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Verwüstung

Verwüstung

Titel: Verwüstung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. J. MacGregor
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woraufhin die zu rollen begann, immer schneller. Mira griff danach, war aber nicht schnell genug.
    Die Taschenlampe rollte über die Kante, ging aus, und Dunkelheit umschloss sie. Das dröhnende Toben des Sturms klang jetzt schlimmer als noch vor wenigen Augenblicken, als die Taschenlampe geleuchtet hatte. Mira dachte an die riesigen Spinnen, die reglos in ihren riesigen Netzen saßen und ganz genau wussten, dass sie kein Licht mehr hatte. Sie stellte sich vor, wie sie auf sie zukrabbelten, als wäre sie ein riesiges, exotisches Insekt, an dem sie sich den Rest ihres Lebens laben konnten – und sie bekam Panik.
    Mira warf sich nach vorn, in dieselbe Richtung, in die die Taschenlampe gerollt war, und fiel nicht einfach nur vom Rand des Holzbrettes. Sie stürzte ins Nichts.
    Tia Lopez glaubte, hinter sich etwas gehört zu haben, aber als sie sich umschaute, sah sie nur Katzen, die sich im Büroschrank zusammendrängten. Sie wandte sich wieder der Hündin zu, sie redete mit Ricki, beruhigte sie. Tia war keine Hundepsychologin, aber sie wusste jede Menge über Traumata und ging davon aus, dass Tiere genauso fühlten wie Menschen. Und diese Hündin war durch den Schuss traumatisiert, kein Zweifel. Sie vermutete, dass Ricki in der Vergangenheit schon einige schreckliche Erfahrungen mit Schusswaffen hatte machen müssen und diese vielleicht jetzt wieder durchlebte, eine Art Hundeversion des posttraumatischen Stresssyndroms.
    Sie klopfte Ricki mit der einen Hand und massierte sich mit der anderen die geschwollene Schulter, und dabei redete sie leise auf die Hündin ein, sie versuchte, sie zu beruhigen. Die drei Katzen kamen jetzt aus dem Schrank auf die Hündin zu. Sie schnupperten an ihr, rieben sich an ihr und leckten ihre Schnauze, bis sie aufschaute und sie alle drei begrüßte. Vielleicht war es diese Liebesbezeugung, die Tia so mitnahm, oder vielleicht hatte sie auch nur diesen bescheuerten Penner so satt. Vielleicht lag es auch daran, dass sie ihr ganzes Erwachsenenleben über gegen das Opfer-Täter-Syndrom angekämpft hatte – und trotz der Tatsache, dass Franklin, wenn auch unbeabsichtigt, für ihre Freiheit verantwortlich war, kostete diese Freiheit sie doch einen hohen Preis.
    Einen zu hohen.
    Der Geschmack von scharfen Chilis brannte zuerst hinten in ihrem Hals, breitete sich dann schnell auf ihrer Zunge aus, erfüllte ihre Mundhöhle. Sie wusste, was das hieß. Sie wusste es.
    Und plötzlich eilte sie durch das Büro, zur Tür hinaus, sie knallte sie zu. Der Geschmack der Chilis war so stark, dass sie ihn atmete. Und da war der Penner, er schrie das Mädchen an, er wedelte mit dem Gewehr herum, und das Mädchen weinte – das Mädchen war nur ein paar Jahre älter, als ihre eigene Tochter jetzt sein würde.
    Crystal entdeckte sie zuerst. »Hey, hast du den Hund …«
    »Jetzt reicht’s, du Penner.«
    Er drehte sich um, das Gesicht wutverzerrt, und sie konnte alles darin sehen, was sie aus den Gesichtern anderer Täter kannte, anderer Männer, die auch so ein perverses Vergnügen daran hatten, ihre körperliche Stärke Frauen gegenüber auszuspielen, ihre Macht oder was auch immer sie glaubten zu haben. »Verpiss dich, Lopez. Und zwar schnell.«
    Ihre Muskeln verspannten sich, der Schmerz verschwand. Der Chiligeschmack verbrannte das Innere ihrer Wangen, bedeckte ihre Zunge und ihre Zähne, reichte bis tief in ihren Hals. Und dann drang der Geruch in ihr Hirn, katapultierte sie in den roten Bereich, und plötzlich flog sie durch die Luft.
    Tias Füße trafen ihn in die Brust, stießen ihn nach hinten. Sie hörte, wie die Luft aus seinen Lungen schoss, ein Geräusch etwa wie der Klang von Hubschraubern, wenn sie niedrig flogen. Das Gewehr fiel zu Boden, und er knallte gegen Nadines Rollstuhl. Crystal kreischte, der Sturm kreischte, ihr Herz kreischte.
    Tia wirbelte herum, und ihr rechtes Bein streckte sich und traf Crystal in den Bauch. Die krümmte sich, keuchte, taumelte rückwärts wie eine Betrunkene. Der Penner schoss hoch, das Gesicht vampirweiß. Er zog etwas aus seiner Tasche und zielte damit auf sie – keine Pistole, was ist das? –, und sie tanzte nach rechts, was er vorhergesehen hatte. Das Ding traf sie am Oberschenkel, und sie wusste plötzlich, was das war, was er tat, und dachte: Ich bin am Arsch.
    Er hatte sie mit einer Elektroschockpistole beschossen, der Lieblingswaffe der Demo-Polizei. Wenn man abdrückte, ließ ein Treibstoff Projektile mit Nadeln herausschießen. Wenn diese

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