Verwuenscht und zugenaeht
wohl drauf ankommen lassen. »So parlare bene lâitaliano. Non ho bisogno dei sottotitoli per capire il film.«
Sein Gesichtsausdruck verändert sich. Obwohl er offenbar kein Wort verstanden hat, versucht er zu beurteilen, ob ich tatsächlich Italienisch gesprochen oder mir nur alles zusammengelogen habe. Ich bin mir selbst nicht mal ganz sicher und warte gespannt auf seine Reaktion.
Er zuckt die Schultern. »Na schön, dann machen Sie mal weiter.«
»Grazie« , sage ich. Meine Klassenkameraden sehen sich ungläubig nach mir um. Ich lächle nur, lege den Kopf auf den Tisch und schlieÃe die Augen.
Ben wird mich heute nicht küssen.
Ich habe mich vorhin in Mathe völlig umsonst zum Affen gemacht.
E ndlich habe ich den Schultag hinter mich gebracht, aber Nicole habe ich nicht gesehen. Ben ist mir noch einmal auf dem Gang begegnet und hat mir einen seltsamen Blick zugeworfen. Ich will nur noch nach Hause, mir die Bettdecke über den Kopf ziehen und so tun, als würde auÃerhalb meines Zimmers nichts existieren â selbst wenn ich dafür Ann aussperren muss.
Ich laufe über den Sportplatz hinter der Schule, als ich Ann bereits entdecke. Sie schlendert den Gehweg entlang und führt das Pony hinter sich her. Sie muss ein Seil im Schuppen gefunden haben, denn das Pony hat eine Art improvisiertes Halfter um den Kopf. Ab und zu bleibt Ann stehen und lässt das kleine Tier grasen.
»Mannaggia« , murmle ich vor mich hin. Na groÃartig, jetzt denke ich auch schon auf Italienisch.
Ich renne die letzten Meter über den Sportplatz und fange sie ab, bevor sie das Schulgelände betreten kann. Ein paar Schüler stehen in der Nähe auf dem Parkplatz und gaffen uns an.
Na toll! Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Ann gestern in der Schule aufgetaucht ist, jetzt musste sie auch noch das Pony anschleppen. Die ruiniert noch mein ganzes Leben!
»Ich habe dir doch gesagt, dass du auf jeden Fall im Schuppen bleiben sollst!«
»Mir war langweilig. Und das Pony hatte Hunger. Ich wollte den Schulhof gar nicht betreten, nur umrunden, ehrlich.«
Ich blicke unauffällig über die Schulter. Die anderen zeigen auf uns.
»Also gut, ich kümmere mich darum, dass es heute Abend etwas zu Fressen bekommt. Aber jetzt musst du es erst mal zurückbringen und wieder in den Schuppen sperren.«
Ann schiebt die Unterlippe vor. »Warum bekomme ich eigentlich alles ab? Es ist schlieÃlich nicht meine Schuld, dass du zum Geburtstag eine magische Torte bekommen hast.«
»Sei nicht albern. Es war doch nicht â¦Â« Die Worte bleiben mir im Hals stecken. Ich starre auf Ann, ohne sie wirklich anzusehen. Ihr krauses Haar sieht aus wie ein feuerroter Wattebausch.
Was, wenn es wirklich die Torte war?
An jedem meiner Geburtstage habe ich mir etwas gewünscht. Aber kein Wunsch ist je in Erfüllung gegangen.
Bis jetzt.
Das Wünschen selbst ist immer gleich abgelaufen. Ich habe dabei die Augen geschlossen und die Kerzen ausgepustet. Nur in diesem Jahr ist ein entscheidendes Detail dazugekommen: ein riesiger rosa Berg aus Zucker.
Ich hätte wissen müssen, dass diese blöde Torte mit den vier Etagen, den Blüten aus Zuckerguss und den Kerzen kein gutes Omen sein konnte â¦
»Ann, du bist ein Genie«, sage ich, als ich endlich wieder klar sehen kann.
»Wirklich?«
»Ja, komm mit. Ich habe eine Idee.«
Wir laufen los und das Pony trabt hinter uns her. Es wippt fröhlich mit dem Kopf und sein blau gestreifter Schwanz schleift über den Boden.
Ab und zu drückt es seine Nase gegen meine Jackentasche, als hätte ich eine Leckerei darin versteckt. Ich muss zugeben, dass das irgendwie niedlich ist.
»Hör auf«, sage ich lächelnd. Ich drücke den Kopf des Ponys weg und es zwickt mich in den Finger.
»Autsch!« Ich ziehe die Hand weg. Das verdammte Vieh hat mich tatsächlich gebissen.
»Wohin gehen wir?«, fragt Ann.
»Wir bringen erst das Pony nach Hause und fahren dann zu einer Bäckerei ganz in der Nähe.«
»Eine Bäckerei?«
»Ja! Ich glaube, ich weiÃ, wo Mum die Geburtstagstorte gekauft hat. Ich werde dort dieselbe Torte noch einmal bestellen und mir etwas anderes wünschen. Vielleicht kann ich meinen Geburtstagswunsch damit rückgängig machen.«
Raggedy Ann reiÃt mich am Arm herum. Ich bleibe stehen und das Pony rennt in mich hinein. »Willst
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