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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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sie die Haltung des Rats zu ihrer eigenen gemacht hatten; so wurde beispielsweise gesagt, dass es besser sei, «unsere Pferde an den Zäunen des Feindes anzubinden als an unseren eigenen». Der König selbst, in Begleitung seiner vierjährigen Tochter Christina, war anwesend und hielt eine lange Rede im Sitzungssaal des Schlosses. Es war sein Abschied von den Ständen des Reichs. Er führte Gott zum Zeugen an dafür, dass die Unternehmung nicht «aus eigenem Antrieb» oder «aus Lust am Krieg» erfolgte, und beteuerte, dass sie nur eine Folge der Aktionen des Kaisers sei. Außerdem hätten verschiedene ausländische Potentaten zu diesem Schritt aufgerufen, der darauf abzielte, den deutschen Protestanten zu Hilfe zu kommen, auf dass sie «von dem papistischen Joch befreit werden möchten». Geschickt spielte er auf die große persönliche Gefahr an, die dieser Schritt für ihn bedeutete – «der Krug geht so lange zu Wasser, bis er am Ende zerbricht» –, und mahnte die Untertanen zur Einigkeit. Jeder der vier Stände wurde gesondert gegrüßt. Zum Adel sagte er:
    Ihr habt erkennen lassen, daß auch ihr Nachkommen des Geschlechts der einstigen Göten seid, die fast die ganze Welt unter sich gebracht und viele Königreiche unterworfen und viele hundert Jahre regiert haben; und wollt [euch] nun wiederum für das Vaterland im Krieg brauchen lassen, damit einen unsterblichen Namen erwerbend, [auf daß ihr] von Königen und Regenten respektieret, ja auch mit Besitz und Gütern benefizieret werdet.
    Der Krieg konnte beginnen.
    Die Aufrüstung war bereits seit längerer Zeit im Gange. Wer im Frühjahr 1630 durch Schweden reiste, fand ein Land im Zustand der Mobilmachung. Es war ungewöhnlich schwierig und umständlich zu reisen: Truppen auf dem Durchmarsch hatten die Pferde der Bauern beschlagnahmt. Und obwohl überall gebraut und gebacken wurde, herrschte Mangel an Brot und Bier, denn alles ging zur Flotte und zum Heer. In allen Kirchspielen fanden Aushebungen neuer Soldaten statt; ein besonderer Kommissar, der Vogt und Länsman des Distrikts sowie einige Offiziere und ein Komitee mit Bewohnern der Gegend sammelten alle Männer des Kirchspiels auf dem Thingplatz und bestimmten, welche von ihnen diesmal ausziehen sollten. Der Hauptteil des Fußvolks der Armee waren ausgehobene Soldaten, aus dem einfachen Grund, weil sie so viel billiger waren als erfahrene und waffenkundige, aber leider so kostspielige Söldner. Geworbene Landsknechte machten jedoch auch einen wichtigen Teil des schwedischen Heers aus und waren in einer Lage wie dieser unentbehrlich: Werbekampagnen liefen deshalb in Holland und Norddeutschland, Dänemark, Schottland und England, in Polen, Kurland und im Baltikum. Alle zur Verfügung stehenden Mittel wurden aufgeboten. Artilleristen und Kanonen wurden aus Festungen und Städten im ganzen Reich zusammengezogen; sogar von den eigenen Waldhütern und Schützen des Königs erhielten 48 Männer Befehl, sich der Armee anzuschließen. Und sie kamen aus allen Himmelsrichtungen, Ausgehobene wie Geworbene, auf gewundenen Pfaden und kurvigen Landstraßen, in langen, staubigen Kolonnen, und sammelten sich zu dem großen Aufbruch. Überall konnte man Truppen für die deutsche Kampagne sehen: in Stockholm, Södertälje und Sigtuna, in Jönköping, Eksjö, Vimmerby, Norrköping, Vadstena, Linköping, Söderköping, Skänninge, Nyköping, Örebro, Västerås, Uppsala, Enköping und Norrtälje, ja sogar oben in Gävle und Hudiksvall. Die Zahl derer, die jetzt in Schweden, in Finnland, Preußen und Pommern warteten, belief sich auf etwas über 38 000 Mann.
    Es war ein gut ausgerüstetes Heer. Die heimische Kriegsindustrie zeigte sich den Anforderungen gewachsen: 8424 Musketen, 14 742 Degen und Eisenhüte wurden ausgeteilt, zusammen mit Tausenden Piken und Hellebarden, Harnischen und Pistolen. Auch 124 Kanonen, Mörser und Haubitzen aller erdenklichen Kaliber wurden auf die Schiffe geladen, Kugeln und Geschosse, fast 10 000 Schanzwerkzeuge und 105 000 Palisadenpfähle. Es haperte jedoch ein bisschen an Munition, obwohl die Pulvermühlen im Land auf Hochtouren liefen und man Blei, Lunte und Pulver in Holland und England gekauft hatte. Wagen und Pferde, gekaufte, gemietete oder einfach beschlagnahmte, sammelten sich in den Ausschiffungshäfen zusammen mit großen Vorräten an Heu und Proviant. Trotz des emsigen Brauens und Backens in der Bevölkerung war man gezwungen, hier und da Vorräte einzukaufen: Brot, Bier und Heringe in

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