Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Artillerie losgeworden, und ein erschreckend großer Teil seiner höheren Offiziere war entweder tot oder verwundet. Wallenstein selbst hatte eine Quetschung in der linken Hüfte von einer Musketenkugel davongetragen, und zu den Verwundeten zählten auch sein Kammerherr, sein eigener Sohn, Bertold, der ein Infanterieregiment befehligt hatte, Piccolomini sowie acht Oberstleutnante. Unter den Toten waren, neben rund fünfzehn Obersten und Oberstleutnanten, auch der Fürstabt von Fulda – der sein Verlangen, einer Feldschlacht beizuwohnen, teuer bezahlte; sterbend segnete er die kaiserlichen Truppen – und Pappenheim, der sich, seiner Gewohnheit treu, mitten in das wildeste Kampfgetümmel geworfen hatte und fast auf der Stelle von schwedischem Traubenhagel getroffen worden war. Das Letzte, was man von ihm sah, war, dass er in eine Karrette gehoben wurde, die davonfuhr, während er verzweifelt nach jemandem brüllte, der den Blutstrom zum Stillstand bringen sollte. Er starb zwei Stunden später auf dem Weg nach Leipzig.
Einige von zahllosen Flüchtlingen. Die Bewohner verlassen das brennende Lützen im November 1632 .
Außerdem fürchtete Wallenstein, dass das schwedische Heer bald Verstärkungen zu erwarten habe – was sich später als Irrtum herausstellte. Zu allem Überfluss zeigten die kaiserlichen Truppen Auflösungserscheinungen. Einige ihrer erprobtesten Regimenter hatten in Panik das Schlachtfeld verlassen, der Tross war von flüchtender kroatischer Reiterei geplündert worden, und viele der Frauen, die sich beim Tross befanden, hatten die Trosspferde ausgespannt und waren auf ihnen verschwunden. Die Unruhe und Verwirrung unter den Kaiserlichen hatte sich noch gesteigert, als einige Munitionswagen, die im Rücken des Heers aufgestellt waren, kurz darauf in einem Regen von Feuer und Funken in die Luft geflogen waren. Abgesehen davon, dass die Soldaten hohe Verluste erlitten hatten und es ihnen an Proviant mangelte, waren sie völlig erschöpft; fast keiner hatte in der voraufgegangenen Nacht geschlafen. Deshalb wurde der Beschluss gefasst, den Rückzug anzutreten. In guter Ordnung und mit rund vierzig eroberten schwedischen Feldzeichen zog das Heer im Schutz der Dunkelheit ab. Entlang der Marschstrecke konnte man kaiserliche Krieger sehen, die in ihrer Ermattung das Glied verlassen hatten und in der Nässe am Wegrand eingeschlafen waren.
Die Nachricht vom Rückzug des kaiserlichen Heeres erreichte Bernhard indessen, bevor die schwedische Armee ihren Abmarsch beginnen konnte. Die Soldaten erhielten Befehl, auf dem feuchtkalten Schlachtfeld auszuharren – ohne Verpflegung und in voller Schlachtordnung biwakierten sie zwischen den Verwundeten und Toten. So kam es, dass die Schlacht bei Lützen als ein schwedischer Triumph bezeichnet wurde; die Schweden waren ganz einfach langsamer bei ihrem Rückzug als die Kaiserlichen.
Dennoch muss die Schlacht bei Lützen als eine schwedische Niederlage betrachtet werden, obwohl man das Feld behauptet und sämtliche Kanonen des Gegners erobert hatte und obwohl das schwedische Heer nicht mehr der Bedrohung ausgesetzt war, von seinen Versorgungsbasen an der Ostseeküste abgeschnitten zu werden. Noch einen schwedischen Sieg, vergleichbar dem bei Breitenfeld, hätte die kaiserliche Sache wahrscheinlich nicht überstanden. Aber es kam anders, und die berauschende Erfolgswelle, auf der die Schweden seit dem Vorjahr geschwommen waren, verebbte. Die Hoffnung auf einen baldigen und totalen protestantischen Sieg, auf die Einnahme Wiens und die Niederwerfung des Kaisers war vorüber. Nun waren die beiden Seiten wieder mehr oder weniger gleich stark. So nahm das Jahr 1632 , das für die Schweden mit so hochgespannten Erwartungen begonnen hatte, ein bitteres Ende. Der Krieg trat in eine neue Phase ein. Die Zeit der Kreuzzüge war vorüber.
3 . Wir haben Land von anderen gewonnen und unser eigenes ruiniert
Axel Oxenstierna übernimmt den Befehl – Der Heilbronner Bund – Die Donauarmee meutert – Der Krieg weitet sich aus – Kämpfe im Süden – Die Schlacht bei Nördlingen – Der Prager Friede – Schwedische Probleme – Frankreich greift ein – Das Ende des deutschen Bürgerkriegs
1633 war ein merkwürdiges Zwischenjahr in der Geschichte des Krieges. Aus der Rückschau erscheint es fast, als hätten die intensiven und weitgespannten Kriegsoperationen des Vorjahres bei den Kriegführenden eine Mattigkeit entstehen lassen: Sie gleichen zwei kraftlosen und vom Kampf
Weitere Kostenlose Bücher