschte Stille ringsum. Nur der Bach plätscherte auf seinem Weg durch den Canyon leise vor sich hin. Ohne Wasser wäre der Canyon schroff und abweisend. Doch das Leben, das es ermöglichte, machte die Schlucht zu einem freundlicheren Ort. Genau wie ihre Liebe zu Jefferson sie zu einer stärkeren Frau machte.
Der Gedanke überraschte Marissa. So hatte sie ihr Leben noch nie betrachtet. Sie hatte immer nur ihre Schwächen gesehen und sich für die Gefühle verdammt, die sie nicht unter Kontrolle bekommen konnte.
“Ich habe um uns beide getrauert. Um das, was wir zu spät entdeckt hatten und nie haben konnten. Dann kamen die
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