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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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dieser Titel bedeutete, dass er jetzt ein militärischer Beamter war, dessen Dienststellung in etwa der eines Fähnrichs entsprach. Außer freiem Logis und freier Kost «an des Herrn Obersten eigenem Tisch» sollte er einen Lohn von zehn Reichstalern monatlich bekommen. (Die Bezahlung war niedrig, aber nicht eigentlich schlecht, jedenfalls nicht, wenn man sie mit dem Lohn vergleicht, den arbeitende Menschen in der Regel bekamen; so verdiente beispielsweise ein Arbeiter zu dieser Zeit rund 110 Reichstaler im Jahr, die Naturalleistungen inbegriffen.) «Wurde aus einem Schreiber ein Soldat», schrieb Erik Anfang Juni ein wenig melancholisch in sein Tagebuch, «wozu der höchste Gott Glück und Segen geben möge».

4 . Elf Tonnen Pulver in Demmin
    Die schwedische Fortifikation – Eriks Aufgaben – Über Zeit und das Einhalten von Zeiten – Über Licht und Beleuchtung – Wie man eine Festungsanlage zeichnet – Vermessen einer Festung – Christina bricht ihr Heiratsversprechen – ‹Ich muss die ganze Welt durchlaufen als ein Verlorener› – Karl Gustav wird zum Generalissimus gemacht – Der große Sukkurs – Erik sprengt
    Die moderne schwedische Staatsmaschinerie wurde in der ersten Hälfte des 17 . Jahrhunderts aufgebaut, oft Schraube für Schraube, Zahnrad für Zahnrad. Die Fortifikation war eine von zahlreichen staatlichen Funktionen, die sich von einer Einmanntätigkeit, die von Einzelnen mit den Papieren in der Tasche und der Kompetenz im Hut erledigt wurde, zu dem gut geölten Apparat entwickelt hatte, den der neue Großkrieg verlangte. Noch hatte man keine größere Organisation aufgebaut. Dem Chef, dem Generalquartiermeister, am nächsten standen drei Ingenieure, und unter diesen acht Kondukteure, die dem untersten Offiziersrang angehörten; außerdem gab es zwei Schreiber, einen Kopisten sowie den einen und anderen Werkmeister. Das war alles. In mehreren befestigten Orten des Reiches gab es jedoch kleine Stäbe von speziell angestellten Männern, denen der Unterhalt der lokalen Befestigungen oblag; es waren Ingenieure, Kondukteure, Wallmeister, Wallbauer und Schreiber. Mardefelt hatte in seiner Funktion als Inspekteur der deutschen Festungen eine eigene kleine Gruppe zur Verfügung, die unter anderem drei Kondukteure umfasste: Joachim Tunder, Erik Jönsson und Luther Wilhelm Theophili – Letzterer war Mardefelts Schwager und wurde außerdem bald gut Freund mit Erik.
    Erik war als Mardefelts persönlicher Adjutant tätig. Die Hauptaufgabe der Ingenieure und der ihnen untergebenen Kondukteure bestand in der Leitung verschiedener größerer und kleinerer Befestigungsarbeiten. In einer Fortifikationsverordnung, die einige Jahre später herauskam, hieß es unter anderem, dass sie «ernst und sorgfältig die Arbeiten, die Leute und ihren Lohn beaufsichtigen [sollten], sowie die Geldmittel, Materialien und anderes mehr, daß damit richtig und getreulich umgegangen wird». Sie sollten auch kontrollieren, dass die Leute ihre Arbeitszeiten einhielten.
    In diesem Jahrhundert bekam die Zeit eine immer größere Bedeutung für das Leben der Menschen, und auf dem Gebiet der Zeitmessung wurden große Fortschritte gemacht. Um die Mitte des Jahrhunderts erfand der 27 -jährige Holländer Christiaan Huygens, der eine exaktere Uhr für seine astronomischen Beobachtungen benötigte – zu seinen Entdeckungen gehört unter anderem der Mond des Saturn, Titan –, die Pendeluhr. Diese neue Uhr war ein großer Fortschritt. Zum ersten Mal konnten die Menschen die Zeit mit wirklicher Zuverlässigkeit messen. Die Bedeutung dieser Innovation sollte allerdings nicht übertrieben werden. Zum Zeitpunkt von Eriks Eintritt in die Fortifikation waren die meisten Uhren von wesentlich einfacherer Machart. Es gab Taschenuhren, meist große, unhandliche Dinger in der Form von Eiern oder Kugeln, doch es kamen auch kunstvollere Varianten vor, sogenannte Figurenuhren, die wie Tiere oder Blumen geformt waren. Die Uhren, die man im Haus hatte, waren häufig von einem liegenden, reich verzierten Typ, der «Polnische Uhr» genannt wurde. Diese verschiedenen Uhren waren alles andere als genau und konnten leicht eine Stunde vor-oder nachgehen – sie hatten im Allgemeinen nur einen Stundenzeiger; außerdem unterschieden sich die Methoden, sie zu stellen, sodass jeder Ort in der Regel seine eigene ganz lokale Zeit hatte.
    Während des 17 . Jahrhunderts geschah jedoch auf diesem Gebiet etwas Wichtiges. Schon viel früher waren Uhrzeiten, Stunden

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