Verwuenscht und zugenaeht
Wagen ankommen, bin ich fuchsteufelswild.
Eigentlich sollte ich froh sein. Jetzt weià ich wenigstens, dass Ann und Ken und das Pony mich nicht mein ganzes Leben lang behelligen. Doch ich kann nur an den bevorstehenden Kuss von Ben denken â und dass ich meine beste Freundin betrügen werde.
Und diese Alte ist schuld daran! Irgendetwas mischt sie in ihre Torten ⦠Ich kann es nicht glauben! Das ist eine absolute Katastrophe! Ich kann nichts rückgängig machen. Es ist erst vorbei, wenn sich der letzte Wunsch erfüllt hat.
Wenn Ben mich geküsst hat.
Ich hasse mein Leben.
A ls ich von der Bäckerei nach Hause komme, bin ich so frustriert, dass ich am liebsten schreien und mir die Haare raufen würde.
Ich sage Ann, dass sie zuerst nach dem Pony sehen und dann reingehen soll. Sie schmollt, aber das ist mir so was von egal. Ohne mich weiter darum zu kümmern, stürme ich die Treppe hoch und stolpere über die letzte Stufe. Ich lande hart auf den Knien, rapple mich jedoch gleich wieder auf. Wütend reiÃe ich die Tür zu meinem Zimmer auf und gehe direkt zum Wandschrank. Ich will alle Ãberbleibsel aus meiner Kindheit, jedes verfluchte Teil, hervorkramen und kaputt machen, bevor noch irgendetwas lebendig werden kann.
Auf Zehenspitzen recke ich mich nach den Schachteln, die seit Jahren eine Ecke meines Schrankes verstopfen. Ich ziehe so kräftig an der vordersten, dass sie herunterfällt, der Deckel abfliegt und sich der gesamte Inhalt über den Boden verteilt. Mehrere Spielzeugponys purzeln heraus, ihre pinken, blauen und weiÃen Mähnen sind verheddert. Ich trete sie zur Seite und zerre an der nächsten Schachtel, die ebenfalls vom Regal fällt. Kinderbücher. Die kleine Raupe Nimmersatt. Die kleine Ballerina. Cinderella. Diese ganzen blöden Bücher wollen Kindern weismachen, dass sie alles erreichen und ein glückliches Leben führen können. Kein Buch trägt den Titel Wenn deine beste Freundin dich im Stich lässt oder Anleitung für Verlierer oder Du bist deinem Vater egal.
Ich reiÃe eine weitere Schachtel aus dem Schrank und ein paar Barbiepuppen fliegen heraus â ein Haufen wohlgeformter Hüften, langer Beine und üppiger blonder Haare, die so gar nicht wie meine aussehen.
Ich fühle mich immer noch nicht besser. Eher bin ich noch verwirrter und aufgebrachter als vorher. In meiner Zerstörungswut zerre ich ein paar rosa Pullis und Kleider von den Bügeln. In diesem Teil des Schrankes hängen nur Klamotten, die Mum mir gekauft hat und die ich niemals anziehen werde. Die Bügel baumeln klackernd an der Kleiderstange und landen teilweise auf dem Boden.
Als der Sturm in meinem Inneren langsam abflaut, ist mein Schrank völlig verwüstet. Ein riesiger Berg aus Klamotten und altem Krempel hat sich vor mir aufgetürmt. Ich lasse mich auf den Boden sinken und starre auf den Haufen, während mein Herzschlag zur Ruhe kommt, die Wut sich legt und an ihre Stelle eine traurige, bittere Niedergeschlagenheit tritt.
Es wird passieren. Ich werde Ben küssen und nie wieder mit Nicole befreundet sein.
Ich hebe eine Barbie auf und schleudere sie von mir, lasse meinen Blick über die ganzen Sachen wandern, die ich seit Jahren achtlos in meinem Schrank aufbewahre. Es kommt mir vor, als würde das alles jemand anderem gehören. Aber es ist alles meins. Ich bin nur nicht mehr dieselbe Person.
Und vielleicht ist das der Grund, warum ich mit der ganzen Situation nicht klarkomme. Zum ersten Mal wird mir bewusst, dass ich das alles selbst heraufbeschworen habe.
Ich habe mir freiwillig nur eine Freundin ausgesucht und alle anderen abgeblockt.
Ich habe mich freiwillig zur AuÃenseiterin gemacht, indem ich mich wie ein Freak angezogen und über die anderen lustig gemacht habe.
Ich habe freiwillig mit dem Ballettunterricht aufgehört.
Ich habe den ganzen Kram freiwillig in Schachteln gestopft und so getan, als hätte es nie eine andere Kayla gegeben.
Ich bin selbst schuld!
Ich blicke auf meine Converse und dann zurück auf den Stapel. Es ist, als hätte ich eine Zeitreise gemacht. Als hätte ich ein Abbild meines früheren Ichs vor mir. Ich blinzle ein paar Mal und sehe mir die Sachen genauer an.
Plötzlich habe ich eine Idee. Ich springe auf, hole meine FünfunddreiÃig-Millimeter-Kamera vom Schreibtisch und schieÃe eine ganze Bilderserie: Klamotten, die mir Mum gekauft hat, meine alten
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