Verwuenscht und zugenaeht
meine Aufmerksamkeit wieder auf die Puppen.
»Ãh, Ken, das ist Ann, meine ⦠Freundin.«
Ann strahlt wie tausend Glühlampen, als sie das hört.
In meinem Inneren keimen Schuldgefühle auf, die ich schnell unterdrücke.
»Und ⦠was gibtâs?«, frage ich und versuche mich aus Kens Umarmung zu befreien. Ich will dabei möglichst lässig erscheinen, aber das ist gar nicht so einfach. Ken ist ein echter Muskelberg und seine Arme gleiten nicht so einfach von meiner Taille, wie ich gehofft hatte. Ich muss regelrecht darum ringen, dass er mich loslässt, und trete dabei fast auf Anns FuÃ.
Oh Gott, bitte lass ihn schnell wieder verschwinden.
»Ich habe überall gesucht, aber ich konnte sie nicht finden, Liebling.«
»Wen?«
»Na das Löwenbaby, den Panda und das Zebra.«
Er wirft mir wieder einen dieser Was-denn-sonst-Blicke zu.
Oh, stimmt ja. »Wie schrecklich!«, erwidere ich. Ann nickt eifrig, obwohl sie keine Ahnung hat, wovon wir reden.
»Möglicherweise hat jemand die Tiere eingefangen und zu sich genommen«, sagt Ken mit gerunzelter Stirn und einem mitfühlenden Blick. »Ich bin mir sicher, dass sie in guten Händen sind.«
Na klar, wer wollte nicht schon immer ein Zebra, einen Panda und ein Löwenbaby zu Hause haben.
»Das ist aber ziemlich enttäuschend, findest du nicht?« Hmm. Ob Barbie wirklich so reden würde? Ich habe das Gefühl, ich müsste besonders förmlich und ernsthaft klingen, wenn ich schon so tun will, als sei ich sie. SchlieÃlich ist sie Präsidentin und Kinderärztin und garantiert auch Homecoming-Queen. Dieses Mädchen tanzt doch auf sämtlichen Hochzeiten.
Ken nickt.
»Also, danke, dass du mir Bescheid gesagt hast.« Ich greife nach dem Türknauf und ziehe die Tür weit auf â ein überdeutliches Signal.
Doch Ken bewegt sich nicht von der Stelle. Er steht einfach nur da und starrt mich an. Sein Rücken ist Ann zugewandt und ich erwische sie dabei, wie ihr Blick nach unten wandert und sie seinen Hintern beäugt.
»Ann!«, flüstere ich. Ihre Augen schnellen hoch und weiten sich. Dann wird sie auch noch rot.
Oh mein Gott, sie hat sich in Ken verknallt! Wenn es einen Weg gäbe, die beiden zusammenzubringen, könnten sie auf dem Rücken des rosa Ponys dem Sonnenuntergang entgegenreiten â und ich wäre aus dem Schneider.
»Ich dachte, wir gehen heute aus«, sagt er. Sein Blick huscht immer wieder zur offenen Tür. Er scheint zu ahnen, dass ich ihn loswerden will.
»Oh, na ja, weiÃt du â¦Â« Ich zermartere mir das Hirn, wie ich mich am besten aus der Affäre ziehen kann. »Ich hatte gehofft, du ⦠würdest das Dach des Strandhauses reparieren«, sage ich schlieÃlich.
Er hebt eine Augenbraue. »Ich war erst letztes Wochenende dort. Das Dach ist in Ordnung.«
Ich schlucke. Ken lässt sich doch nicht so einfach hinters Licht führen, wie ich dachte.
»Ach weiÃt du, ich bin einfach total damit beschäftigt, äh, für die Krankenschwesterprüfung zu lernen.«
»Ich dachte, du wolltest jetzt Tierärztin werden?«
»Oh, das meinte ich doch. Ich komme nur manchmal ein wenig durcheinander. Ich habe so viele Berufe und so wenig Zeit.« Ich winke ab und versuche ihn mit ganzem Körpereinsatz davon zu überzeugen, endlich zu gehen.
»Ich komme mit!«, ruft Ann plötzlich und springt vor. »Ich muss mal hier raus.« Sie macht eine überschwängliche Geste und stöÃt mit der Hand gegen die Tür. »Au!« Sie schüttelt die Hand und hüpft wimmernd auf und ab.
»Und du willst wirklich nicht?«, fragt Ken. »Ich habe dich in letzter Zeit nicht oft gesehen. Und ich wollte auch gleich ein paar neue Muskelshirts kaufen â¦Â«
Ann sieht mich mit ihrem Hundeblick an. »Bitte, bitte! Ich möchte so gern ausgehen!«
Und ich möchte am liebsten meinen Kopf gegen die Wand schlagen. Ken und Ann sehen mich erwartungsvoll an.
Da höre ich, wie mein Bruder seine Zimmertür öffnet. Hastig schiebe ich die zwei vor mir aus der Tür. Ann stöÃt gegen Ken.
»Also gut! Wir fahren zusammen ins Einkaufscenter. Eine Stunde . Aber danach muss Ann mir beim Lernen helfen.«
»Jippie!«, ruft sie und macht einen Luftsprung.
Ken schenkt mir ein strahlendes Lächeln und legt einen Arm um meine Schulter.
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