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Verwuenscht und zugenaeht

Verwuenscht und zugenaeht

Titel: Verwuenscht und zugenaeht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Hubbard
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lautstark, aber sie blieben immer sitzen. Sie behielten sogar die Augenbinden an und aßen, bis sie sich kaum noch vom Fleck rühren konnten und wir sie fast ins Wohnzimmer rollen mussten.
    Mum und ich verrieten ihnen nie, was wir ihnen servierten. Sie mussten nur auf ein Stichwort hin den Mund aufmachen und einen Löffel unserer Kreationen kosten. Wenn sie die Gesichter verzogen, lachten wir und nannten ihnen die Zutaten.
    Wir waren eine richtig glückliche Familie.
    Doch dann hat Dad uns verlassen. Mein Bruder zog sich immer mehr zurück und meine Mum stürzte sich in den Aufbau ihrer Firma und begann, uns Geld für Bestellungen beim Chinesen oder Italiener dazulassen. Von unseren Kochtagen ist nur eine ferne Erinnerung geblieben.
    Ich reiche Ann eine Gabel und die Packung mit der gelben Backmischung. Sie schüttet die Mischung in die Schüssel und verrührt die Klümpchen mit der Gabel. Als sie eine Gabelspitze voll probiert, bleibt das Mehl an ihren Lippen kleben.
    Â»Nicht!«
    Â»Oh, tut mir leid.« Sie steckt die abgeleckte Gabel zurück in die Schüssel.
    Â»Igitt!« Ich nehme die Gabel wieder heraus und werfe sie ins Spülbecken. »Ich will mir doch nicht irgendeine Raggedy-Ann-Krankheit holen.«
    Verwirrt sieht sie mich an. Sie versteht meine Witze einfach nicht.
    Ich schlage die Eier auf, denn ich bin nicht so blöd zu glauben, Ann würde das hinbekommen. Dann geben wir etwas Pflanzenöl dazu und beginnen zu rühren.
    Ann hält die Schüssel im linken Arm und den Löffel in der rechten Hand. Sie rührt in kreisenden Bewegungen und singt den Song von Katy Perry mit. Etwas Teig spritzt aus der Schüssel, Ann verliert das Gleichgewicht und stößt gegen den Küchentresen. Dabei schleudert sie einen großen Klumpen Teig in meine Richtung.
    Er klatscht gegen meine Schürze und ich erstarre.
    Â»Ganz im Ernst, Ann, schalt mal einen Gang runter!«
    So viel übersprudelnde Energie ist doch nicht normal.
    Ich stelle meine Schüssel ab und beuge mich vor, um nach den eingefetteten Backformen zu greifen, die ich bereitgestellt habe. Da schlägt sich Ann die Hand vor den Mund und beginnt zu kichern.
    Â»Was ist?« Ich halte mitten in der Bewegung inne.
    Sie deutet nach unten.
    Oh mein Gott, mein Busen hängt im Kuchenteig.
    Ich richte mich langsam auf und der Teig platscht zurück in die Schüssel, der Rest läuft an meiner Schürze hinunter.
    Ich seufze und reibe mir die Augen. Dann schiebe ich die Schüssel zur Seite und greife noch einmal nach den Backformen. Wir füllen sie mit Teig und stellen sie in den Ofen.
    Â»Und was jetzt?«, fragt Ann, bückt sich und schaut in den Ofen. Nach einem kurzen Moment öffnet sie die Klappe und begutachtet den Teig.
    Â»Das geht nicht so schnell.«
    Â»Oh.«
    Ann richtet sich wieder auf.
    Beinahe hätte ich ihr vorgeschlagen, dass wir einen Versuch starten könnten, ihr krauses Haar zu bändigen. Doch dann fällt mir ein, dass sie ja in höchstens einer Stunde verschwunden sein wird. Sowie ich den Wunsch ausgesprochen habe, wird sie Geschichte sein und ich kann zu meinem gewohnten Leben zurückkehren.
    Wehe, das klappt nicht!
    Als der Küchenwecker klingelt, hat Ann alle Videos, die in der Zwischenzeit auf MTV liefen, nachgetanzt – sogar als Shakira kam. Eigentlich hätte ich das lustig finden sollen, weil in dem Song die Zeile vorkommt: There’s a she-wolf in the closet und sie ja tatsächlich aus meinem Wandschrank kam. Stattdessen bin ich einfach nur neidisch, weil sie diese übernatürlichen Bauchtanzbewegungen so mühelos hinbekommt. Wahrscheinlich könnte Ann eine Weltklassemalerin oder Sängerin oder sonst was werden, wenn sie nur den richtigen Lehrer hätte. Wie gern hätte ich dieses Talent – sich einfach etwas aussuchen und gut darin sein.
    Ann tritt zurück, als ich die Backformen aus dem Ofen hole und auf ein Kuchengitter stelle. Während der Teig abkühlt, rühren wir die Glasur an. Ich lege einen großen Backpapierbogen aus und beginne, die vier unterschiedlich großen runden Teigstücke aufeinanderzustapeln. Damit sie nicht wieder verrutschen, verbinde ich sie mit Zahnstochern und halte immer wieder den Atem an, als würde ich Jenga spielen. Doch die Schichten bleiben aufeinander liegen.
    Ann schaut mir die ganze Zeit zu. Sie weicht mir nicht von der Seite und steht so nah hinter mir, dass

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